# taz.de -- Verfassungsreform in Italien: Stabile Regierungen, bessere Gesetze | |
> Das Parlament verabschiedet die Verfassungsreform. Regierungschef Matteo | |
> Renzi verbucht einen Erfolg. Und spekuliert auf viel mehr Macht | |
Bild: Ein zufriedener Regierungschef. Matteo Renzi vor der internationalen Pres… | |
Rom taz | Mit der Verabschiedung der Verfassungsreform am Dienstag konnte | |
Ministerpräsident Matteo Renzi seinen größten politischen Erfolg erzielen. | |
361 der 630 Abgeordneten stimmten der Reform zu, während die | |
Oppositionsfraktionen der Abstimmung fernblieben. | |
Stabilere Regierungen, ein effizienterer Gesetzgebungsprozess: Dies waren | |
die zentralen Ziele der Reform, die Renzi seit seinem Regierungsantritt vor | |
gut zwei Jahren zu seinem Hauptanliegen gemacht hat. Das Vorhaben klingt | |
plausibel, schließlich hat Italien seit 1946 schon 64 Regierungen gesehen. | |
Und schließlich ist die Verabschiedung von Gesetzen besonders zäh, da das | |
Land bisher über zwei völlig gleichberechtigte Kammern verfügt, das | |
Abgeordnetenhaus und den Senat. | |
Die weitgehende Entmachtung des Senats ist denn auch der Kernpunkt des | |
Verfassungsumbaus. Statt 315 wird es künftig nur noch 100 Senatoren geben, | |
entsandt von den Regionen. Bisher galt, dass jede Regierung in beiden | |
Häusern das Vertrauen haben musste, dass jedes Gesetz von beiden Kammern | |
abgesegnet werden musste. | |
In Zukunft dagegen wird allein das Abgeordnetenhaus der Regierung das | |
Vertrauen aussprechen; auch bei der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes | |
wird der Senat nicht mehr gefragt. Bindend ist die Zustimmung des Senats | |
nur noch bei internationalen Verträgen, bei Verfassungsreformen, bei der | |
Wahlgesetzgebung und beim Familienrecht. | |
## Automatische Mehrheiten | |
Die Regierung hat in Zukunft auch deshalb eine weitaus stärkere Stellung, | |
weil in den letzten Monaten auch das Wahlrecht für das Abgeordnetenhaus | |
verändert wurde. Bei den nächsten Wahlen wird die stärkste Partei | |
automatisch 54 Prozent der Sitze erhalten, wenn sie mehr als 40 Prozent der | |
Stimmen erhält. Sollte keiner diese Hürde überwinden, dann gehen die beiden | |
stärksten Parteien in die Stichwahl – und der Sieger erhält dann den | |
Mehrheitsbonus. | |
Der künftige Regierungschef hätte damit eine Macht, über die bisher kein | |
Vorgänger verfügte. Er wäre nicht mehr auf zerstrittene Koalitionen | |
angewiesen, er müsste nicht mehr mit unterschiedlichen Mehrheiten in den | |
beiden Häusern zurechtkommen, er würde nicht mehr durch das Ping-Pong | |
zwischen Abgeordnetenhaus und Senat gebremst. | |
Ehe es soweit kommt, muss die Verfassungsreform noch durch ein Referendum. | |
Voraussichtlich im Oktober werden die Italiener abstimmen, gegenwärtig gilt | |
ein Ja als sicher. Renzi bindet zugleich sein Schicksal an das Votum; bei | |
einem Nein will er sich aus der Politik zurückziehen. | |
13 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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