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# taz.de -- Proteste in Frankreich: Ab auf die Barrikaden!
> Gegner der Arbeitsmarktreform setzten die Regierung mit Streiks und
> Blockaden unter Druck. Die verhängt individuelle Demonstrationsverbote.
Bild: Polizeieinsatz bei einer Anti-Regierungsdemonstration am 12. Mai in Paris
Paris taz | Das hatte sich die französische Regierung anders vorgestellt:
In der vergangenen Woche setzte sie ihre umstrittene Arbeitsmarktreform,
die das Arbeitsrecht im Sinne der Arbeitgeberwünsche liberalisiert, im
Parlament ohne Abstimmung durch. Die Erörterung im Senat Mitte Juni sollte
nur noch eine Formsache sein. Doch anders als dies Premier Manuel Valls
hoffte, ist danach die Debatte keineswegs zu Ende. Weil diese vor den
Abgeordneten nicht möglich war, hat sie sich nun erst recht auf die Straße
verlagert.
Mit Streiks, Demonstrationen und Blockaden der Gegner dieser Reform steht
Frankreich eine konfliktreiche Woche bevor. Aus der Sicht der
Gewerkschaften, Schüler- und Studentenorganisationen ist dies erst der
Beginn einer neuen Widerstandswelle.
Sie fühlen sich vom Vorgehen der „Linksregierung“ nicht nur provoziert,
sondern auch verraten. Valls und Staatspräsident François Hollande, den
viele der heutigen Demonstranten und Streikenden 2012 gewählt hatten,
versuchen durchzusetzen, was vor ihnen selbst der Konservative Nicolas
Sarkozy nicht gewagt hätte.
Jetzt erfasst der Widerstand gegen die Reform noch weitere Sektoren:
Bereits am Montagabend begannen die Arbeitnehmer des Lastverkehrs rund um
mehrere Städte in Südfrankreich mit ihren Lkws Blockaden zu errichten. Aus
früheren Jahren weiß man in Frankreich, wie verwundbar die ganze Wirtschaft
bei solchen Straßensperren ist und dass daher der Druck auf die Regierung
zunehmen wird.
## Beschäftigte der Bahn im Streik
Ab Dienstag fangen zudem Streiks in den Pariser Metro- und Busbetrieben an,
denen sich die Beschäftigten anderer öffentlichen Dienste anschließen
werden. Ab Mittwoch treten auch die Beschäftigten der Bahn sowie die Docker
und Seeleute der französischen Häfen in den Ausstand. Es wurde bereits
angekündigt, dass diese Aktionen über mehrere Tage fortgesetzt werden
könnten – wie die Proteste auf der Straße. Vorerst sind am Dienstag und
Donnerstag in zahlreichen Städten erneut Kundgebungen angesagt.
Auch die Polizisten demonstrieren am Dienstag, allerdings aus einem ganz
anderen Grund. Ihnen geht es um ihr Image, denn sie wollen den Vorwurf der
Brutalität beim Vorgehen gegen Demonstranten nicht auf sich sitzen lassen.
Ihnen kommt seit Wochen die undankbare Aufgabe zu, im Auftrag der Regierung
mit Knüppel, Gas und Granaten bei Konfrontationen gegen Hitzköpfe
vorzugehen. Und nicht immer wird dabei ein Unterschied zwischen
Provokateuren und friedlichen Demonstranten gemacht.
Innenminister Bernard Cazeneuve beschuldigt deswegen Gruppen von
„Autonomen“ und sogenannten „Casseurs“, die mutwillig randalieren, um m…
Sachbeschädigungen und Angriffen auf die Polizei die Auseinandersetzung zu
suchen.
## Notstandsgesetze gelten weiter
Erstmals hat die Regierung deswegen gegen mindestens ein Dutzend solcher
Mitglieder radikaler Gruppen wie „Action Antifasciste“ oder „Mouvement
interluttes indépendant“, gestützt auf die weiter geltenden
Notstandsgesetze, ein individuelles Demonstrationsverbot verhängt. Wie
ihnen mitgeteilt wurde, müssen sie während der angekündigten Aktionstage
den Stadtteilen fernbleiben, die die Demonstrationen durchqueren werden.
Aber auch der Zugang zur Place de la République, wo seit Wochen die
Bewegung „Nuit debout“ debattiert, ist ihnen untersagt!
Diese basisdemokratische Bewegung möchte mit dem Widerstand gegen die Art
und Weise, wie die Regierung ihre Arbeitsmarktreform durchdrücken will,
weiter an politischem Gewicht gewinnen. Sie fordert in einem
internationalen Appell die Bewohner aller Städte der Welt auf, sich mit der
Besetzung von öffentlichen Plätzen die von etablierten Parteien und
Institutionen konfiszierte Politik anzueignen. Ein erstes Echo hat dieser
Aufruf in Athen und Madrid gefunden.
16 May 2016
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
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