Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Abgasskandal bei Daimler: Verboten – na und?
> Daimler handelt illegal, findet der Wissenschaftliche Dienst des
> Bundestags. Minister Dobrindt ist das egal, die Aktionäre werden trotzdem
> nervös.
Bild: Kühles Design, gekühlte Abgase
Berlin taz | Bisher fühlte sich der Autokonzern Daimler sicher: Zwar
arbeitet die Abgasreinigung bei vielen Mercedes-Modellen auf der Straße
nicht korrekt. Doch anders als bei Volkswagen, wo eine illegale
Abschalteinrichtung dafür sorgte, dass die Abgase nur bei Labortests
gereinigt wurden, hielt Daimler das eigene Vorgehen für legal: Man
reduziere die Abgasreinigung bei niedrigen Temperaturen lediglich, „um den
Motorschutz zu gewährleisten“, hatte das Unternehmen erklärt. Und das sei
durch eine Ausnahmeregelung in der entsprechenden EU-Verordnung gedeckt.
Dem widerspricht nun der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags.
In einem Gutachten für die Grünen-Fraktion, über das zuerst das ZDF-Magazin
„Frontal 21“ berichtet hatte, zerlegen die unabhängigen Juristen die
Argumentation von Daimler. Der Schutz des Motors dürfe „grundsätzlich keine
taugliche Rechtsgrundlage dafür sein“, um eine Abschalteinrichtung auch bei
Bedingungen greifen zu lassen, die bei normalem, bestimmungsgemäßen
Gebrauch eines Personenkraftwagens typischerweise eintreten“. Die
Temperaturen von 7 bis 10 Grad, bei denen weit überhöhte Abgaswerte
gemessen wurden, rechtfertigten keinesfalls eine Ausnahme.
Als Konsequenz aus dem Gutachten forderte Grünen-Fraktionsvize Oliver
Krischer Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf, „sofort für die
Beendigung dieser skandalösen Praxis zu sorgen“. Doch Dobrindt sieht keinen
Handlungsbedarf, sagte sein Sprecher Ingo Strater auf Anfrage. Auch einen
inhaltliche Einschätzung zum Gutachten lehnte er ab. Rechtliche Fragen wie
diese würden erst im Bericht erörtert, den das Ministerium veröffentlichen
will, wenn die selbst vorgenommenen Abgastests ausgewertet sind. Einen
Termin gibt es dafür weiterhin nicht.
Das Kraftfahrtbundesamt lehnte einen Kommentar zum Bundestags-Gutachten
ebenfalls ab. Nach Informationen der taz hat die Behörde, die Dobrindt
untersteht, auch einen Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) noch nicht
beantwortet: Der Umweltverband hatte Anfang Februar beantragt, einem
Mercedes C220, der in einem Test weit überhöhte Abgaswerte gezeigt hatte,
die Typgenehmigung wieder zu entziehen. In einem ähnlichen Fall, in dem es
um einen Opel ging, hatte das Kraftfahrtbundesamt den Antrag mit der
Begründung abgelehnt, es mangele „an der notwendigen Antragsbefugnis“.
Dagegen hat die DUH Widerspruch eingelegt, um eine Klärung zu erzwingen.
## Drohende Prozesse in den USA
DUH-Anwalt Remo Klinger hat keinen Zweifel, dass die zuständigen Behörden
die Zulassung für die betroffenen Fahrzeuge nicht nur widerrufen können,
sondern sogar müssen. Anderenfalls bestehe „der begründete Verdacht, dass
sie an gegebenenfalls erfüllten Straftatbeständen bei Verwendung von
unzulässigen Abschalteinrichtungen Beihilfe leisten“, schreibt er in einem
Gutachten, das der taz vorliegt.
Daimler selbst bleibt hingegen bei der Einschätzung, nicht illegal zu
handeln. „Diese Vorwürfe weisen wir entschieden zurück“, sagte
Vorstandschef Dieter Zetsche am Mittwoch bei der Hauptversammlung in
Berlin. Doch obwohl sich die Aktionäre über eine deutlich gestiegene
Dividende freuen dürfen, werden sie teilweise nervös – was sich auch am
Aktienkurs zeigt, der in den letzten Monaten trotz guter Unternehmenszahlen
kräftig gesunken ist. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment sprach
bei der Hauptversammlung von „enormen Klage- und Reputationsrisiken“. Auch
andere Aktionäre forderten eine verstärkte Aufklärung.
Denn zumindest in den USA droht dem Konzern eine juristische
Auseinandersetzung. Eine Anwaltskanzlei hat bereits eine Sammelklage
eingereicht; die Umweltbehörde EPA prüft die überhöhten Abgaswerte
ebenfalls. Und auch in Deutschland wird das Thema so schnell nicht
verschwinden: Die Umwelthilfe reichte am Mittwoch eine Klage wegen
irreführener Werbung gegen Daimler ein, und die Grünen im Bundestag denken
laut über einen Untersuchungsausschuss zum Abgasskandal nach.
6 Apr 2016
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Dieselskandal
Alexander Dobrindt
Daimler
Dieter Zetsche
Dieselskandal
Dieselskandal
Smart
Volkswagen
USA
Dieselskandal
Dieselskandal
## ARTIKEL ZUM THEMA
Massenrückruf bei Autobauer: Erst VW, jetzt Daimler
Dem Autohersteller droht offenbar ein Massenrückruf von Fahrzeugen.
Firmenchef Dieter Zetsche muss bei Verkehrsminister Scheuer vorsprechen.
Neue Vorwürfe im Abgasskandal: Gutachter sieht das Recht missachtet
Martin Führ erhebt schwere Vorwürfe gegen Alexander Dobrindt und das
Kraftfahrtbundesamt. Sie hätten bestehende Gesetze falsch ausgelegt.
Kommentar Abgasskandal: Kriminelle Untätigkeit
Alle wissen, dass Autohersteller bei Abgaswerten tricksen. Doch
Verkehrsminister Dobrindt scheint das völlig egal zu sein.
Umweltschützer machen Abgastests: Smart ist schmutziger als ein Lkw
Die Deutsche Umwelthilfe findet bei einem Kleinstwagen von Smart stark
überhöhte Stickoxid-Emissionen. Daimler weist das als „unseriös“ zurück.
Wissenschaft und Wirtschaft: Professor Doktor Volkswagen
Der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn trägt einen Professorentitel der TU
Dresden. Die Anforderungen dafür erfüllt er aber nicht.
Nach dem Abgasskandal bei VW: Den Betrug mit allen Mitteln vertuscht
Der Konzern soll nach der Enthüllung des Skandals in den USA Beweismittel
vernichtet haben. Zudem sollen die VW-Chefs den Betrug bis zuletzt
verheimlicht haben.
Ermittlungen in der VW-Abgasaffäre: Der Druck auf VW steigt
Im VW-Abgasskandal geht es in den USA jetzt auch um Bankbetrug und Verstöße
gegen Steuergesetze. In Europa brodelt es ebenfalls weiter.
Abgas-Manipulationen: VW fürchtete Öffentlichkeit
Der Konzern wollte die Aufarbeitung des Abgasskandals mit den US-Behörden
im Verborgenen klären. Aber die durchkreuzten diesen Plan.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.