# taz.de -- Untersuchung zum Germanwings-Absturz: 100-prozentige Sicherheit unm… | |
> Der Bericht verlangt eine bessere medizinische Kontrolle von Piloten. | |
> Angehörige und Kollegen sollen sich bei Problemen melden. | |
Bild: Soll nicht wieder vorkommen: Wrack der Germanwings Maschine am 23. März … | |
Paris taz | Die französische Flugunfall-Untersuchungsbehörde BEA in Le | |
Bourget im Norden von Paris hat am Sonntag ihren Abschlussbericht über den | |
Absturz der Germanwings-Maschine am 24. März 2015 in den südfranzösischen | |
Alpen vorgestellt. Neue Erkenntnisse über die Ursachen des Crashs, der den | |
Tod aller 150 Flugzeuginsassen zur Folge hatte, erwartete niemand. | |
Spätestens seit der Auswertung der Flugschreiber ist bekannt, dass der | |
psychisch erkrankte Kopilot Andreas L. sich im Cockpit verriegelte und das | |
Flugzeug, einen Airbus 320, auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf | |
vorsätzlich zum Absturz gebracht hat. | |
Dennoch hofften vor allem die Familien der Opfer auf Antworten auf die | |
Frage: Wie konnte es zu einer solchen Tragödie kommen? Die | |
Untersuchungsergebnisse blieben trotz einer Fülle von Informationen sowie | |
einer Reihe von Empfehlungen zwangsläufig unbefriedigend. Das räumte auch | |
der BEA-Leiter ein. Im Bereich menschlicher Unzulänglichkeiten könne eine | |
„hundertprozentige Sicherheit“ nicht garantiert werden. | |
Heute weiß man, wie gravierend die psychischen Probleme von Andreas L. | |
nicht erst im März 2015 waren, als ihn laut BEA-Bericht sein damaliger | |
Hausarzt wegen Verdacht auf eine depressive Psychose in psychiatrische | |
Behandlung einweisen wollte. Er wurde medikamentös behandelt und war für | |
den Tag des Katastrophenflugs ärztlich krankgeschrieben. | |
Angesichts der Ausführungen über den beruflichen Werdegang von Andreas L. | |
vor dem Hintergrund seiner Krankengeschichte kann man nur bestürzt sein | |
über ein offensichtlich ungenügendes System ärztlicher Kontrolle. Das | |
Arztgeheimnis müsse diesbezüglich überprüft werden, verlangten die | |
BEA-Experten. Es müsse ein „Gleichgewicht zwischen der ärztlichen | |
Schweigepflicht und der öffentlichen Sicherheit“ gefunden werden. Das BEA | |
rät zu regelmäßigen und verbesserten Kontrollen, die es erlauben sollen, | |
eine Fluguntauglichkeit besser zu entdecken und insbesondere zu verhindern, | |
dass ein Pilot psychische Probleme bei der jährlichen Untersuchung | |
verheimlichen kann. | |
## Soziales Umfeld einbeziehen | |
Um die Wiederholung eines solchen Desasters zu verhindern, will das BEA in | |
seinen elf Empfehlungen nicht nur die Privatärzte und die ärztlichen | |
Kontrolleure der Flugtauglichkeit verstärkt in die Pflicht nehmen. Es gehe | |
auch um das „soziale Umfeld der Piloten“: KollegInnen, Angehörige und | |
Bekannte sollen Alarm schlagen, wenn sie erfahren, dass ein Pilot an | |
psychischen oder somatischen Störungen leidet, die seine Flugtauglichkeit | |
einschränken. | |
Ein anderer, eher technischer Fragenkomplex betrifft die Verrieglung des | |
Cockpits. Aus Sicherheitsgründen waren nach den Terrorattentaten vom | |
September 2001 die Pilotenkabinen besser gegen Eindringlinge geschützt | |
worden. Diese Schutzmaßnahme hatte bei dem Germanwings-Flug allerdings zur | |
Folge, dass der Chefpilot, der das Cockpit kurz verlassen hatte, nicht an | |
die Flugsteuerung zurückkehren konnte, um den Selbstmord-Crash zu | |
verhindern. Laut BEA haben die existierenden Codes zur Notöffnung der | |
Kabinentür in der Vergangenheit nicht verhindern können, dass ein Pilot | |
eine Maschine absichtlich zum Absturz brachte. | |
Mehrere Fluggesellschaften haben deshalb angeordnet, dass sich permanent | |
mindestens zwei Mitglieder der Crew im Cockpit befinden müssen. | |
13 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
## TAGS | |
Germanwings | |
Germanwings | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Brüssel | |
Lufthansa | |
Flughafen | |
Flugzeugabsturz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zwei Jahre nach Germanwings-Absturz: Schwere Vorwürfe gegen Ermittler | |
Der Vater des Absturz-Piloten Lubitz bezweifelt die Schuld seines Sohnes. | |
Ein Gutachter sieht dramatische Mängel bei den Ermittlungen. | |
Verfassungsreform in Frankreich: Hollandes Pläne scheitern | |
Die Aberkennung der Staatsangehörigkeit für „Terroristen“ ist nicht | |
mehrheitsfähig. Die Sozialisten haben sich selbst geschwächt. | |
Frankreich will Attentäter Abdeslam: Er packt bereitwillig aus | |
Paris erhofft sich von der Überstellung des Attentäters Salah Abdeslam | |
weitere Aufschlüsse über die Hintermänner der Anschläge vom November. | |
Nach der Germanwings-Katastrophe: Streit um Entschädigung | |
Die Angehörigen der Opfer werfen dem Mutterkonzern Lufthansa vor, sich | |
nicht angemessen entschuldigt zu haben. Das angebotene Schmerzensgeld sei | |
beleidigend. | |
Sicherheitschecks in Deutschland: Zu laxe Kontrollen an Flughäfen | |
Mit einer Waffe an Bord gehen – das ist Prüfern im vergangenen Jahr an | |
deutschen Flughäfen gelungen. Die EU-Kommission verklagt Deutschland nun. | |
Germanwings-Katastrophe: Copilot probte den Absturz | |
Schon auf dem Hinflug manipulierte der Copilot der abgestürzten | |
Germanwings-Maschine die Flughöhe. Das ergaben jüngste Untersuchungen des | |
Flugschreibers. |