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# taz.de -- Richtungswechsel vor Landtagswahl: Berliner SPD macht Schluss
> Regierungschef Michael Müller schließt eine Fortsetzung der Koalition mit
> der CDU aus – weil sie am rechten Rand fische. Nun hofft er auf Rot-Grün.
Bild: Wollen nicht mehr miteinander gehen: SPD und CDU
Berlin taz | Einen Monat vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September
ist der Berliner Wahlkampf spannend geworden. Und das liegt ganz am
Amtsinhaber, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Der
ehemalige Weggefährte von Klaus Wowereit, dem lange niemand zugetraut hat,
eigene Akzente zu setzen, hat am Mittwoch überraschend Farbe bekannt. „Nur
eine Koalition jenseits der Henkel-CDU kann ein besseres Berlin gestalten“,
schrieb Müller in einem Gastbeitrag im Berliner Tagesspiegel. Auch seine
Wunschkoalition verriet der 51-Jährige: „Dabei hat eine rot-grüne
Zweierkoalition das Potenzial, den Herausforderungen des wachsenden Berlin
am besten gerecht zu werden.“
Es kommt nicht mehr oft vor, dass ein Ministerpräsident vor einer
Landtagswahl eine konkrete Wahlaussage trifft. Eher ist es üblich, sich
alle Optionen offenzuhalten und nichts auszuschließen.
Dass die Berliner SPD nun das Bündnis mit der „Henkel-CDU“ aufkündigt, hat
sich der CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel allerdings selbst zuzuschreiben.
Wie schon der mecklenburg-vorpommersche Innenminister Lorenz Caffier hatte
der Berliner Innensenator und CDU-Landesvorsitzende zuletzt die Abschaffung
der doppelten Staatsbürgerschaft und ein Burkaverbot verlangt. Die Berliner
CDU, so Müller daraufhin, „geht am rechten Rand auf Stimmenfang“. Berlin
solle aber eine „offene und tolerante Metropole“ bleiben.
Dass die Berliner SPD seit 2011 mit ebenjener CDU von Frank Henkel
koaliert, geht nicht auf Müllers Kappe. Weil es bei den Wahlen vor fünf
Jahren nur eine hauchdünne Mehrheit für Rot-Grün gegeben hätte, war der
damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf Nummer sicher
gegangen. Mit der CDU verfügte er über eine komfortable Mehrheit von elf
Sitzen. Die rot-rote Koalition, mit der Wowereit zuvor zehn Jahre regiert
hatte, hatte keine Mehrheit mehr bekommen.
## Berlin steht ein heißer Lagerwahlkampf bevor
Der gelernte Drucker Müller war Wowereit im Dezember 2014 als
Regierungschef gefolgt und fremdelte schon länger mit Henkel. Als sich
herausstellte, dass das für die Aufnahme von Flüchtlingen zuständige
Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hoffnungslos überfordert
war, stand die Große Koalition bereits im Winter vor dem Aus.
Erst die Entlassung des Lageso-Chefs hatte den unglücklich agierenden
CDU-Sozialsenator Mario Czaja davor bewahrt, selbst von Müller entlassen
zu werden. Der Bruch mit der CDU, den Müller jetzt mit Wirkung zum 18.
September vollzogen hat, kommt also nicht von ungefähr.
Berlin steht nun ein heißer Lagerwahlkampf bevor. SPD-Regierungschef Müller
selbst nennt es „Richtungsstreit“. Allerdings sind die CDU und ihr
Spitzenkandidat am Mittwoch zunächst auf Tauchstation gegangen. „Da hat
Michael Müller ja langsam alle Farbkombinationen durch“, ließ Henkel
lediglich wissen.
Linken-Landeschef Klaus Lederer meinte, eine rot-grüne Zweierkonstellation
sei unrealistisch. „Am Ende läuft aber alles darauf hinaus, dass künftig
Dreierkonstellationen wahrscheinlicher werden.“ Die Linke strebt nach der
Wahl am 18. September eine Regierungsbeteiligung in einer rot-rot-grünen
Koalition an.
## Nicht auf Schmusekurs mit der AfD
Tatsächlich ist Müllers Koalitionaussage eher Wunsch als realistisches
Szenario. [1][Die jüngste Umfrage] sieht die Sozialdemokraten in Berlin bei
21 Prozent, die Grünen bei 17, die CDU bei 20 und die Linke bei 16 Prozent.
Die AfD käme demnach auf 15 Prozent, und die FDP säße mit 5 Prozent knapp
im Abgeordnetenhaus. Damit hätten weder Rot-Grün noch Rot-Schwarz eine
Mehrheit.
Michael Müller selbst hat immer wieder deutlich gemacht, dass er ein
Zweierbündnis bevorzugt. Sollte es aber nicht reiche, stehen die Weichen in
Berlin auf eine Dreierkoalition mit Grünen und Linken.
Ein solches rot-rot-grünes Bündnis, so Müller am Wochenende in der Bild am
Sonntag, habe auch eine Signalwirkung für andere Länder. Die Botschaft war
deutlich: Nicht jeder Einzug der rechtspopulistischen AfD in ein
Landesparlament bedeutet automatisch die Bildung einer – für die
Sozialdemokraten ungeliebten – Großen Koalition.
Als Signal für den Bund will die Müller-SPD ein mögliches rot-rot-grünes
Bündnis nicht verstanden wissen. Und auch die Trennung von der Berliner CDU
hat kaum Auswirkungen für die Große Koalition mit der Bundes-CDU.
Denn anders als Frank Henkel gehen Angela Merkel und Innenminister Thomas
de Maizière gerade nicht auf Schmusekurs mit der AfD.
17 Aug 2016
## LINKS
[1] http://www.rbb-online.de/politik/wahl/berlin/agh/berlintrend-august-2016-dr…
## AUTOREN
Uwe Rada
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