Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Der Offshore-Test: Geld verstecken bleibt einfach
> Wohin nun mit Ihren Millionen nach den Enthüllungen um die Panama Papers?
> Keine Sorge. Wir haben einige Dienstleister für Sie getestet.
Bild: Panama-Party!
Berlin taz | Viele Geldanleger in Deutschland sind verunsichert. Die
Enthüllungen um die Panama Papers rücken erprobte Anlagestrategien zur
legalen Steuervermeidung in schlechtes Licht. Der Fiskus, so scheint es,
kennt keinen Grenzen mehr. Internationale Finanzplätze, Motoren für
Wachstum und Wohlstand, stehen am Pranger.
Die Medien werfen ehrliche Investoren in einen Topf mit Kriegsverbrechern
und Mafiabossen. Lassen Sie sich durch diese Hetze nicht verunsichern. Eine
Offshore-Firma zu besitzen, ist nicht strafbar. Selbst die Weltbank
unterhält Projektgesellschaften auf den Cayman Islands.
An diesem Wochenende treffen sich zwar auf der Frühjahrstagung von IWF und
Weltbank die internationalen Steuereintreiber um Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble. Der fabuliert über einen globalen Austausch von Daten
zum Geldeintreiben. Selbst George Orwell hätte sich in seinen kühnsten
Träumen keinen derartigen Steuerfaschismus ausgedacht.
Doch einige Staaten bestehen auf ihre legitime Souveränität. Dort sind Sie
weiterhin geschützt. Sie müssen nur den Dienstleister Ihres Vertrauens
finden. Wir helfen dabei.
## So haben wir getestet
Die getesteten Firmen sind kinderleicht im Netz zu finden, Preisgestaltung
und Angebot sind großteils einsehbar. Vertiefende Informationen von den
Anbietern zu erfragen, ist schwer. Wir mussten deshalb zu einem Mittel
greifen, das in der Branche weitestgehend akzeptiert ist: Unsere Pfade zu
verschleiern. Als von den Panama Papers besorgter Geschäftsmann getarnt,
haben wir die Firmen per E-Mail um ein Angebot gebeten.
## Die Problemlage
Wenn Sie sich für eine steuervermeidende Offshore-Konstruktion entscheiden,
gilt: Für all Ihre wirtschaftlichen Aktivitäten, die dem deutschen Fiskus
bereits bekannt sind, ist es zu spät. Künftige Geschäfte sollten Sie
deshalb von Anfang an in Rechtsgebieten ansiedeln, die der weltweiten
Finanzkontrollphobie trotzen. Die erfolgt unter dem Dach der OECD: Ab 2017
werden sich viele Staaten automatisch gegenseitig darüber informieren, ob
ihre jeweiligen Staatsbürger Konten im Ausland unterhalten oder
Firmenanteile besitzen. Mit dabei sind Steueroasen wie die Virgin Islands
und die Seychellen. Eine echte Bedrohung für Ihre bisherigen
Offshore-Aktivitäten.
## Die Lösung
1. Achten Sie bei der Wahl Ihres Offshore-Dienstleisters darauf, dass er
Panama, Bahrain, Vanuatu und Nauru im Angebot hat. Die machen noch nicht
mit beim OECD-Datenaustausch.
2. Fragen Sie nach der Möglichkeit, Ihren steuerlichen Wohnsitz zu
verlagern. Viele Rechtsgebiete bieten entsprechende Zertifikate, die Ihr
Dienstleister beschafft.
3. Der sollte unbedingt „Facta“ kennen. Das ist die Abkürzung des
Programms, mit dem die USA und andere Staaten fürs Geldeintreiben wichtige
Informationen austauschen. Die US-Regierung macht nämlich beim
OECD-Datensharing nicht mit, übermittelt aber trotzdem Ihre Kontodaten an
Deutschland. Das Schöne: In vielen US-Bundesstaaten wie Delaware, Nevada
oder Wyoming können Sie eine Offshore-Firma eröffnen, ohne dass Ihr Name in
einem Register auftaucht. Eröffnen Sie dann ein Bankkonto auf den Namen der
Firma – und Schäuble schaut ins Rohr.
4. Achten Sie auf kreative Lösungen. Einige Dienstleister nutzen die
Digitalwährung Bitcoin, mit deren Hilfe Sie ihr Offshore-Geld anonym nach
Deutschland transferieren können. Andere entdecken neue Rechtsgebiete wie
Ras Al Khaimah, kurz RAK. Das ist eine unabhängige Provinz der Vereinigten
Arabischen Emirate: höchste Rechtssicherheit, keine Unternehmensregister
mit persönlichen Informationen, Büros in Dubai (gute Fluganbindung) und das
Beste: Die OECD hat RAK nicht als „Steueroase“ gebrandmarkt.
5. Achten Sie auf die attraktive Rechtsform der Foundation, ähnlich der
Stiftung. Sie erlaubt in vielen Rechtsgebieten elegant das Einsetzen von
Geschäftsführern oder Verwaltern ohne, dass Sie irgendwo auftauchen.
6. Ganz wichtig: Fragen Sie danach, ob Ihr Dienstleister Ihre Daten
verschlüsselt. Das ist der beste Schutz gegen Leaks. Verschlüsselte Panama
Papers wären nutzlos gewesen.
## Die Zukunft
Denken Sie selbst. Dieser Test ist ohne Gewähr. Und lassen Sie sich nicht
verrückt machen. Die Mühlen der Politik mahlen unendlich langsam.
Großzügige Übergangsfristen lassen Ihnen genug Zeit, Ihr Portfolio zu
überdenken und strategisch neu zu planen. Böse Zungen behaupten: Die
Fristen gibt es nur, weil sonst einige der Steuereintreiber selbst als
Offshore-Liebhaber gegeißelt würden. Wir sitzen alle in einem Boot. Das ist
die beste Versicherung.
***
Offshore-Dienstleister im Test:
Die Firma:
Offshore Companies International, Hongkong
Kommunikation:
Schnelle Antwort, detailliertes Angebot, wenig Fragen: Vorbildlich.
Preisgestaltung:
Individuell, typische Preise von 900 Dollar für eine selbst gemanagte
Offshore-Firma auf den Seychellen, bis 7.000 Dollar für individuelle
Lösungen.
Schäuble-Schutz:
Ja. Sämtliche verbleibende Steueroasen im Angebot, gegen Aufpreis werden
Nominaldirektoren ernannt (vulgo: Strohmänner).
Leak-Protection:
Absolut. Ein „Silicon-Valley-Milliardär“ ist nach OCI-Angaben an der Firma
beteiligt und liefert Verschlüsselungen „nach militärischen Standards“.
E-Mail-Schutz durch Safemail oder Protonmail.
Zusatzfeatures:
Offshore-Konten bei 23 Banken möglich, 31 weitere mit Mittelsmännern,
darunter internationale Großbanken wie HSBC, Standard Chartered, Barclays
Bank.
Gesamturteil:
Der VW-Golf unter den Offshore-Dienstleistern. Der Testsieger. Transparent,
umfangreiche Vorab-Beratung, große Erfahrung. Drei Sterne.
***
## Die Firma:
Startitup HK, Hongkong
Kommunikation:
Schnell, aber verschwiegen.
Preisgestaltung:
Etwas undurchsichtig. Angeblich nur 79 Dollar für eine Offshore-Firma in
Hongkong. Aber: Gebühren an die Behörden nicht enthalten (225 Dollar).
Schäuble-Schutz:
Vermutlich. Strohmänner im Angebot, limitiert auf Hongkong, kein
automatischer Datenaustausch mit Deutschland.
Leak-Protection:
Umfangreiches Programm gegen Hacker.
Zusatzfeatures:
Design eines Logos für die Strohfirma, Sekretärin (149 Dollar/Jahr),
Stempel mit dem Firmenlogo (kostenlos), Visitenkarten (99 Dollar).
Gesamturteil:
Der Sushimeister unter den Offshore-Dienstleistern: Edel, frisch, trotzdem
fischig. Außer Konkurrenz, da auf Hongkong spezialisiert. Zwei Sterne.
***
## Die Firma:
TBA & Associates, Firmensitze unter anderem in den USA, Großbritannien und
Neuseeland
Kommunikation:
Vorbildlich. Persönliche Ansprechpartner, schnelle Antworten. Sehr
übersichtliche All-inclusive-Angebote. Beispiel: Das „Premium Incorporation
Package mit Firmenkonto und Strohmann“ (frei übersetzt) auf dem Inselstaat
Vanuatu kostet 3.900 Dollar im ersten Jahr.
Schäuble-Schutz:
Absolut. Spezialisiert auf Konstrukte über mehrere Steueroasen. Die Firma
empfiehlt eine Stiftung in Panama. Die Stiftung gehöre einer Firma in
Vanuatu, eine andere Firma auf den Cook Island stelle die Geschäftsführung.
Leak-Protection:
Unklar, ob Daten verschlüsselt werden. Allerdings verspricht die Firma,
alle personenbezogenen Daten nach 60 bis 90 Tagen zu löschen. Dafür werden
die Dokumente per Spezialdienst zugestellt. Super Idee.
Zusatzfeatures:
Offshore-Firmen, die mit der komplett anonymen Digitalwährung Bitcoin
zahlen. Geniale Idee.
Gesamturteil:
Der Alltours unter den Offshore-Dienstleistern: Pauschal und preisstabil.
Leichter Abzug bei Datenverschlüsselung. Zwei Sterne.
***
## Die Firma:
Ocra Worldwide, weltweit Dependancen, unter anderem in der Schweiz, Dubai
und Großbritannien
Kommunikation:
Ganz schlecht. Trotz mehrfacher Anfragen keine Antwort auf simpelste
Fragen.
Preisgestaltung:
Intransparent. Keine Angaben auf der Webseite, dafür gute Sammlung üblicher
Gebühren. Beispiel: Anmeldung einer Luxus-Lustjacht auf der Isle of Man
kostet 750 Britische Pfund.
Schäuble-Schutz:
Davon ist auszugehen. Wie wird man sonst Marktführer? Als solcher gilt
Ocra.
Leak-Protection:
Unklar, ob die Firma verschlüsselt: Vorsicht!
Zusatzfeatures:
Einfach alles. Vom Registrieren von Jachten und Flugzeugen in
Bananenrepubliken bis hin zum Erwerb von Immobilien in London zur
Steuervermeidung.
Gesamturteil:
Das Real Madrid der Offshore-Dienstleister: Groß, bekannt, arrogant.
Anti-Steueroasen-Initiativen verteufeln den Marktführer. Das klingt gut, im
Test bestätigten sich diese Lorbeeren aber nicht. Ein Stern.
***
## Die Firma:
Offshore Company Corp., Hongkong, telefonische Beratung über Hotlines etwa
in den USA und Großbritannien
Kommunikation:
Schnell, aber unkonkret, keine Antwort auf Nachfragen.
Preisgestaltung:
Günstig und intransparent. Briefkastenfirma im US-Staat Delaware für nur
249 Dollar, Hongkong 399 Dollar. Aber: Behördengebühren nicht dabei.
Schäuble-Schutz:
Nein. Keine umfangreichen Konstrukte, mit denen die neuen OECD-Regeln
umgangen werden können.
Leak-Protection:
Nein. Zitat auf die Frage, ob Daten geschützt werden: „Bitte beachten Sie,
dass nur persönliche Gespräche verschlüsselt sind.“
Zusatzfeatures:
Nichts. Sehr fantasielos.
Gesamturteil:
Das Frühstücksradio unter den Offshore-Dienstleistern: Schrill, nervig,
uninformiert. Ein Stern.
***
## Die Firma:
The Nestmann Group, Büros in den USA und Österreich
Kommunikation:
Frage: Wie kann ich verhindern, dass deutsche Behörden von meiner
Offshore-Firma erfahren? Antwort: „Sorry, dabei kann Nestmann nicht
helfen.“ WTF?
Preisgestaltung:
39,95 Dollar für „Go Global“ – einer Touchpad-Publikation über
Offshore-Firmen? Für das Geld gibt’s anderswo schon eine Briefkastenfirma.
Schäuble-Schutz:
Nein. Nestmann ist nicht auf Deutschland spezialisiert.
Leak-Protection:
Ja. Kundendaten werden verschlüsselt, kommuniziert wird mittels
pgp-Verschlüsselung.
Zusatzfeatures:
Erster Eindruck: Man kann eine Staatsbürgerschaft kaufen. Stellt sich aber
nur als kostenpflichtiger Newsletter heraus.
Gesamturteil:
Der McDonald´s unter den Offshore-Dienstleistern: Verspricht viel, macht
aber nur Bauchschmerzen. Der Anbieter verkauft überteuerte Bücher und
Newsletter. Null Sterne.
***
## Die Firma:
Unitrust Capital, Kanada
Kommunikation:
Schnell, aber transparent. Will man so jemandem sein Geld anvertrauen?
Preisgestaltung:
Spezialisiert auch auf US-Steueroasen. Briefkastenfirma in Delaware,
Arkansas oder Kentucky für nur 645 US-Dollar.
Schäuble-Schutz:
Nein. Verlangt eine Dokumentation gegen Geldwäsche und eine Verpflichtung,
sich als Kunde an „alle Gesetze und Regularien ihres Heimatlandes zu
halten“. Igitt.
Leak-Protection:
Bietet keinerlei Verschlüsselung an. Wozu auch, legen Wert auf Legalität.
Nichts. Enttäuschend.
Gesamturteil:
Die schwäbische Hausfrau unter den Offshore-Dienstleistern: Bodenständig
und ehrlich. Null Sterne.
15 Apr 2016
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Offshore
Panama Papers
Mossack Fonseca
Geld
Bankkonto
Schwerpunkt TTIP
Staatsfinanzen
David Cameron
Panama Papers
Bargeld
Deutsche Bank
Panama Papers
Panama Papers
Steueroase
Wladimir Putin
Panama Papers
Panama Papers
Panama Papers
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neues Gesetz: Bankenwechsel wird einfacher
Ab dieser Woche greifen die Erleichterungen beim Kontowechsel. Der
aufwändige Papierkrieg entfällt dank des neuen Zahlungskontengesetzes.
taz-Ratgeber für Unternehmen: Wie Sie mit Ceta abkassieren
Umwelt- und Verbraucherschutz gängeln die Unternehmen. Aber jetzt kommt
Ceta, das Handels-abkommen. So profitieren Sie davon.
Steuerhinterziehung in Europa: Einigung vermieden
Die EU-Finanzminister haben sich nun auf gemeinsame Regeln für Konzerne
geeinigt, die Steuern umgehen. Sie gelten nur vorläufig.
Anti-Korruptionsgipfel in London: Cameron führt, wenige folgen
Mehrere Länder wollen effektiver gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung
vorgehen. Damit soll auch die Londoner Immobilienblase platzen.
Nach den Panama Papers: Whistleblower meldet sich zu Wort
Erstmals meldet sich die Quelle, von der die vertraulichen Unterlagen
kommen. Der Whistleblower fordert Konsequenzen für die Hintermänner.
Finanzexperte über den 500-Euro-Schein: „Ich bin ein Fan des Klingelbeutels�…
Die Abschaffung des 500 Euro-Scheins kann helfen, Geldwäsche zu bekämpfen,
sagt Finanzexperte Rudolf Hickel. Aber Bargeld müsse es weiterhin geben.
Deutsche Bank und Finanzkriminalität: Probleme bei Kontrollen
Wieder Ärger für die Deutsche Bank: Kurz nachdem der umstrittene
Chefaufklärer im Aufsichtsrat der Bank aufgegeben hat, räumt die Bank
Versäumnisse ein.
Panama Papers: Online-Datenbank für alle zugänglich
Journalisten machen ab dem 9. Mai die „Panama Papers“ im Netz zugänglich.
Darunter: Informationen zu 21 Steuerparadiesen. Vieles fehlt aber auch.
G 20 kämpft gegen Briefkastenfirmen: Panama zu Gesprächen bereit
Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank wollen Griechenland
retten, die G-20-Staaten brauchen mehr Steuereinnahmen. Panama gibt dem
Druck nach.
Schutz von Geschäftsgeheimnissen: Haben Whistleblower ausgepfiffen?
Wieviel Schutz brauchen Firmen, um vor Spionage sicher zu sein? Mehr,
findet das Europaparlament. Wo bleiben Transparenz und Kontrolle?
Ansprache von Wladimir Putin: Der Präsident und seine Bauchredner
Wladimir Putin sprach wohlinszeniert dreieinhalb Stunden lang mit seinem
Volk. Es ging um die wirtschaftliche Krise und die USA.
Nordkorea nutzte Briefkastenfirma: So klappt's auch mit den Waffendeals
Embargo? Na und? Eine von einem britischen Banker gegründete
Briefkastenfirma soll Nordkorea dabei geholfen haben, die Sanktionen zu
umgehen.
Panama Papers über Hongkong: Das Offshore-Geschäft läuft prächtig
Hongkong ist für geräuschlose Offshore-Geschäfte bekannt. Auch Chinas
Führung nutzt sie und verbietet Berichte über die Panama Papers.
Konsequenzen der Panama Papers: Mossack Fonseca durchsucht
Bislang stellte sich die Anwaltsfirma als Opfer dar. Jetzt prüfen Ermittler
in Panama, ob die Kanzlei in illegale Geschäfte verwickelt war.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.