# taz.de -- Polizeipräsident beschuldigt Medien: Wer berichtet, stiftet an | |
> Bundespolizeipräsident Dieter Romann macht die Medien für die | |
> Messerattacke einer 15-Jährigen auf einen Bundespolizisten in Hannover | |
> verantwortlich. | |
Bild: So etwas würde Deutschlands ranghöchster Polizist natürlich niemals sa… | |
HANNOVER taz | Die Medien waren's: Insbesondere den Norddeutschen Rundfunk | |
(NDR) hält ein ranghoher Polizist offenbar für mitschuldig an der | |
Messerattacke auf einen Bundespolizisten Ende Februar im hannoverschen | |
Hauptbahnhof. | |
Das geht aus dem Manuskript eines Grußwortes hervor, das | |
Bundespolizeipräsident Dieter Romann vor rund 100 geladenen Gästen in einem | |
Offizierscasino der Bundeswehr in der niedersächsischen Landeshauptstadt | |
gehalten hat. | |
Laut diesem Manuskript, das im Internet kursiert und dessen korrekte | |
Wiedergabe die Bundespolizei bestätigt hat, klagte der Chef der mehr als | |
40.000 MitarbeiterInnen starken Truppe, diese habe „Zeiten“ hinter sich, | |
die „nicht immer einfach“ gewesen seien. Im Mai 2015 hatte der NDR mit | |
einem Bericht für Schlagzeilen gesorgt, der detailliert die Folter von | |
Flüchtlingen durch Beamte der Bundespolizeiwache in Hannovers Hauptbahnhof | |
beschrieb. | |
## Bundesweiter Aufschrei | |
„Hab den weggeschlagen. ’nen Afghanen. Mit Einreiseverbot. Hab dem meine | |
Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig“ – so prahlte ein | |
heute 40 Jahre alter Beamter per Whatsapp mit seinen Misshandlungen. Danach | |
habe er sein Opfer „an den Fußfesseln“ durch die Wache mitten in der | |
Innenstadt geschleift, so der Bundespolizist Torsten S.: „Das war so | |
schön.“ | |
Ein bundesweiter Aufschrei folgte. Die Flüchtlingsbeauftragte der | |
Bundesregierung, Aydan Özoguz, nannte die Vorwürfe „erschütternd“. Romann | |
selbst sah sich gezwungen, eine interne Untersuchungskommission | |
einzusetzen. Aus deren Bericht zitierte wiederum der NDR, dass es eine | |
„ausgeprägte fremden- und frauenfeindliche Haltung“ zumindest unter einigen | |
Beamten der Wache gegeben habe. | |
Gut ein Jahr später will der oberste Bundespolizist von dem Folterskandal | |
nichts mehr wissen: „Unreflektiert“ hätten die Medien berichtet, klagte | |
Romann nun vielmehr vor den geladenen Gästen in Hannover. Ausgerechnet der | |
öffentlich-rechtliche NDR habe einen „Wettlauf um die skandalträchtigste | |
Überschrift“ losgetreten, so Romann – und die 15-Jährige | |
Deutsch-Marokkanerin Safia S. vielleicht erst dazu gebracht, einem | |
Bundespolizisten völlig unvermittelt ein Messer in den Hals zu stechen. | |
„Jetzt frage ich Sie: War es Zufall, dass sich Safia S. einen Beamten genau | |
dieser Inspektion Hannover als Anschlagsopfer ausgesucht hatte?“, | |
spekulierte der Behördenchef. | |
## Der Polizeipräsident bagatellisiert | |
Der NDR weist das Geraune nachdrücklich zurück: „Ein Zusammenhang zwischen | |
unserer Berichterstattung und dem Anschlag ist in keiner Weise ersichtlich | |
und wird auch durch nichts belegt“, sagt Sprecher Martin Gartzke. „Ganz | |
offensichtlich gründet er sich auf bloße Spekulationen, die wir | |
nachdrücklich zurückweisen.“ Sowohl die Berichterstattung über die | |
Foltervorwürfe wie die Messerattacke“ seien „journalistisch korrekt“ | |
gewesen. | |
Der Bundespolizeipräsident bemüht sich dagegen weiter, die Foltervorwürfe | |
zu bagatellisieren. Zu seiner Hannoveraner Rede sei nichts hinzuzufügen, | |
sagte ein Mitarbeiter seiner Potsdamer Pressestelle zur taz – dabei hatte | |
Romann in Hannover betont, auch nach einem Jahr hätten die Foltervorwürfe | |
nicht belegt werden können. | |
Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft Hannover die Ermittlungen mit einer | |
merkwürdigen Begründung eingestellt: Die Angaben von Zeugen und | |
Beschuldigten zum möglichen Tatverlauf seien „widersprüchlich“ gewesen. | |
„Also kein Guantánamo und kein Abu Ghraib“, so Romann triumphierend, „in | |
Hannover bei der Bundespolizei.“ | |
Für Pascal Ackermann, Anwalt eines damaligen Opfers, ist das nicht genug: | |
„Der Hauptbeschuldigte Torsten S. hat Fotos gemacht, die meinen Mandanten | |
mit schmerzverzerrtem Gesicht gefesselt auf dem Boden der | |
Bundespolizeiwache zeigen“, sagte der Jurist der taz. „Das ist | |
offensichtlich Körperverletzung. Vor dem Oberlandesgericht treibt Ackermann | |
deshalb ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren voran – wegen des | |
Verdachts, dass sich Polizei und Ermittlungsbehörden selbst decken. | |
16 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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