# taz.de -- Refugee-AktivistInnen und Verbündete: „Die Bewegung ist keine he… | |
> Aktivistin LaToya Manly-Spain kämpft gegen die Unterdrückung der Frau. | |
> Gespräch über Verbündete, weiße Privilegien, Machtverhältnisse und | |
> Solidarität. | |
Bild: Kampf der patriarchalen Welt: LaToya Manly-Spain sieht Seximus als Teil u… | |
taz: Frau Manly-Spain, wie verbinden Sie feministische Kämpfe mit | |
antirassistischen Kämpfen? | |
LaToya Manly-Spain: Die Unterdrückung der Frau steht nicht allein da. Ich | |
sehe sie als Teil der ganzen Unterdrückungen in der Männerwelt, der | |
patriarchalen Welt. Für mich als schwarze Frau sind all diese | |
Unterdrückungen ein Anliegen, mein Kampf ist verbunden mit dem Kampf gegen | |
Kapitalismus, Neoliberalismus, Imperialismus. So lange das alles besteht, | |
ist es nicht möglich, die Unterdrückung von Frauen zu beenden. | |
Ist es manchmal schwierig, dafür zu sorgen, dass feministische Anliegen | |
nicht untergehen zwischen all den anderen Kämpfen? | |
Klar. Alles, was wir in der großen Welt sehen und bekämpfen, begegnet mir | |
auch in der Bewegung wieder. Seien es weiße Privilegien oder ungleiche | |
Machtverhältnisse. Die Bewegung ist keine heile Welt. Das erfordert sehr | |
viel Selbstreflexion und es ist ein Prozess. Man muss hart arbeiten und | |
gucken, dass man diese Strukturen nicht reproduziert. | |
Das hat sich auch bei der Refugee-Conference auf Kampnagel gezeigt. | |
Aktivistinnen haben dort eine Bühne besetzt, weil sie nicht genug zu Wort | |
kamen. | |
Ja, aber es war kein Eklat… | |
… [1][wie die taz behauptet hatte]. | |
Es war viel mehr ein starkes Signal. Sexismus gibt es in der Gesellschaft | |
und in der Bewegung, da muss noch viel gegen gemacht werden. Ich fand es | |
schön, dass die Frauen so viel Mut hatten, das zum Thema zu machen. | |
Das haben nicht alle so empfunden. | |
Aber alle Frauen, glaube ich. Und auch viele Männer. Die, die das nicht gut | |
fanden, sind, glaube ich, eine Minderheit. | |
Was war die Kritik der Frauen? | |
Ein Punkt war das mit dem Women‘s Space. | |
Ein Schutzort für Frauen auf der Konferenz, den Männer nicht betreten | |
durften, der allerdings weit abgeschieden hinter den anderen Gebäuden auf | |
Kampnagel lag. | |
Das war von UnterstützerInnen organisiert, die viel Kontakt mit | |
Refugee-Frauen in Unterkünften haben. Die Frauen dort beschweren sich | |
häufig, dass sie keinen geschützten Raum haben. Nur bei so einer Konferenz | |
kommen Aktivistinnen, die seit Jahren kämpfen und die nicht woanders sein | |
wollen als die Männer. Wir wollen im gleichen Raum agieren wie sie. Aber | |
das ist immer ein Problem, wenn man mit kolonialen Gedanken jemandem helfen | |
will, und nicht die Frauen selbst fragt, was sie brauchen. | |
Waren denn keine Refugee-Frauen dabei, als das entschieden wurde? | |
Nicht viele, eine oder zwei vielleicht. Ich selbst war dagegen, den Women‘s | |
Space dort zu machen, wo er war. Ich finde, wir Frauen haben so lange | |
gekämpft, wir wollen nicht wieder nach hinten geschoben werden. Letztlich | |
war es dann einfach für eine andere Zielgruppe. | |
Wie meinen Sie das? | |
Es gibt eine Lücke zwischen den neu ankommenden Frauen und denen, die hier | |
schon lange leben. Da müssen die länger hier lebenden Migranten oder | |
anerkannten Flüchtlinge eine Brückenfunktion übernehmen, damit es nicht zu | |
solchen Missverständnissen kommt. Das hat in dem Fall nicht so gut | |
geklappt. | |
Eine Refugee-Frau sagte auf der Konferenz: „Wir wollen nicht unterstützt | |
werden. Jeder soll seinen Kampf kämpfen, und wenn wir uns auf Augenhöhe | |
begegnen, kämpfen wir zusammen.“ Was sagen Sie dazu? | |
Es gibt da verschiedene Ansichten. Die eine Seite sagt, man kann die Kämpfe | |
nicht vermischen. Unser Kampf ist unserer und euer ist eurer. Denn wegen | |
der ungleichen Machtverhältnisse werden die UnterstützerInnen immer | |
dominant wirken. Gleichzeitig ist es so, dass man nicht alleine lebt. Man | |
kann auch nicht alleine die globalen Probleme lösen. Da ist die Frage, wie | |
Solidarität aussehen kann. Ich glaube schon, dass es möglich ist, gute | |
Kollaborationen zu machen. Aber es braucht Ehrlichkeit und man muss am | |
Anfang klar machen, wofür man steht. Ich sage auch lieber Verbündete als | |
UnterstützerInnen oder Supporter. | |
Warum? | |
Supporter hört sich an, als würde jemand Hilfe brauchen, der nicht allein | |
stehen kann. Da ist was Paternalistisches in dem Wort, was ich nicht mag. | |
Wie ist das bei Verbündeten? | |
Da ist ein Ziel, man klärt: Was ist euer Anliegen? Also, Rassismus, Klasse, | |
Kapitalismus. Dann ist klar: Der eine kämpft für das, ich für das und | |
zusammen sind wir stark. Mit Supportern ist manchmal nicht klar: Werden die | |
Refugees supportet oder wird ein Kampf unterstützt? | |
Was ist der Unterschied? | |
Manchmal wird es so stark auf Personen fokussiert, dass man vergisst, um | |
welche Sache es geht. Wenn man Refugees unterstützt, ist das eher | |
humanitäre Hilfe. Wenn ich als Verbündete handele, habe ich bestimmte | |
Forderungen und Richtlinien. Dann muss man gucken: Sind meine und deine | |
Forderungen gleich? Wenn das so ist, kann etwas wie die Sache mit dem | |
Women‘s Space nicht passieren. Aber wenn man personenbezogen arbeitet, | |
passiert es leicht. Dann kann man sagen: Die Frauen im Camp haben sich | |
beschwert, dass sie keinen Ort haben. Aber dann ist man wieder bei | |
Sozialarbeit. | |
Wie kann Solidarität unter Verbündeten aussehen? | |
Wenn ich einen Kampf gegen Anti-Black-Rassismus führe, können meine | |
Verbündeten fragen: Was brauchst du? Aber sie können nicht die Richtung | |
bestimmen. | |
8 Mar 2016 | |
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[1] /Eklat-bei-Fluechtlingskonferenz-Hamburg/!5282015 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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