# taz.de -- Endlager für atomaren Abfall: Konzerne mit begrenzter Haftung | |
> AKW-Betreiber sollen die Endlagerkosten teilweise abgeben dürfen. Über | |
> die Details eines Deals mit den Energieriesen wird noch gestritten. | |
Bild: Wohin damit? Die Haftung für die Endlagerkosten ist noch unklar. | |
Berlin taz | Hoffnung für RWE, Eon, EnBW und Vattenfall: Die vier | |
Atomkonzerne werden nur in begrenztem Ausmaß für mögliche Mehrkosten bei | |
der Zwischen- und Endlagerung von Atommüll haften müssen. | |
Das geht aus dem Entwurf des Abschlussberichts der Atomfinanz-Kommission | |
hervor. Sie erarbeitet im Auftrag der Bundesregierung ein Konzept, wie die | |
Finanzierung des Atomausstiegs sichergestellt werden kann. Offiziell | |
vorgestellt werden soll der Bericht am kommenden Montag; ob es bis dahin | |
gelingt, alle noch offenen Fragen zu klären, ist nach Aussagen von | |
TeilnehmerInnen aber offen. | |
Hintergrund ist die Krise der großen Energiekonzerne: Sie haben in ihren | |
Bilanzen zwar finanzielle Rückstellungen für den Rückbau der Atomkraftwerke | |
und die Zwischen- und Endlagerung gebildet. Durch Atomausstieg sowie durch | |
die Energiewende und den damit einhergehenden Strompreisverfall an der | |
Börse hat sich ihre wirtschaftliche Situation aber erheblich | |
verschlechtert. Daher ist fraglich, ob sie die Kosten des Atomausstiegs wie | |
gesetzlich vorgeschrieben in Zukunft tatsächlich tragen können. | |
Die Kommission, die von Jürgen Trittin (Grüne), Ole von Beust (CDU) und | |
Matthias Platzeck (SPD) geleitet wird, sieht beim Rückbau der AKWs nur | |
wenig Handlungsbedarf: Die dafür gebildeten Rückstellungen sollen – | |
geringfügig aufgestockt – bei den Konzernen verbleiben, in Zukunft aber | |
transparenter ausgewiesen werden. „Die komplette Übertragung von | |
Vermögenswerten in Höhe sämtlicher Rückstellungen gefährdet die | |
Unternehmen“, heißt es im Entwurf, der der taz vorliegt. | |
Eine entscheidende Veränderung schlägt die Kommission hingegen für die | |
Zwischen- und Endlagerung des Atommülls vor: Die dafür notwendigen Mittel | |
sollen von den Konzernen an einen staatlichen Fonds übertragen werden. Im | |
Gegenzug übernimmt der Staat die Verantwortung für den Atommüll. Zur | |
finanziellen Beteiligung der Konzerne an möglichen Mehrkosten macht die | |
Kommission zwei Vorschläge. | |
Entweder zahlen die Betreiber nur die bisher für Zwischen- und Endlagerung | |
gebildeten Rückstellungen in den Fonds ein – dann würden sie für künftige | |
Kostensteigerungen haften, aber maximal bis zum doppelten der eingezahlten | |
Summe und nur bis zur Fertigstellung des Endlagers. Kostensteigerungen, die | |
darüber hinausgehen oder später eintreten, müssten die SteuerzahlerInnen | |
tragen. | |
Die Alternative, zu der nach taz-Informationen eine Mehrheit der | |
Kommissionsmitglieder tendiert, sieht vor, dass die Unternehmen an | |
künftigen Mehrkosten überhaupt nicht beteiligt würden. Im Gegenzug müssten | |
sie neben ihren Rückstellungen noch einen zusätzlichen „angemessenen | |
Aufschlag“ an den staatlichen Fonds abführen; dessen Höhe ist im Entwurf | |
noch nicht beziffert. | |
Umweltverbände und Linke reagierten mit scharfer Kritik auf die Pläne. „Die | |
Atomkonzerne bekommen ein milliardenschweres Steuergeschenk, das man nur | |
als illegale Subventionierung bezeichnen kann“, sagte der atompolitische | |
Sprecher der Linken, Hubertus Zdebel. Der BUND kritisierte, dass das | |
„Verursacherprinzip zu großen Teilen ausgehebelt“ werden solle. Die | |
Anti-Atom-Initiative „Ausgestrahlt“ forderte, Dividendenzahlungen der | |
Atomkonzerne sofort zu unterbinden. „Es kann nicht sein, dass die | |
AKW-Betreiber Milliarden an ihre Aktionäre ausschütten, während die | |
Allgemeinheit für ihren Atommüll aufkommen soll“, sagte Armin Simon. | |
23 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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