# taz.de -- Flüchtlinge in Griechenland: Heimweh nach Idomeni | |
> Das Camp an der Grenze zu Mazedonien wurde aufgelöst. In den neuen | |
> Notunterkünften herrschen unhaltbare Zustände. | |
Bild: Flüchtlinge verlassen am vergangenen Mittwoch das Camp in Idomeni | |
BERLIN taz | Nasim al-Ali aus Syrien lebt jetzt mit seinen drei Kindern in | |
Sindos-Frakaport nahe Thessaloniki, einer Lagerhalle, die Platz für etwa | |
550 Menschen bieten soll. Müllberge türmen sich vor der großen Halle mit | |
der blauen Eingangstür. Davor sitzen ein paar Männer, Kinder spielen. | |
Al-Ali ist verzweifelt. „Meine Kinder bekommen hier nicht genug zu essen, | |
und das Wasser ist kalt“, sagt er. Man lebe hier zusammengepfercht und es | |
stinke nach Müll. | |
„In Idomeni war es besser für uns“, so al-Ali. Da hätten sich viel mehr | |
freiwillige Helfer und auch kleinere Hilfsorganisationen um die Menschen | |
gekümmert. Hierher kämen nicht mehr so viele. Sie würden wohl nicht | |
reingelassen, mutmaßt der Mann. | |
Das provisorische Camp Idomeni war Dienstagmorgen durch die griechischen | |
Behörden geräumt worden. Bulldozer schoben die Zelte zusammen, in denen | |
Tausende Menschen monatelang ausgeharrt hatten. Sie alle hofften, das sich | |
die Grenze zu Mazedonien öffnen würde. Zahlreiche von ihnen wurden in | |
offizielle Flüchtlingsunterkünfte gebracht. | |
## Grundversorgung nicht gewährleistet | |
Die neuen Notunterkünfte – alte Militärkasernen und Lagerhallen – wurden … | |
Schnellverfahren von der griechischen Regierung zur Verfügung gestellt. | |
Zwar sind die Unterkünfte trocken, schützen vor Regen und bald auch vor der | |
brennenden Sonne. Doch sowohl die UN-Hilfsorganisationen UNHCR als auch die | |
Ärzte ohne Grenzen kritisieren die Zustände in den neuen Unterkünften | |
scharf. | |
„Die Grundversorgung der Menschen ist in diesen Unterkünften nicht im | |
Entferntesten gewährleistet“, sagt Katy Athersuch, Sprecherin der Ärzte | |
ohne Grenzen. Die sanitären Einrichtungen seien nicht ausreichend. In | |
einigen der neuen Unterkünfte gäbe es gar keine Dusch- sondern nur | |
Waschmöglichkeiten. | |
Oftmals ist das Wasser kalt. Es sei dunkel, da nicht überall Elektrizität | |
vorhanden sei. Die Zelte stünden viel zu dicht nebeneinander. Auch die | |
Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser sei nicht ausreichend. Die | |
Hilfsorganisationen haben Schwierigkeiten, so schnell mit der Versorgung | |
der Menschen nachzukommen. | |
3.700 Flüchtlinge und Migranten wurden am Tag der Evakuierung in offizielle | |
Unterkünfte gebracht, berichten die griechischen Behörden – einige Tage | |
vorher wurden noch 8.500 Menschen in dem inoffiziellen Flüchtlingslager | |
gezählt. | |
## Im Wald versteckt | |
Athersuch habe beobachtet, dass viele der Menschen sich noch vor der | |
Evakuierung in umliegenden Waldgebieten Idomenis versteckt hätten. Einige | |
Flüchtlinge und Migranten, die bereits in offizielle Camps gebracht wurden, | |
setzten sich wieder ab. Die Umstände in den Camps waren zu schlimm, wie die | |
Flüchtlinge der MSF-Sprecherin berichteten. | |
Man wolle die Missstände schnell beheben, sagte der griechische | |
Migrationsminister Mouzalas. „Das hätte alles vor der Evakuierung | |
stattfinden müssen“, so Athersuch. Die geschwächten Menschen jetzt in ein | |
unfertiges Camp zu bringen sei menschenverachtend. | |
29 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Theodora Mavropoulos | |
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