# taz.de -- SPD-Wahlkampf in Berlin: Michael Müller und die zwölf Apostel | |
> Der Regierende Bürgermeister agiert mit heiklen Bild-Botschaften. | |
> Politisch wird er dafür immer klarer: Die CDU ist für ihn kein Partner | |
> mehr. | |
Bild: Michael Müller und die Bezirks-Bürgermeisterkandidaten. Ganz rechts feh… | |
Berlin taz | Eine goldene Regeln für wahlkämpfende Politiker lautet: | |
Vermeide Bilder, die fehlgedeutet werden können. Der Spitzenkandidat auf | |
einer Leiter – ein No-Go, wenn man die Karriereleiter nicht ganz schnell | |
wieder herunterklettern will. Platz nehmen im Strandkorb oder tiefen Sessel | |
– lieber nicht, wenn man nicht als besonders träge und satt erscheinen | |
möchte. Selbiges gilt auch für Essensbilder aller Art. In | |
hochprofessionellen, von Werbeagenturen in Szene gesetzten Wahlkämpfen, die | |
mehr auf Bilder als auf Inhalte setzen, sind solcherlei Fauxpas inzwischen | |
selten geworden. | |
Sollte man meinen. Doch die Berliner SPD tut sich im diesjährigen Werben um | |
die Wählerstimmen diesbezüglich ein bisschen schwer. Erst fährt der | |
Regierende Bürgermeister Michael Müller auf einem hundertfach plakatierten | |
Poster auf einer Rolltreppe – immerhin nach oben –, lässt aber den | |
Interpretationsspielraum zu: Für die SPD-Bonzen geht es bergauf, während es | |
für alle anderen, in diesem Fall eine Frau mit Kopftuch, bergab geht. | |
Am Montagmorgen nahm Müller im nicht gerade für die sozialdemokratische | |
Urklientel ausgelegten Café Einstein (Caffè Latte: 5,20 Euro) Platz, | |
umgeben von den zwölf SPD-Bezirksbürgermeister-Kandidaten, je sechs zu | |
seiner linken und rechten Seite. | |
Das Motiv von 13 Personen, die nebeneinander an einer mit Getränken und | |
Essen bestückten Tafel sitzen, wirkt wie eine Neuinterpretation von | |
Leonardo da Vincis „Das Abendmahl“. Die Unterschiede finden sich im Detail: | |
dunkle Anzüge statt bunter Gewänder, Wasser statt Wein, Lachs-Sandwiches | |
statt Brot und Meeresfrüchten. | |
Kulturell mag der Bezug zu Jesus und seinen zwölf Aposteln schmückend für | |
die SPD sein. Politisch ist die Message aber heikel. Das Meisterwerk zeigt | |
Jesus am Vorabend seiner Kreuzigung, als er sagte: „Einer von euch wird | |
mich verraten.“ Nun, den möglichen Verräter unter den neun Bürgermeistern | |
und drei, die es werden wollen, zu suchen, wäre der Interpretation zu viel | |
– zu einig zeigte sich die sozialdemokratische Funktionärsriege. | |
## SPD will Bezirksmacht | |
Die Bezirksvertreter lobten die gute Zusammenarbeit mit dem Regierenden | |
Bürgermeister und betonten ihre Anstrengungen bei Schulsanierungen, | |
Integration, Wohnungsbau und Wirtschaftsförderung. Ihre gemeinsame Aussage, | |
von Müller formuliert: „Es ist nicht egal, wer in den Bezirksämtern | |
regiert.“ | |
Explizit ging Müller auf die Gefahr ein, dass auch die AfD künftig | |
Stadträte stellen könnte und dann etwa für die Sozial-, Bildungs- oder | |
Jugendpolitik zuständig wäre. Bei 12 bis 14 Prozent der Wählerstimmen in | |
den Bezirken ließe sich dies nicht mehr vermeiden. | |
Verrat witterten die Genossen dann doch noch, aber aufseiten der CDU. | |
Müller wiederholte seine Kritik am Noch-Koalitionspartner, der etwa bei den | |
Themen gleichgeschlechtliche Partnerschaft, Flüchtlingsaufnahme oder innere | |
Sicherheit eine Haltung zeige, „die wir nicht teilen“, wie er sagte. Und er | |
fügte hinzu: „Die Arbeit mit der CDU ist schwer oder wird sogar | |
schwieriger.“ Klarer Kurs auf Rot-Rot-Grün. | |
Zum Abschluss zog der Tross für ein gemeinsames Bild vors Brandenburger | |
Tor. Dass sich erst am Samstag die AfD hier in Szene gesetzt hatte, soll | |
das schöne Wahlkampfbild nicht schmälern. | |
16 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Michael Müller | |
SPD | |
Berlinwahl 2016 | |
Michael Müller | |
Schwerpunkt Landtagswahlen | |
Schwerpunkt Landtagswahlen | |
Michael Müller | |
Wochenvorschau | |
Abgeordnetenhaus | |
SPD Berlin | |
Schwerpunkt Landtagswahlen | |
Abgeordnetenhauswahlen 2016 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Das bleibt von der Woche II: SPD hält sich Hintertür offen | |
Michael Müller wählt klare Worte in puncto Koalitionspartner. Doch wer | |
genau zuhört, muss misstrauisch werden. | |
Kommentar Linke Regierungsbündnisse: Das AfD-Domino | |
Mit der AfD rückt auch die CDU weiter nach rechts. In Berlin setzt der | |
Bürgermeister deshalb auf linke Bündnisse. Ob daraus auch linke Politik | |
wird? | |
Richtungswechsel vor Landtagswahl: Berliner SPD macht Schluss | |
Regierungschef Michael Müller schließt eine Fortsetzung der Koalition mit | |
der CDU aus – weil sie am rechten Rand fische. Nun hofft er auf Rot-Grün. | |
Schnittmengen verbraucht: Müller trennt sich von Henkel | |
Bei der Debatte um Rot-Grün oder Rot-Rot-Grün fällt fast unter den Tisch, | |
dass die SPD soeben eine weitere Zusammenarbeit mit der CDU ausgeschlossen | |
hat. | |
Die Wochenvorschau für Berlin: Von sonnengebräunten SPDlern und Grünen, die … | |
Der Wahlkampf nimmt an Fahrt auf, der Ball rollt wieder, und am Alex | |
treffen sich die Veganer. | |
Das war die Woche in Berlin I: Droht die politische Spaltung? | |
Aktuellen Umfragen zufolge steuert Berlin auf die zweite linke | |
Landesregierung nach der Wende zu. | |
Wahlkampf: Michael Müller wird ganz scharf | |
Die SPD kleistert die zweite Serie von Großplakaten an die Wände. Der | |
Regierende ist jetzt bis ins Detail zu erkennen. Eine kleine Stilkritik. | |
Berlin vor der Wahl: Oma Anni weiß, wen sie wählt | |
Vor der Wahl streiten die drei irgendwie linken Parteien. Dabei werden sie | |
wohl koalieren müssen. Wenigstens Oma Anni behält den Durchblick. | |
Ramona Pop holt auf: Gar nicht Müller oder was? | |
Noch liegt die SPD in den Umfragen vorn. Doch Grüne, CDU und Linke folgen | |
gleich dahinter. Gibt es 2016 eine grüne Regierungschefin? |