# taz.de -- Kommentar versperrte Flüchtlingsrouten: Alleingelassene Italiener | |
> Die Balkanroute ist dicht, Österreich mauert, Schengen geht dahin. Und in | |
> Libyen warten hundertausende Flüchtlinge auf ihre Überfahrt nach Italien. | |
Bild: Einige Wenige werden freundlich empfangen. Der Rest muss sehen, wo er ble… | |
Aus deutscher Sicht mag es bizarr klingen, aber in Italien – über Jahre mit | |
Lampedusa Symbolland der Flüchtlingskrise – waren die Flüchtlinge in den | |
letzten Monaten zum zweitrangigen Thema geworden. Die dramatischen Bilder | |
kamen nun anderswoher: aus Lesbos, Idomeni, Serbien oder Mazedonien. | |
Gewiss, auch in Italien kamen im Jahr 2015 immer noch 150.000 Flüchtlinge | |
an. Ihre Zahl jedoch war um einiges niedriger als 2014, sie lag zudem weit | |
unter der Millionenzahl derer, die die Balkanroute nahmen; vor allem aber | |
galt weiterhin: Das Gros der in Italien eintreffenden Flüchtlinge und | |
Migranten zog weiter, nach Norden, über die Alpen. | |
Ebendiese Entwicklung könnte sich nun umkehren. Die Balkanroute ist dicht, | |
in Libyen dagegen warten einige hunderttausend Menschen darauf, in die | |
Boote zu steigen. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres hat sich | |
die Zahl der Ankommenden schon fast verdoppelt. Wirklich ernst aber wird es | |
für Italien, weil nun Österreich auch an der Brennergrenze Militär | |
aufbieten will, um die Einreisen zu kontrollieren. | |
Dublin kippen, Schengen erhalten: Dies war in den letzten Jahren die | |
Strategie der italienischen Regierung gewesen. Das Gegenteil droht nun. | |
Schengen wäre mit der Abriegelung des Brenners de facto suspendiert, Dublin | |
dagegen ist vorerst weiter in Kraft, ohne dass die von Italien geforderte | |
Europäisierung der Flüchtlingspolitik absehbar wäre. | |
Ausgerechnet jenes Land, das Angela Merkel den lautesten Beifall für ihre | |
Wende in der Flüchtlingskrise zollte, könnte sich nun als Opfer der | |
gegenwärtigen Entwicklungen wiederfinden, als Opfer, das schlechter | |
dastünde als je zuvor in den vergangenen Jahren. „Allein gelassen“ sahen | |
sich die Italiener – in gelinder Übertreibung angesichts der Zahl der | |
Flüchtlinge, die weiterreisten – schon zuvor, diesmal könnten sie es | |
wirklich sein. Und erneut wäre Europa ein Stück weniger europäisch. | |
3 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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