# taz.de -- Nach der Germanwings-Katastrophe: Streit um Entschädigung | |
> Die Angehörigen der Opfer werfen dem Mutterkonzern Lufthansa vor, sich | |
> nicht angemessen entschuldigt zu haben. Das angebotene Schmerzensgeld sei | |
> beleidigend. | |
Bild: Blumen liegen um den Gedenkstein bei Le Vernet in den französischen Alpe… | |
HALTERN dpa | Enttäuscht klingen sie, verbittert auch: Nach der | |
Germanwings-Katastrophe haben Angehörige der ums Leben gekommenen Schüler | |
und Lehrer aus dem westfälischen Haltern einen wütenden Brief an | |
Lufthansa-Chef Carsten Spohr geschrieben. Sie werfen dem | |
Konzern-Vorsitzenden unter anderem vor, sich nach dem Absturz des Flugzeugs | |
nicht bei den trauernden Verwandten entschuldigt zu haben. „Sie waren für | |
Ihre Kunden da, nicht für uns“, kritisieren die Verwandten in dem am | |
Dienstag von ihrem Anwalt veröffentlichten Brief. Das von der Lufthansa | |
angebotene Schmerzensgeld sei beleidigend. | |
Die Lufthansa äußerte zwar Verständnis für die Wut der Betroffenen. | |
Sprecher Andreas Bartels sagte zugleich aber auch: „Wir bedauern sehr, dass | |
nun eine Verschärfung des Tons reingebracht wird.“ Ein Antwortschreiben | |
Spohrs werde es nicht geben. Die Lufthansa sei mit jedem Angehörigen in | |
Kontakt. Die Bild-Zeitung hatte als erste über den Brief aus Haltern | |
berichtet. | |
Die Lufthansa als Germanwings-Mutterkonzern hatte den deutschen | |
Hinterbliebenen nach der Katastrophe neben einer Soforthilfe von 50.000 | |
Euro pauschal 25.000 Euro als Schmerzensgeld angeboten. Nächste Angehörige | |
wie Eltern, Kinder oder Lebenspartner sollen dazu ohne weitere Prüfung | |
jeweils ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro bekommen. Die Anwälte der | |
Angehörigen lehnen dies ab und verlangen ein neues Angebot. | |
Die Lufthansa argumentiert, pro Opfer addierten sich Schmerzensgeld und der | |
Vorschuss auf materiellen Schadenersatz bereits jetzt auf eine | |
durchschnittliche Summe von mehr als 100.000 Euro. Das sagte | |
Lufthansa-Sprecher Bartels am Dienstagabend und bestätigte damit einen | |
Bericht der Allgemeinen Zeitung aus Mainz. Wenn unter den Opfern der | |
Hauptverdiener einer Familie sei, könne sich der Ausgleich des | |
Unterhaltsschadens schnell auf mehrere Hunderttausend Euro summieren, in | |
einigen Fällen gar in Millionenhöhe liegen. Hier müsse im Einzelfall | |
geprüft werden. | |
Den Angehörigen stößt vor allem auf, dass Spohr sich nicht um sie bemüht | |
habe. „Ein paar persönliche Worte im Gespräch mit Ihnen hätten uns gezeigt, | |
dass Sie nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern auch für uns da sind“, | |
heißt es. Außerdem habe er Eltern nicht auf eine Einladung zu einer | |
Beisetzung geantwortet. Dies wies der Konzern zurück: „Herrn Spohr ist kein | |
persönliches Einladungsschreiben für eine Beerdigung zugegangen“, sagte | |
Bartels der Bild. | |
Beim Absturz der Germanwings-Maschine am 24. März in den Alpen waren alle | |
150 Menschen an Bord ums Leben gekommen, darunter 16 Schüler aus einem | |
Gymnasium in Haltern und ihre zwei Lehrerinnen. Nach Überzeugung der | |
Staatsanwaltschaft hatte der Copilot die Maschine absichtlich zum Absturz | |
gebracht. | |
Nach den Trauerfeiern war ein Streit um das von der Lufthansa angebotene | |
Schmerzensgeld ausgebrochen. Die insgesamt 32 unterzeichnenden Verwandten | |
aus Haltern nannten die Summe in ihrem Brief beleidigend. „Wenn ein | |
Mitarbeiter eines Handwerksunternehmens bei Ihnen zuhause ein Fenster | |
beschädigt, steht das Unternehmen selbstverständlich dafür gerade... | |
Versteht Lufthansa nicht, was für jeden Handwerksbetrieb selbstverständlich | |
ist, wenn ein Mitarbeiter des Unternehmens Schaden anrichtet?“ | |
22 Jul 2015 | |
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