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# taz.de -- Polizeigewalt in Hannover: Das nächste Opfer
> Bundespolizist Torsten S. soll nicht nur Flüchtlinge misshandelt haben.
> Auch ein Obdachloser könnte von ihm gequält worden sein.
Bild: Hannover, Bundespolizei
Hamburg/Hannover taz | Die Enthüllungen über vermeintliche Polizeigewalt in
der Bundespolizeiwache im Hannoveraner Hauptbahnhof, [1][die im vergangenen
Jahr als „Folterskandal“ Schlagzeilen machten], werden um einen weiteren
Fall bereichert. Neben Flüchtlingen soll auch ein Obdachloser Opfer von
Polizeigewalt geworden sein.
Der Bundespolizist Torsten S. sorgte im Mai 2015 für Schlagzeilen, als
bekannt geworden war, dass er über einen Kurznachrichtendienst damit
geprahlt hatte, einen 19-jährigen afghanischen Flüchtling in der
Bahnhofswache misshandelt zu haben. „Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen.
Hab dem meine Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig.“
schrieb der 40-jährige Beamte.
Ein weiteres Opfer hatte er mit seinem Handy aufgenommen. Es zeigt einen
jungen Mann aus Marokko auf dem Boden einer Zelle. Seine Hände sind
gefesselt, das Gesicht ist schmerzverzerrt. „Dann hat der Bastard erst mal
den Rest gammeliges Schweinefleisch aus dem Kühlschrank gefressen. Vom
Boden“, schrieb der Beamte dazu.
Anfang des Monats hat die Staatsanwaltschaft Hannover zwar Anklage gegen
Torsten S. erhoben, aber nicht wegen Körperverletzung im Amt. „Nach äußerst
umfangreichen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft“ sei das
Verfahren gegen den 40-Jährigen „mangels hinreichenden Tatverdachts
eingestellt“ worden, so die Staatsanwaltschaft. Angeklagt ist S. nun wegen
illegalen Waffenbesitzes einer Pumpgun und Besitzes kinderpornografischer
Dateien.
## Torsten S. soll Obdachlosen malträtiert haben
Doch nun ist ein weiterer Fall bekannt geworden, in dem Torsten S.
zugeschlagen haben soll. Er soll in der Nacht des 17. auf den 18. Januar
2015 zusammen mit einem Kollegen und einer Kollegin in der Nähe der
Bahnhofsmission einen Obdachlosen aufgegriffen haben. Das berichtet dessen
Anwalt Paulo Dias der taz. S. und seine KollegInnen hätten seinen Mandanten
in einen Dienstwagen verfrachtet, um ihn angeblich zu seiner Unterkunft zu
bringen, dann aber an den Stadtrand gebracht und auf einem Acker
ausgesetzt.
Zuvor soll Thorsten S., der mit dem Mann auf der Rückbank des
Polizeifahrzeugs gesessen hatte, den Obdachlosen malträtiert haben. Nach
dem dieser ausgestiegen war, soll er ihm einen Schlag ins Gesicht versetzt
haben. Als der Obdachlose zu Boden gegangen sei, habe S. ihm dann noch
einen Fußtritt in die Rippen versetzt. Der Verletzte schleppte sich einen
halben Kilometer weit zu einem Haus und klingelte dort. Die Bewohner
alarmierten die Polizei und diese riefen einen Krankenwagen, der den Mann
ins Klinikum brachte.
Das Opfer hatte seinen Peiniger beschrieben. Aufgrund dieser Beschreibung
wurde gegen Torsten S. ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt von Amts
wegen eingeleitet. Auch dieses Verfahren ist in der vergangen Woche
„mangels hinreichenden Tatverdachts“ eingestellt worden. „Vollständige
Akteneinsicht ist mir nicht gewährt worden“, empört sich Anwalt Dias. Der
Jurist hat Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle angekündigt,
ebenso wie Matthias Waldraff, der Anwalt des Marokkaners.
Aus Fragmenten von Aktenteilen, die Dias für seine Beschwerde zur Verfügung
gestellt wurden, geht hervor, dass es zur Gewaltanwendung gekommen ist. Im
Polizeifahrzeug sei ein Blutfleck erkennbar gewesen. Dias versteht deshalb
nicht, wieso der Fall nicht zur Anklage komme. „Dass anfangs in Prozessen
Aussage gegen Aussage steht, kommt doch häufig vor“, sagt Dias. Es sei die
Aufgabe eines Gerichts, nach den Aussagen eine Beweiswürdigung vorzunehmen
und dem Opfer rechtliches Gehör zu geben. Der Fall solle gedeckelt werden.
„Eine Auseinandersetzung mit dem Polizisten vor Gericht ist offensichtlich
unerwünscht und die Opferanwälte sollen rausgehalten werden“, meint Dias.
21 Apr 2016
## LINKS
[1] /Polizeigewalt-gegen-Fluechtlinge/!5200435
## AUTOREN
Kai von Appen
Andreas Wyputta
## TAGS
Flüchtlinge
Polizei
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Obdachlosigkeit
Hassverbrechen
Hannover
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