# taz.de -- Konsens bei Flüchtlingsunterkunft: Signal gegen Volksentscheid | |
> Senat und Bürgerinitiative legen ihren Streit über eine Großunterkunft | |
> für Geflüchtete in Fischbek bei. Damit könnte der Volksentscheid vom | |
> Tisch sein. | |
Bild: Protest in Hamburg hatte Erfolg: Unterkunft in Fischbek wird deutlich kle… | |
HAMBURG taz | Die Kontrahenten haben es einen Durchbruch genannt: „Vom | |
einstigen Frustrationspunkt bis heute kann man sagen, das ist ein guter Tag | |
für Neugraben-Fischbek“, sagte Sven Greve von der Bürgerinitiative „Nein | |
zur Politik – Ja zur Hilfe“ als gestern Hamburgs erster Bürgervertrag | |
unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag schreibt die Regeln eines neuen | |
Flüchtlingsquartiers südlich der Elbe fest. „Der Bürgervertrag hat | |
Modellcharakter für die Verständigung in den Stadtteilen und für ganz | |
Hamburg“, schwärmte auch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. | |
Durch die „substantiellen Gespräche“ sei ein Konsens möglich geworden, | |
lobte Bürgermeister Olaf Scholz das Engagement von Dressel und dessen | |
grünem Kollegen Anjes Tjarks. Und dann setzten Scholz, Sozialsenatorin | |
Melanie Leonhard und Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (alle | |
SPD) ihre Unterschriften unter den Vertrag. „Es war gut, dass man sich so | |
viel Zeit gelassen hat“, sagte Scholz. Neun Monate lang haben Dressel, | |
Tjarks und Mitglieder der Bürgerinitiative im Beisein anderer | |
Behördenvertreter und in unterschiedlichen Konstellationen miteinander | |
verhandelt. | |
Ausgangpunkt für diese Gespräche war der Aufschrei der BewohnerInnen in | |
Neugraben-Fischbek als sie erfahren haben, dass in ihrem Stadtteil eine | |
Unterkunft für mehr als 3.000 Geflüchtete entstehen soll. Das seien zu | |
viele Menschen, befanden die AnwohnerInnen. | |
In den Verhandlungen konnte die Initiative der rot-grünen | |
Regierungskoalition dann auch einige Zugeständnisse abringen. So wird das | |
neue Flüchtlingsquartier nur für 1.500 Menschen konzipiert. „Teile der | |
Häuser werden nicht in Modulbauweise errichtet, sondern in Form von | |
Reihenhäusern gebaut, die sich dann in die geplanten Neubaugebiete | |
integrieren lassen“, sagte Dressel. | |
In dem Vertrag wird außerdem festgeschrieben, dass der Stadtteil | |
zusätzliche Ärzte bekommen soll, der öffentliche Nahverkehr verbessert wird | |
und dass Schulen und Kitas auf die neuen Bewohner vorbereitet werden. Die | |
Bürgerinitiative sichert im Gegenzug einen „respektablen | |
Integrationsbeitrag“ zu, zieht ihr Bürgerbegehren gegen die | |
Flüchtlingsunterkunft zurück und versprach, auf weitere Klagen zu | |
verzichten. Außerdem soll ein Quartiersbeirat gebildet werden, in dem die | |
Bürgerinitiative Mitspracherecht bekommt. | |
„Wir wollten den Diskurs mitgestalten“, sagte ein Initiativen-Sprecher. | |
„Wir hatten den regionalen Kontex im Fokus und mit dem Vertrag ist es uns | |
gelungen, die nächsten zehn Jahre mitzugestalten.“ | |
Die einstigen Kontrahenten hoffen nun, dass der Bürgervertrag Signalwirkung | |
für eine Einigung mit Bürgerinitiativen in anderen Stadtteilen hat, sagte | |
der Sprecher der Dachverbandes „Initiativen für erfolgreiche Integration“, | |
Klaus Schomacker. Die Situation sei zwar lokal sehr unterschiedlich, aber | |
die Fischbeker Initiative sei die erste, „die die Leitplanken gebaut“ habe. | |
Wenn man auch andernorts eine Einigung erziele, „wäre selbstverständlich | |
ein Volksentscheid überflüssig“, erklärte Schomacker. Aber man sei auf Plan | |
B vorbereitet: den Volksentscheid gegen große Flüchtlingsunterkünfte. | |
15 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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