# taz.de -- Urteil im Prozess gegen Polizisten: Zehn Monate wegen Kinderpornos | |
> Ein Bundespolizist soll Geflüchtete misshandelt haben. Das Gericht | |
> verurteilte ihn jedoch wegen Kinderpornos und Waffenbesitz. | |
Bild: Der Richter sagte zu dem Angeklagten Thorsten S.: „Ihr soziales Leben d… | |
Torsten S. zeigt keine Regung als Richter Koray Freudenberg das Urteil | |
verliest: zehn Monate auf Bewährung und einhundert Stunden gemeinnützige | |
Arbeit. Im weißen Hemd, mit zurück gegelten Haaren und ungesund rötlicher | |
Gesichtsfarbe sitzt der angeklagte Bundespolizist im Saal des Amtsgerichtes | |
in Hannover und stiert auf die Unterlagen seines Verteidigers. | |
Der 40-Jährige hat gestanden: Den Besitz einer Pumpgun, die der Vater einer | |
vierjährigen Tochter im nicht abgeschlossenen Gartenschuppen aufbewahrte | |
und der zugehörigen Munition. Den Besitz von kinder- und | |
jugendpornografischen Bildern und Videos und die Verbreitung eines Fotos | |
per Whatsapp, auf dem ein Marokkaner zu sehen ist, der gefesselt auf dem | |
Boden der Polizeiwache am hannoverschen Hauptbahnhof liegt. | |
S. hatte das Bild an einen Kollegen geschickt. „Dann hat der Bastard erst | |
mal den Rest gammeliges Schweinefleisch aus dem Kühlschrank gefressen. Vom | |
Boden“, kommentierte er. Ermittlungen gegen S. und fünf seiner Kollgen von | |
der Bundespolizei wegen Misshandlung von Flüchtlingen und eines Obdachlosen | |
waren vor dem Verfahren trotz des Protests der Opferanwälte eingestellt | |
worden. Die Vorwürfe hätten sich nach der Vernehmung der Zeugen nicht | |
erhärtet, sagt Staatsanwältin Kathrin Söfker. S. war deshalb nicht wegen | |
Körperverletzung im Amt angeklagt. | |
Dennoch hatte der „Folterskandal“ bei der Polizei für große Empörung | |
gesorgt. Der Gerichtssaal ist voll besetzt. S. meidet den Blick zu den | |
Zuschauern. „Er sei ein Bauernopfer für die Bundespolizei“, sagt sein | |
Anwalt Ralf Jordan. | |
## S. prahlte schon vorher mit Misshandlungen | |
Auch Kritiker gehen davon aus, dass das demütigende Verhalten gegenüber | |
Geflüchteten von weiteren Beamten toleriert wurde. Doch Jordans Argument | |
geht darüber hinaus: Bundespolizisten stünden unter hohem Druck. Zwar seien | |
die Kommentare zu dem Bild nicht richtig gewesen, „aber der Normalfall, wie | |
man sich bei Frust und Belastung Luft macht“, sagt Jordan. | |
Eine fremdenfeindliche und menschenverachtende Gesinnung, wie | |
Staatsanwältin Söfker S. vorwirft, mag dessen Verteidiger in den | |
demütigenden Kommentaren nicht erkennen. Dabei hatte S. in einem anderen | |
Fall damit geprahlt, einen afghanischen Geflüchteten an den Fußfesseln | |
durch die Wache geschleift zu haben und dazu geschrieben: „Das war so | |
schön“. | |
Das kinderpornografische Material fanden Beamte bei einer von drei | |
Hausdurchsuchungen, als die Misshandlungsvorwürfe noch untersucht wurden. | |
Auf externen Festplatten, Laptops und CDs unter anderem mit der Aufschrift | |
„zu jung“ fanden die Ermittler mehr als 300 Dateien, „teilweise mit | |
Kleinkindern und Babys“, sagt ein Ermittler im Zeugenstand. | |
Richter Freudenberg wertet die „Art der Kinderpornografie“ als | |
straferschwerend. Genau wie die Tatsache, dass Menschen in Polizeigewahrsam | |
„besondere Schutzrechte“ hätten. Zwar seien Misshandlungen auf der Wache | |
nicht festgestellt worden, „es ist damit aber nicht gesagt, dass Sie nur | |
ein Foto gemacht haben“, sagt Freudenberg. | |
Der Richter hat S. im Gericht schon häufig gegenüber gesessen, wenn der | |
Bundespolizist als Zeuge geladen war. „Ich habe geschrieben, was Sie für | |
ein toller Beamter sind, aber da habe ich mich geirrt“, sagt Freudenberg. | |
S.' Verhalten sei der „ganzen Strafjustiz unwürdig“ . | |
Er glaube deshalb nicht, dass S., der derzeit suspendiert und wegen des | |
großen öffentlichen Interesses in psychologischer Behandlung ist, noch | |
einmal als Bundespolizist arbeiten wird. Es läuft bereits ein | |
Disziplinarverfahren gegen S. „Ihr soziales Leben dürfte vorbei sein, | |
eigentlich hilft Ihnen nur noch ein Umzug“, sagt der Richter. | |
19 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Prozess | |
Urteil | |
Hannover | |
Schwerpunkt Flucht | |
Hannover | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Flüchtlinge | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Polizeipräsident beschuldigt Medien: Wer berichtet, stiftet an | |
Bundespolizeipräsident Dieter Romann macht die Medien für die Messerattacke | |
einer 15-Jährigen auf einen Bundespolizisten in Hannover verantwortlich. | |
Misshandler in Uniform: Rassistische und sexistische Polizei | |
Hannoveraner Beamten wird vorgeworfen, Flüchtlinge und Obdachlose | |
geschlagen und erniedrigt zu haben. Ein internes Gutachten bestätigt dies | |
Polizeigewalt in Hannover: Das nächste Opfer | |
Bundespolizist Torsten S. soll nicht nur Flüchtlinge misshandelt haben. | |
Auch ein Obdachloser könnte von ihm gequält worden sein. | |
Bundespolizei in Hannover: Täter geschützt, Opfer entwürdigt | |
Er habe einen Flüchtling gequält, prahlte ein Polizist. Anklage wegen | |
Körperverletzung im Amt will die Staatsanwaltschaft nicht erheben. |