| # taz.de -- Schnittmengen verbraucht: Müller trennt sich von Henkel | |
| > Bei der Debatte um Rot-Grün oder Rot-Rot-Grün fällt fast unter den Tisch, | |
| > dass die SPD soeben eine weitere Zusammenarbeit mit der CDU | |
| > ausgeschlossen hat. | |
| Bild: Michael Müller (rechts) will nichts mehr mit Frank Henkel zu tun haben | |
| Wer mit wem? Und mit wem vielleicht noch dazu? Seitdem Berlins Regierender | |
| Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Wochenende der Bild am Sonntag ein | |
| Interview gegeben hat, wird heftig darüber spekuliert, wer nach den Wahlen | |
| am 18. September in Berlin regieren könnte. Rot-Grün vielleicht, doch | |
| nochmal Rot-Schwarz, oder eben, weil es nicht reicht, Rot-Rot-Grün? | |
| Müller selbst hatte in dem Interview erstmals letzteres ins Spiel gebracht. | |
| „Rot-Rot-Grün könnte ein Signal sein“, sagte der Regierungschef, schränk… | |
| zugleich aber ein, dass „Dreierkonstellationen nicht so einfach und auch | |
| nicht wünschenswert sind“. Ganz offenbar fährt Müller also einen | |
| zweigleisigen Wahlkampf: Sollte es für eine Zweikonstellation reichen, toll | |
| – falls nicht, dann kommt eben Rot-Rot-Grün. Berührungsängste, so die | |
| Botschaft, braucht da keiner zu haben. Schließlich hat Berlin auch zehn | |
| Jahre Rot-Rot erlebt. | |
| ## Schnittmenge weg | |
| Fast unbemerkt davon hat auch Raed Saleh, der Fraktionsvorsitzende der SPD | |
| im Abgeordnetenhaus, ein Interview gegeben. Der Deutschen Presseagentur | |
| (dpa) sagte der ehemalige Konkurrent Müllers um die Wowereit-Nachfolge, er | |
| sehe „wie der Regierende Bürgermeister die Schnittmengen mit der CDU als | |
| verbraucht an“. | |
| Verbrauchte Schnittmenge? Man könnte es auch einfacher sagen. Da hat einer | |
| die Trennung angekündigt. Dies ist umso bemerkenswerter, als Saleh selbst | |
| der letzte Aktivposten der nun verbrauchten Schnittmenge war. Wenn die | |
| Große Koalition in Berlin überhaupt noch regierungsfähig war, dann deshalb, | |
| weil Saleh und sein CDU-Kollege Florian Graf Sacharbeit vor | |
| Parteinickligkeiten gestellt haben. Michael Müller und CDU-Frontmann Frank | |
| Henkel waren dazu schon lange nicht mehr in der Lage. | |
| Tatsächlich hat sich Frank Henkel mit seiner hartnäckigen Forderung nach | |
| der Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft und einem Burka-Verbot um | |
| die letzte Chance gebracht, nach den Wahlen noch einmal mitregieren zu | |
| dürfen. Für die meisten Sozialdemokraten war damit eine rote Linie | |
| überschritten. Mit seinem Interview hat Saleh das Bündnis mit der CDU mit | |
| Wirkung zum 18. September aufgekündigt. Der Hinweis, dass der Regierende | |
| Bürgermeister dies ebenso sehe, soll wohl bedeuten: Michael Müller schließt | |
| eine Fortsetzung der Großen Koalition aus. | |
| Das wäre freilich ein Novum. Seitdem die Dreiparteien- oder | |
| Vierparteienparlamente weitgehend Geschichte sind, gilt es nicht nur als | |
| ausgemacht, dass Zweierbündnisse nur noch selten die nötige Mehrheit finden | |
| werden. Auch bei Koalitionsaussagen halten sich die Spitzenkandidaten | |
| vornehm zurück. Schließlich geht es darum, sich alle Optionen offen zu | |
| halten. Zu Not eben auch einen Pakt mit dem Teufel – und der trägt bei der | |
| SPD den Namen Henkel. | |
| Dass Müller und Saleh sich nun von Henkel und der CDU trennen, bedeutet | |
| auch eine frühe Festlegung auf eine linke Koalition. Ob das nun | |
| Rot-Rot-Grün ist (wahrscheinlich, aus der Sicht von Müller aber nicht | |
| wünschenswert), Rot-Grün (für die SPD die Gelegenheit, das rote und das | |
| grüne Milieu zu versöhnen), oder Rot-Rot (wohl eher keine Mehrheit), ist | |
| zweitrangig. | |
| ## Henkel vor dem Aus | |
| Entscheidend ist das Signal, die dringenden Probleme der Stadt | |
| entschiedener als bisher anzugehen: Mieten, Arbeit, Integration. Themen, | |
| die man mit Grünen und Linken anders anpacken kann als mit der CDU. | |
| Damit steht Berlin nun ein Lagerwahlkampf bevor. Die CDU hat bereits die | |
| Witterung aufgenommen und über ihren Generalsekretär Kai Wegner mitteilen | |
| lassen, Müller habe die Maske fallen gelassen. Henkel selbst sagte: „Müller | |
| wechselt in manchen Fragen die Haltung wie Leute die Unterwäsche.“ | |
| Bis zum Wahltag wird die CDU hinter solchen schrillen Aussagen stehen und | |
| sich hinter ihrem Spitzenkandidaten versammeln. Spätestens dann aber, wenn | |
| die CDU abstürzen und hinter den Grünen auf Platz drei landen sollte, geht | |
| es auch an Henkels Kragen. | |
| Sein Nachfolger als Fraktionschef und Oppositionsführer muss sich dann | |
| fragen, ob er die Nähe zur AfD sucht und die Stadt spalten möchte – oder | |
| doch endlich möglich macht, was die CDU immer sein wollte, aber nie war: | |
| eine liberale, bürgerliche und weltoffene Großstadtpartei. | |
| 16 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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