| # taz.de -- Hanfdemo in Bremen: So seh'n Sieger aus | |
| > Der Bremer Ableger des „Global Marijuana March“ findet gut gelaunt und | |
| > mit prominenten Gästen am Hot Spot der Legalisierungsdebatte statt | |
| Bild: Ordnung muss sein – auch beim Kampf für Recht auf Rausch. | |
| BREMEN taz | Wer zuletzt noch unsicher war, was die gesellschaftlichen | |
| Schäden durch Cannabis verglichen mit Alkohol betrifft, dem sei ein Blick | |
| auf die beiden Bremer Rauschumzüge der vergangenen Tage empfohlen: Wo am | |
| „Vatertag“ Heerscharen zugedröhnter meist männlicher Trinker gröhlend | |
| umherzogen, hinterließen sie Urin, vollgekotzte Grünstreifen und am Unisee | |
| zuletzt sich selbst im Gebüsch. Entspannen von den Einsätzen wegen | |
| Ruhestörung und Prügeleien konnten sich die PolizeibeamtInnen hingegen am | |
| Samstag, als der „Global Marijuana March“ für das Recht auf Rausch durch | |
| die Innenstadt zog. | |
| Gelassen konnten die rund 200 KifferInnen aber ja auch sein: hat doch die | |
| Bürgerschaft gerade erst diverse Lockerungen der Prohibition beschlossen, | |
| will von der Strafverfolgung beim Besitz geringer Mengen absehen und auch | |
| den automatischen Führerscheinentzug bleiben lassen. Ein Heimspiel also | |
| auch für Alexandra Werwath (Grüne) und Stephanie Dehne (SPD), die als | |
| Vertreter der Regierungskoalition doch mehr als nur höflichen Applaus | |
| bekamen. | |
| Da nahm es ihnen auch kaum einer krumm, dass aus dem im Regierungsprogramm | |
| angedachten Modellprojekt zur legalen Freigabe erst mal doch nur eine | |
| Bundesratsinitiative wurde. Für den nächsten Schritt werben wollen beide | |
| jetzt: in Berlin und in den eigenen Reihen. Und das kam gut an, auch wenn | |
| die demonstrativ am Bier nuckelnden Kader von „Die Partei“ einzugreifen | |
| versuchten und schließlich gar das Ende der Legalisierung forderten. Denn, | |
| so die Partei: „Nur illegale Drogen sind coole Drogen!“ | |
| ## „Der härteste Jugendrichter“ | |
| Ausgelassene Gestalten zogen dann einen Riesenjoint auf dem Auto von | |
| Veranstalter und Growshop-Betreiber Hüseyin Beypinar-Ehlerding hinterher – | |
| und drehten selber höchstens kleine. Dass es aber auch auf dem Erfolgskurs | |
| der ProhibitionsgegnerInnen nicht nur um Spaß geht, machte Gastredner | |
| Andreas Müller aus dem brandenburgischen Bernau deutlich. Er gilt als einer | |
| der härtesten Jugendrichter Deutschlands und pflegt dieses Image auch. | |
| Hart durchgreifen würde er im Sinne der Opfer. Seine bundesweit | |
| diskutierten Urteile galten vor allem rechtsradikalen Gewalttätern. Doch | |
| beim Cannabis, sagte er, seien die Opfer die kriminalisierten | |
| KonsumentInnen selbst. | |
| „Bremen ist vorbildlich“, so Müller – und darum sei er auch zu dieser der | |
| 23 deutschen Demos dieser weltweiten Kampagne gefahren. Als Dozent einer | |
| Polizeischule wisse er zudem, dass auch die BeamtInnen „keinen Bock mehr | |
| haben, kleine Kiffer hochzunehmen.“ Auch unter den KollegInnen, die hier | |
| gleichmütig den Verkehr regeln mussten, gab es vereinzeltes Nicken. Und | |
| Abstand zum Rauch, der immerhin hier und da aus der Menge aufstieg. | |
| ## Kein Bock auf kleine Kiffer | |
| Dass die Justiz tatsächlich eine ganze Menge mit der Verfolgung von | |
| Drogendelikten zu tun hat, belegte auch Münsters ehemaliger | |
| Polizeipräsident Humbert Wimber, der als zweiter Vertreter des | |
| Strafverfolgungsapparats auf dem Lautsprecherwagen stand. Rund 80 Prozent | |
| der Verfahren von 2015 hätten sich nicht gegen HändlerInnen, sondern gegen | |
| KonsumentInnen gerichtet. | |
| Wimber hat im vergangenen Herbst die deutsche Sektion von LEAP (Law | |
| Enforcement Against Prohibition) mitgegründet. Denn die restriktive | |
| Verbotspolitik hält er für gescheitert. Und das nicht nur bei Cannabis. | |
| ## Am schlimmsten bei den Harten | |
| So erinnerte Wimber daran, dass die Zahl der Drogentoten im vergangenen | |
| Jahr bundesweit gestiegen ist. Besonders stark ausgerechnet in Bayern, das | |
| harte Strafverfolgung praktiziert. In Nordrhein-Westfalen oder eben Bremen, | |
| in Bundesländern also, die ihre Drogenpolitik liberalisiert haben, ist die | |
| Zahl hingegen sogar zurückgegangen. Und da, wo KonsumentInnen in die | |
| Illegalität getrieben würden, da sei auch die Chance auf Prävention | |
| begrenzt. | |
| Die gute Stimmung freilich konnte auch dieser Beitrag nur kurz trüben, und | |
| vorbei an freundlich grinsenden Passanten zog die Demo weiter. „Legalize | |
| ist Party“, sagt eine Teilnehmerin, die nach eigener Zählung seit 20 Jahren | |
| dabei ist – „wenn man nicht im Knast sitzt.“ | |
| 8 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan-Paul Koopmann | |
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