| # taz.de -- Kommentar UN-Nothilfegipfel in Istanbul: Wer über Flüchtlingsleic… | |
| > In Istanbul wird über humanitäre Hilfe beraten, während Idomeni geräumt | |
| > wird. Eine Tragödie? Sophokles hätte es nicht besser erfinden können. | |
| Bild: Am Dienstag begann die Räumung: das Flüchtlingslager im griechischen Id… | |
| Das Timing ist bewundernswert: Während Experten aus aller Welt in Istanbul | |
| [1][über die Verbesserung der humanitären Hilfe beraten], beginnt die | |
| Räumung des Flüchtlingslagers im griechischen Idomeni, sozusagen nebenan. | |
| Monatelang durften Tausende Herumirrende und Verzweifelte dort im Dreck | |
| hocken, zwischen Schlamm, Regen und Tränengas, mit Blick auf mazedonischen | |
| Stacheldraht, ohne Aussicht auf Weiterreise. | |
| Nachdem Europa gemerkt hat, dass diese Menschen sich nicht freiwillig in | |
| Luft auflösen, soll dieses Schandmal einer gescheiterten Politik nun | |
| verschwinden, damit die Züge von Griechenland nach Mazedonien wieder fahren | |
| können, in die diese Flüchtlinge aber selbstverständlich nicht einsteigen | |
| dürfen. Denn sie sollen in Griechenland bleiben, das sie aber am liebsten | |
| in die Türkei zurückschicken würde, deren Regierung gerade mehr | |
| internationale Unterstützung bei der Flüchtlingshilfe angemahnt hat. | |
| Eine griechische Tragödie? Sophokles hätte es nicht besser erfinden können. | |
| Wer ein kleines Problem nicht lösen kann, sollte von großen Problemen die | |
| Finger lassen. Wer an 10.000 Flüchtlingen scheitert, hat keine Lektionen | |
| über den Umgang mit 10 Millionen zu erteilen. Wer über Flüchtlingsleichen | |
| geht, um bei Wahlen gegen Rechtspopulisten zu bestehen, ist selber einer. | |
| Die nächsten Dramen bahnen sich bereits an – im Mittelmeer vor Libyen oder | |
| auf noch unbekannten Schleuserrouten Richtung Mitteleuropa. Es gibt nicht | |
| den Hauch einer Idee auf europäischer Ebene dazu. Außer noch mehr | |
| Stacheldraht an den Außengrenzen und noch mehr Hilfe für Diktatoren in | |
| Herkunftsländern. | |
| ## Abschied von nationalen Egoismen | |
| Die allermeisten Flüchtlinge und Notleidenden der Welt befinden sich nicht | |
| in Europa und werden auch niemals in die Nähe Europas gelangen. Daher | |
| können die Bedürfnisse europäischer Politiker nach Abschottung nicht der | |
| Maßstab globaler Politik sein. | |
| Es ist nur zu hoffen, dass die vielen sinnvollen Diskussionen über eine | |
| besser koordinierte und vernetzte humanitäre Arbeit auf dem Istanbuler | |
| Weltgipfel in Europa trotzdem zur Kenntnis genommen und umgesetzt werden. | |
| Dazu gehört auch, sich ins UN-Hilfssystem einzufügen, dieses Hand in Hand | |
| mit anderen auszubauen – und sowohl nationale Egoismen als auch | |
| europäisches Auftrumpfen hinter sich zu lassen. Idomeni ist nichts, worauf | |
| Europa stolz sein kann. | |
| 25 May 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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