# taz.de -- Innenausschuss zur Rigaer Straße 94: Platzt die Henkel-Blase? | |
> Innensenator Frank Henkel muss sich für die illegale Räumung | |
> rechtfertigen. Wichtige Fragen im Check – und Henkels Antworten. | |
Bild: Pfffff........... | |
Was war Zweck des [1][Einsatzes am 22. Juni] in der Rigaer Straße 94? | |
An diesem Mittwochmorgen gegen 7.30 Uhr standen, so schildern es die | |
[2][Bewohner], plötzlich „schwarz vermummte Gestalten“ – Polizisten – … | |
dem Dach und Bauarbeiter im Hof. Kurz darauf wurde bereits an der Tür zur | |
Kneipe Kadterschmiede geflext. Den Zweck des Einsatzes erfuhren die Mieter | |
des Hauses weder von der Polizei noch von einem Gerichtsvollzieher – der | |
war ja nicht da –, sondern erst Stunden später durch ihren Anwalt. | |
Gekommen waren 300 Polizisten sowie Security-Mitarbeiter, so die Erklärung | |
der Polizei, weil die Hausverwaltung darum gebeten habe. Erobert wurden | |
zwei Einheiten im Erdgeschoss und zwei im Dachgeschoss, angeblich um dort | |
Wohnungen für Geflüchtete herzurichten. Für viele ist dagegen klar: Henkel | |
geht es mit dem Einsatz gegen das symbolträchtige Szeneobjekt vor allem um | |
seine [3][Profilierung im Wahlkampf]. | |
Das sagt Henkel: Die Rigaer Straße 94 ist die Zentrale des autonomen | |
Terrors in Berlin. Der Rechtsstaat kann nicht verhandelt werden. | |
Wann und auf welchem Weg hat sich der Eigentümer der Rigaer Str. 94 mit dem | |
Anliegen an die Polizei gewandt, Räumlichkeiten im Haus betreten zu wollen, | |
handwerkliche Maßnahmen vorzunehmen oder zu räumen? | |
Auf diese Antwort darf man gespannt sein. Noch immer weiß niemand so genau, | |
wer der Eigentümer eigentlich ist – gesichtsloses Kapital gewissermaßen. | |
Genannt wurde bisher stets die auf den Britischen Jungferninseln gemeldete | |
Lafone Investments Ltd. Deren Geschäftsführer, der südafrikanische | |
Ex-Staatsanwalt John Dewhurst, soll laut Spiegel-Recherchen jedoch nur der | |
Verwalter für die eigentlichen Eigentümer sein – und inzwischen gar seinen | |
Posten aufgegeben haben. Zum Senat habe er nie Kontakt gehabt, sagte er. | |
Spekuliert wird nun, ob die Berliner Firma Centurius Real Estate GmbH, | |
deren Inhaber bislang vor allem Spielhallen betrieb, eigentlicher | |
Eigentümer des Hauses ist. Wichtig ist wohl die polnische Hausverwaltung | |
Pawel Kapica. Für Bewohner und Presse zwar nie erreichbar, soll sich diese | |
nach Angaben der Polizeipressestelle „mit einigen Tagen Vorlauf vor dem 22. | |
Juni“ mit einem schriftlichen Ersuchen um Unterstützung an die Polizei | |
gewandt haben. Daraufhin habe die Polizei das Anliegen geprüft. | |
Das sagt Henkel: Wo ist mein Sprechzettel? | |
Was war Rechtsgrundlage des Einsatzes, und wie wurde diese begründet? | |
Rechtsgrundlage für den Einsatz war laut Polizei das Allgemeine | |
Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog). Begründet wurde er mit Verhütung | |
von Straftaten im Rahmen der Gefahrenabwehr. Der Einsatz habe dazu gedient, | |
die Bauarbeiter zu schützen, die im Auftrag der Hausverwaltung Arbeiten in | |
dem Gebäude vornehmen sollten. Die Gefahren für diese Personen habe die | |
Hausverwaltung in ihrem Schreiben an die Polizei dargelegt und dabei auf | |
frühere Erfahrungen verwiesen. Die Polizei habe diese Einschätzung geteilt. | |
Die Frage, ob die Hausverwaltung im Besitz eines Räumungstitels sei und | |
einen Gerichtsvollzieher eingeschaltet habe, sei bei der Prüfung des | |
Vorgangs ohne Belang gewesen, teilte die Polizei mit. | |
Federführend für die Entscheidung sei der Leiter der Direktion 5, Michael | |
Krömer, gewesen. Das Ganze sei in enger Abstimmung mit dem | |
Polizeipräsidenten Klaus Kandt und dem Polizeijustiziar Oliver Tölle | |
erfolgt. Schon den Großeinsatz, der im Januar in der Rigaer Straße | |
erfolgte, hatte Tölle mit Gefahrenabwehr nach Polizeirecht begründet. „Wem | |
das nicht passt, der kann ja vor das Verwaltungsgericht ziehen“, so Tölle | |
damals. Krömer hatte erklärt, er habe den Großeinsatz weder mit dem | |
Polizeipräsidenten noch dem Innensenator rückgekoppelt. „Niemand muss uns | |
sagen, was wir zu tun haben“, so Krömer damals. | |
Das Landgericht hatte die Teilräumung der Rigaer Straße 94 am 13. Juli | |
[4][für rechtswidrig erklärt]. Der Eigentümer habe weder einen | |
Räumungstitel erwirkt noch einen Gerichtsvollzieher mitgebracht, monierte | |
die Richterin. | |
Das sagt Henkel: Das Gericht hat „nur“ ein Versäumnisurteil gefällt. Grund | |
sei, dass der Anwalt der Eigentümerseite nicht zum Prozess erschienen war. | |
In der Nacht zuvor sei auf ein Auto, das in der Nähe des Wohnhauses des | |
Anwalts geparkt war, ein Brandanschlag verübt worden. Das seien Methoden | |
wie bei der Mafia, SA und SS. | |
Was waren Zweck und Rechtsgrundlage für das Polizeiaufgebot nach dem 22. | |
Juni bis zur Wiederinbesitznahme der geräumten Räumlichkeiten durch den | |
Hausverein nach dem Gerichtsurteil? | |
Eine Rechtsgrundlage dafür hat die Polizei bisher nicht genannt. Als die | |
Polizei am letzten Donnerstag [5][abrückte], teilte ein Pressesprecher mit, | |
der Anlass für den Einsatz sei nicht mehr gegeben. | |
Das sagt Henkel: Die Polizei bleibt so lange vor Ort, wie sie es für nötig | |
erachtet. Die Polizei lässt sich von niemanden politisch unter Druck | |
setzen. | |
Wie will der Senat den Konflikt in der Rigaer Straße nachhaltig befrieden | |
und insbesondere das Vertrauen der Anwohnerinnen und Anwohner | |
wiedergewinnen? | |
Ob der Senat Pläne hat, die über Sorge-Hotlines für Anwohner hinausgehen – | |
man wird es sehen. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) und der | |
Exhausbesetzer und frühere PDS-Abgeordnete Freke Over sind da schon weiter: | |
Am Donnerstagabend laden sie zu einem runden Tisch mit Anwohnerinitiativen, | |
Mieterverein, Vertretern der Opposition und der SPD; die Bewohner der | |
Rigaer94 sind eingeladen. | |
Das Ziel ist es, so Over gegenüber der taz, über die „vielen Problemlagen | |
der Gentrifizierung zu reden“. Nach 25 Jahren laufen viele Mietverträge für | |
ehemals besetzte Häuser aus, viele Gebäude werden entmietet, soziale | |
Einrichtungen wie Kindergärten sind nach der Verdichtung des Viertels nicht | |
mehr in ausreichender Zahl vorhanden, der Mietspiegel wirkt preistreibend – | |
all das soll auf den Tisch. | |
Over will prüfen, mit welchen planungs- und baurechtlichen Elementen | |
reagiert werden kann, wo Eigentümerwechsel oder die Trennung von Immobilien | |
und dem Grund und Boden notwendig sind. Für einen professionellen Moderator | |
sollen in der Bezirksverordnetenversammlung Mittel beschlossen werden. | |
Das sagt Henkel: Mit Feinden des Rechtsstaates kann es keine | |
(Selbst-)Gespräche geben. | |
21 Jul 2016 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
Plutonia Plarre | |
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