# taz.de -- Abkommen der Türkei mit der EU: Flüchtlingsdeal auf Eis gelegt | |
> Die Regierung in Ankara unterbricht die Rücknahme syrischer Flüchtlinge. | |
> Erst müsse die visumfreie Einreise für Türken in die EU gelten. | |
Bild: Spielball der Diplomatie: ein syrischer Flüchtling mit seinen Kindern im… | |
Die türkische Regierung hat das Rücknahmeabkommen mit der EU für illegal in | |
die EU eingereisten Flüchtlinge suspendiert. Wie türkische Medien | |
berichten, will die Türkei das Abkommen erst dann wieder in Kraft setzen, | |
wenn die von der EU für türkische Bürger zugesagte visafreie Einreise in | |
den Schengen-Raum beschlossen ist. | |
„Wir wollen beides gleichzeitig in Kraft treten lassen“, sagte ein | |
ungenannter hochrangiger Mitarbeiter des türkischen Außenministeriums der | |
regierungsnahen Zeitung Aksam. | |
Auch die türkische Nachrichtenagentur AB Haber berichtete aus Brüssel, das | |
Abkommen sei vorläufig außer Kraft. Wie Aksam weiter schrieb, sollen | |
Vertreter der EU gegenüber türkischen Diplomaten Verständnis geäußert | |
haben, dass die Türkei ihren Teil des EU-Türkei Flüchtlingsabkommens auf | |
Eis legt, bis die Visafrage geklärt ist. | |
Laut Aksam trafen sich der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoğlu, der | |
türkische EU-Minister Ömer Celik und der Vizepräsident der EU-Kommission | |
Frans Timmermans am 29. Mai in Antalya am Rande eines UN-Gipfeltreffens. | |
Dabei sollen die türkischen Minister die Entscheidung mitgeteilt haben. | |
Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mehrfach gesagt, | |
das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen werde nicht umgesetzt, wenn die von der | |
EU zugesagte Visafreiheit für türkische Bürger nicht komme. Knackpunkt für | |
die Aufhebung der Visapflicht ist aus Sicht der EU eine Änderung der | |
türkischen Antiterrorgesetze. Die EU verlangt, dass diese präziser | |
formuliert werden, sodass nicht mehr normale Regierungskritiker als | |
Terroristen angeklagt werden können. Erdoğan lehnt die Forderung als | |
unzulässige Einmischung ab. | |
## Keine Verbindung zur Armenien-Resolution | |
Die Entscheidung, das Rücknahmeabkommen auf Eis zu legen, fiel Ende Mai, | |
also noch vor [1][der Resolution des Deutschen Bundestags zum türkischen | |
Völkermord an den Armeniern], und ist keine Reaktion darauf. Doch wird die | |
Entscheidung zumindest atmosphärisch eine Rolle spielen. Erdoğan sagte am | |
Wochenende türkischen Journalisten, er sei tief enttäuscht von Kanzlerin | |
Merkel. Sie hätte ihm versprochen, alles zu tun, um die Resolution zu | |
verhindern, habe aber nicht Wort gehalten. | |
Laut Aksam sind seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals Anfang | |
April 400 Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei zurückgebracht worden. | |
Darunter waren nur wenige Syrier, es handelte sich vor allem um Pakistaner, | |
Afghanen und Bangladeschis. Nach dem Abkommen will die EU für jeden Syrer, | |
der in die Türkei zurückgeschickt wird, einen anderen Syrer legal aus einem | |
türkischen Flüchtlingslager in die EU aufnehmen. Bis Ende Mai sind erst 130 | |
Syrer in die EU geflogen worden. | |
Die geringe Zahl der bisher aus Griechenland zurückgeschickten Syrer | |
erklärt sich dadurch, dass fast alle Syrer in Griechenland Asyl beantragt | |
haben. Laut türkischen Diplomaten soll bis Oktober eine Lösung der | |
Visafrage gefunden werden. Bis dahin nimmt die Türkei keine Flüchtlinge aus | |
Griechenland mehr zurück. | |
5 Jun 2016 | |
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[1] /Die-Tuerkei-und-die-Armenien-Resolution/!5309974 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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