| # taz.de -- Zum Tod des Rappers Phife Dawg: Sein Reimstil bleibt unnachahmlich | |
| > Mit seiner Crew A Tribe Called Quest gehörte er zu den Größen des HipHop. | |
| > Nun ist Phife Dawg alias Malik Isaac Taylor im Alter von 45 Jahren | |
| > gestorben. | |
| Bild: Beim Splash!-Festival auf der Bühne: Phife Dawg (Archivbild 2013) | |
| BERLIN taz | Ende der Achtzigerjahre bezog man in Deutschland das Wissen | |
| über neue Rapper vor allem aus HipHop-Platten. Oder von Tapes, die Freunde | |
| aus New York mitbrachten, wenn sie dort DJ-Mixe beim Sender Kiss FM | |
| aufgenommen hatten. Im Radio lief hierzulande so gut wie kein Rap, es gab | |
| kaum Berichte in den Medien und noch kein Internet, also waren Dankeslisten | |
| auf Plattencovern eine wichtige Informationsquelle und man forstete sie | |
| akribisch nach unbekannten Namen durch. | |
| Auf einer dieser Platten aus New York wurde vom baldigen Beginn der „New | |
| School“ verkündet. Was konnte das sein, die New School of HipHop? Dann | |
| erschien 1988 „Straight Out the Jungle“ das Debütalbum der Jungle Brothers. | |
| Auf dem Backcover waren die drei Künstler als Wildhüter verkleidet im New | |
| Yorker Central Park zu sehen, auf dem Album wurden alte Soulplatten enorm | |
| funky gesampelt und mit der Drummachine gekoppelt und die Raps waren so | |
| smooth wie nie zuvor. | |
| Außerdem gab es einen richtigen House-Track (“I‘ll House You“). Und bald | |
| darauf wurden die Debütalben von De La Soul „3 Feet High And Rising“ und A | |
| Tribe Called Quest „People‘s Instinctive Travels and the Paths of Rhythm“ | |
| veröffentlicht, ähnlich stilbildend wie das der Jungle Brothers und genauso | |
| abwechslungsreich im Sound, einem Sound, der HipHop für immer verändern | |
| sollte. Die drei Crews zählten sich zur Native Tongues Posse, einem | |
| Künstlerkollektiv, das im New-York-HipHop der frühen Neunziger viele | |
| Strippen zog. | |
| Die Mitglieder der Native Tongues entledigten sich dem Nihilismus jener | |
| Jahre auf künstlerische Weise. In den Raps ging es plötzlich um Blumen, um | |
| Geldbörsen, die verloren gingen oder um eine unglückliche Liebesgeschichte. | |
| Man sprach nun vom Daisy Age des HipHop. Gänseblümchen-Zeit statt Gangsta- | |
| oder Party-Gehabe. Die vorherrschenden Rapmodelle bekamen durch das Daisy | |
| Age ernstzunehmende Konkurrenz. Nun kam der reflektierte Rapper hinzu: | |
| Selbstbewusst, geschichtsbewusst und popaffin, aber durchaus auch | |
| HipHop-Battle gestählt. | |
| ## Der Terrier mit heiserer Stimme | |
| A Tribe Called Quest waren zu viert. Die drei Rapper Q-Tip, Phife Dawg, | |
| Jarobi White und der DJ Ali Shaheed Muhammad. Und sie brachten eine ganz | |
| neue Musikalität in den HipHop, offen für Jazz und Pop. Sie brachten eine | |
| weiche, verletzliche Seite in den HipHop, ohne rührselig zu klingen. Für | |
| ihren Song „Can I Kick it“ sampleten sie etwa Lou Reeds „A Walk on the Wi… | |
| Side“ und Q-Tip und Phife Dawg wechselten sich virtuos bei den Reimen ab. | |
| Q-Tip war der coole Womanizer von A Tribe Called Quest und Phife, der | |
| Terrier mit der heiseren Stimme, der immer ein bisschen mehr um Präsenz | |
| kämpfen musste als die anderen, aber dafür unnachahmliche Verse droppte. | |
| Wenn er rappte, bellte es immer ein bisschen: „But here‘s the real scoop/ | |
| I‘m all that and then some/Short, dark, and handsome/Bust a nut inside your | |
| eye to show you where I come from/I‘m vexed, fuming, I‘ve had it up to | |
| here/My days of paying dues are over/Acknowledge me I‘m there, yeah“, rappt | |
| Phife Dawg in „Scenario“, einem Drum'n‘Bass-artig runtergestrippten Track | |
| vom zweiten, 1991 erschienen ATCQ Album „Low End Theory“. | |
| Dieses Werk sollte ihr Vermächtnis werden, bis heute das HipHop-Album, dass | |
| sich am intensivsten mit Jazz beschäftigt. An seine Dringlichkeit kamen A | |
| Tribe Called Quest auf ihren folgenden drei Alben nicht mehr heran. Als sie | |
| sich Ende der Neunziger Jahre aufgelösten, hinterließen sie zwar ein | |
| schmales, aber dennoch einflussreiches Oeuvre. | |
| ## Von Diabetes gezeichnet | |
| Das heisere, das angestrengte an Phife Dawgs Reimstil war in Wahrheit einer | |
| Diabetes-Erkrankung geschuldet, das erfuhren die meisten Fans erst durch | |
| den Dokumentarfilm „Beats, Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called | |
| Quest“ von Michael Rappoport (2011). Darin geht es vor allem um eine | |
| Band-Reunion, die hauptsächlich zustande kommt, um Krankenhausaufenthalte | |
| und Behandlungskosten von Phife Dawg zu finanzieren. Es ist ein | |
| tieftrauriger, unromantischer Dokumentarfilm, der viel bandpolitisches über | |
| A Tribe Called Quest und nebenbei auch noch etwas über das komplizierte | |
| amerikanische Gesundheitssystem erzählt. | |
| Am Dienstag hat Malik Isaac Taylor alias Phife Dawg die HipHop-Battle gegen | |
| seine Diabetes-Erkrankung verloren. Er wurde nur 45 Jahre alt. Sein Rapstil | |
| ist und bleibt unnachahmlich. | |
| 23 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Julian Weber | |
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