# taz.de -- Demo zum Frauen*kampftag in Berlin: Ein Zeichen für Frauenrechte | |
> Vor dem „Weltfrauentag“ haben in Berlin Tausende für feministische Themen | |
> demonstriert. Es war laut, emotional – und divers. | |
Bild: „Riot statt Rosen“ im Regen. | |
BERLIN taz | Petrus ist kein Feminist. Sonst hätte er dafür gesorgt, dass | |
sich die grauen Regenwolken verziehen, die am Sonntag über Berlin hängen. | |
Doch wer sich von Kapitalismus, Patriarchat und Faschismus nicht | |
kleinkriegen lassen will, der oder dem macht nasskaltes Wetter wenig aus. | |
Immerhin 5.000 Menschen kamen laut den Veranstalter*innen auf dem | |
Rosa-Luxemburg-Platz zusammen, um ein Zeichen für Frauenrechte zu setzen. | |
Zum dritten Mal hatte ein Bündnis aus Parteien und politischen Gruppen zur | |
bundesweiten Demonstration im Vorfeld des Weltfrauentags am 8. März | |
aufgerufen, der hier als „Frauen*kampftag“ firmiert. | |
Der Protest ist bunt, laut und divers. Die Frauen, Männer und Menschen, die | |
sich keiner dieser Kategorien zuordnen wollen und für die das Sternchen | |
steht, trommeln, rufen und klatschen. Manche tragen Highheels und roten | |
Lippenstift, andere Gummistiefel und Dreadlocks, sie kommen aus | |
Aserbaidschan, Spanien oder Berlin-Wedding. | |
So unterschiedlich wie die Teilnehmer*innen sind die Anliegen. Viele wollen | |
ihre Geschichten erzählen. So wie Wafa, der es, wie so viele hier, bei | |
seinem Vornamen belässt. Der 34-Jährige Mann mit der roten Wollmütze lebt | |
seit vier Monaten in Deutschland. Er ist aus dem iranischen Teil Kurdistans | |
geflohen. „Ich habe dort für die Rechte von Frauen gekämpft, obwohl das | |
verboten ist“, erzählt er. „Hier will ich damit weitermachen.“ Eines Tag… | |
glaubt er, werden alle Frauen frei sein. | |
## Wo der Feminismus heute steht | |
Auch Bernd und Patrick, zwei Männer aus Berlin, beide Mitte 50, finden | |
Gleichberechtigung wichtig: „arbeitsplatzmäßig“, „in Bezug auf bessere | |
Kinderbetreuung“ und gerade „für Alleinerziehende“. Hinter ihnen ziehen | |
gerade Frauen mit Plakaten vorbei. „Smash the patriarchy“, steht dort, | |
„Frauen* für den Frieden“ oder „be radical, love your body“. Dazwischen | |
hüpfen Luftballons, dicke Regentropfen zerplatzen auf bunten Schirmen. | |
In Gesprächen und am Redner*innenpult zeigt sich, wo der Feminismus heute | |
steht. Einerseits gibt es die Klassikerthemen: für Gleichberechtigung und | |
gegen Ausbeutung oder sexualisierte Gewalt. Andererseits kommen neue | |
Debatten auf: die Situation geflüchteter Frauen, die Vorfälle an Silvester | |
in Köln oder die Erfolge rechter Bewegungen, die besonders Sprecherin | |
Friederike Benda für eine „enorme Gefährlichkeit“ hält. | |
Dass Feminismus nicht überholt ist, findet auch die 16-jährige Schülerin | |
Ailan. Sie ist mit ihren Freundinnen Mayki und Leen zur Demo gekommen. „Ich | |
merke das, weil ich im Haushalt mehr machen muss als mein Bruder“, sagt | |
sie. Und in der Schule sei es oft schwer, sich gegen die Jungs | |
durchzusetzen. | |
„Auf dem Papier ist viel geschafft, aber in der Praxis müssen wir | |
weiterkämpfen“, findet Rovshana Orujova, die ihr Plakat an einem Besenstiel | |
befestigt hat. „Ich benutze ihn nicht zum Reinigen, sondern zum | |
Demonstrieren“, sagt sie. „Wo ist der Platz der Frauen in der | |
Gesellschaft?“, fragt Mariana. Die 36-Jährige beschäftigt sich schon lange | |
mit dem Thema. „Frauen lieben Schuhe, Frauen lieben Shoppen“ – solche | |
Aussagen ärgern sie. | |
Die Kampagne „Riot statt Rosen“ kritisiert wiederum, dass Gewerkschaften am | |
„Frauen*kampftag“ Blumen verteilen würden. „Feministisch kämpfen bedeut… | |
für uns, sexistische und rassistische Herrschaftsverhältnisse anzugreifen“, | |
üben sie Grundsatzkritik. Das ist wohl auch der kleinste gemeinsame Nenner | |
auf der sonst so vielfältigen Demo: Aufstand statt Blumen. | |
Nur einer hat es nicht verstanden. Der Mann, der rote Rosen verteilt. | |
6 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Hannah Weiner | |
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