# taz.de -- US-Studie zu Atommüllendlagern: Salzstöcke nicht ganz dicht | |
> Eine US-Studie rät von Endlagern in kristallinen Formationen ab. Das | |
> „Hauptargument für Gorleben“ sei nun weggebrochen, sagen Umweltschützer. | |
Bild: Ist bald Schluss mit Salz? Erkundungsbergwerk in Gorleben. | |
GÖTTINGEN taz | Atomkraftgegner frohlocken schon: Nach der Veröffentlichung | |
einer US-Studie, die sich kritisch mit der Einlagerung von radioaktiven | |
Abfällen in Steinsalz auseinandersetzt, sehen sie sich in ihrer Skepsis | |
gegenüber einem Endlager im niedersächsischen Gorleben bestätigt. „Nun | |
steht Salz noch massiver infrage als bisher“, sagte am Montag Wolfgang | |
Ehmke von der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Mit den | |
neuen Erkenntnissen sei den Gorleben-Befürwortern nun „das Hauptargument | |
weggebrochen“. | |
Es geht um eine Untersuchung von Geophysikern der University of Texas in | |
Austin. Diese beschreibt im Wissenschaftsmagazin Science die Umstände, | |
unter denen sich Salzstöcke durch geologische Prozesse verformen. In der | |
Folge bildeten sich winzige Kanäle in den kristallinen Formationen, durch | |
die Wasser, andere Flüssigkeiten oder Gase einsickern könnten. | |
Erste Hinweise auf die bislang unerforschten Prozesse erhielten die | |
Forscher durch Messungen von Erdöl- und Salzlaugenanteilen in rund 50 | |
Bohrlöchern des Konzerns Statoil im Golf von Mexiko. Im unteren Teil war | |
das die Bohrlöcher umgebende Salz porös. Durch die winzigen Risse und | |
Kanäle konnten Salzwasser und Erdgas das Salz durchströmen. | |
Im Labor überprüften die Forscher die Beobachtungen. Resultat: Schon eine | |
natürliche Verformung der Salzstöcke im Untergrund kann winzige, isolierte | |
Poren zwischen den Salzkristallen dehnen und sie dadurch untereinander in | |
Kontakt bringen. Selbst in als dicht geltenden Verbindungen von | |
Salzkristallen können dann Risse auftreten. | |
## Forscherin: „Potentielle Durchlässigkeit“ | |
Salz könne also auch „ohne Bergbauaktivitäten durchlässig werden“, betont | |
Koautor Marc Hesse. Seine Kollegin MašaProdanovićergänzt: „Die neuen | |
Informationen sagen uns, dass es eine potenzielle Durchlässigkeit gibt. | |
Dies sollte daher mit einbezogen werden, wenn man entscheidet, wo und wie | |
atomarer Abfall gelagert werden soll.“ | |
Grundsätzlich kommen nach bisherigem Wissensstand Salz, Ton und Granit als | |
Wirtsgesteine für die Einlagerung stark strahlender und Wärme entwickelnder | |
radioaktiver Abfälle in Betracht. In Deutschland werden bislang Salzstöcke | |
favorisiert. Sie gelten in nicht von Stollen und Gängen durchzogenem | |
Zustand als undurchlässig gegenüber Gasen und Flüssigkeiten. Zudem hat Salz | |
eine hohe Wärmeleitfähigkeit – was wichtig ist, weil der Atommüll über | |
einen langen Zeitraum Hitze abgibt. | |
Ob die US-Studie sich auf den Endlager-Diskurs auswirkt, bleibt zunächst | |
offen. Das Bundesamt für Strahlenschutz erklärte auf taz-Anfrage, im Rahmen | |
der Standortsuche werde jeder potenzielle Standort individuell bewertet | |
werden. Derzeit entwickelt noch bis Mitte 2016 eine Kommission des | |
Bundestags Kriterien für eine spätere Endlagersuche. | |
Umweltschützer mahnen indes zum Innehalten. „Wir stehen aus unserer Sicht | |
erst am Anfang der Endlagerforschung und nicht vor Entscheidungen, die | |
nicht mehr reversibel sind“, sagt Wolfgang Ehmke. Es bleibe nun abzuwarten, | |
ob die Endlagerkommission in der Lage sei, die wissenschaftlichen Hinweise | |
aus den USA zu berücksichtigen, „oder ob sie unbeirrt an der Tiefengeologie | |
und vor allem an Salz als Endlagerformation festhält“. | |
1 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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