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# taz.de -- Verfassungsreform in Frankreich: Hollandes Pläne scheitern
> Die Aberkennung der Staatsangehörigkeit für „Terroristen“ ist nicht
> mehrheitsfähig. Die Sozialisten haben sich selbst geschwächt.
Bild: Pläne für eine Verfassungsänderung begraben: Frankreichs Staatschef Fr…
Paris taz | Der französische Staatspräsident François Hollande muss eine
Niederlage einstecken. Im Anschluss an den Ministerrat am Mittwoch ließ er
mitteilen, er habe beschlossen, die Debatte über eine von ihm gewünschte
Verfassungsänderung erfolglos abzubrechen.
Mit seiner Vorlage wollte er die Verhängung von Notstandsgesetzen zum Kampf
gegen den Terrorismus in der Verfassung verankern. Darin sollte auch die
Aberkennung der französischen Staatszugehörigkeit für verurteilte
Terroristen und eventuell auch andere Straftäter legalisiert werden.
Vor allem Letzteres war schnell auf große Ablehnung gestoßen, zuerst links,
dann auch bis weit ins bürgerliche Lager hinein. Für eine
Verfassungsänderung bedarf es entweder einer Volksabstimmung bei einem
sogenannten Referendum oder einer komplizierten parlamentarischen Prozedur,
bei der am Ende die zum Kongress in Versailles vereinten Parlamentskammern
(Nationalversammlung und Senat) ihre Zustimmung geben müssen. Dabei ist
eine qualifizierte Kongressmehrheit von drei Fünfteln erforderlich. Davon
aber war Hollande in dieser Revisionsdebatte weit entfernt.
Als Hollande den Verlust der Staatsbürgerschaft für Terroristen gleich nach
den Pariser Attentaten vom 13. November 2015 ankündigte, erhielt er Applaus
von links und rechts. Doch schon in der ersten Abstimmung in der
Nationalversammlung versagte ihm eine beachtliche Minderheit der eigenen
sozialistischen Abgeordneten die Gefolgschaft.
Die Justizministerin Christiane Taubira war im vergangenen Januar sogar
zurückgetreten. Und anders als erwartet wollte auch ein Teil der Opposition
– sei es aus grundsätzlicher Ablehnung der Maßnahme oder aus taktischen
Überlegungen – nicht mitmachen.
## Gegen die Schaffung von Staatenlosen
Da mit dem Entzug der Staatszugehörigkeit auch „Staatenlose“ geschaffen
würden, stieß Hollandes Plan auf zunehmende Ablehnung. Der Senat, in dem
die Linksregierung nicht über eine Mehrheit verfügt, änderte darum die
Revisionsvorlage in diesem Sinne ab und verbot explizit die Schaffung von
Staatenlosen.
Damit aber der Kongress zu einer Abstimmung über eine Verfassungsänderung
zusammentreten kann, müsste vorher von den beiden Kammern je ein exakt
gleich lautender Text verabschiedet werden. Ein Kompromiss war nicht
möglich.
Die regierenden Sozialisten haben sich in dieser Polemik über die
Notstandsgesetze nachhaltig zerstritten. Der Parteichef der Sozialisten,
Jean-Christoph Cambadélis, bat die Franzosen um „Entschuldigung“ für dies…
„triste“ Spektakel. Die Verantwortung weist er der parlamentarischen
Rechten zu, die eine Einheit im Kampf gegen den Terrorismus unmöglich
gemacht habe.
30 Mar 2016
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Terror
Schwerpunkt Frankreich
Francois Hollande
Verfassung
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