# taz.de -- Kommentar Papstbesuch in Mexiko: Mehr Geschichte als Gegenwart | |
> Die Reise nutzt dem Image des Papstes als Anwalt der Armen deutlich mehr | |
> als den Armen selbst. Konflikte in der Gegenwart vermeidet er. | |
Bild: Papst mit Mariachi-Hut. | |
Papst Franziskus hat vor seinem Mexiko-Besuch große Erwartungen geweckt. | |
Menschenrechtsorganisationen, Indigene, die Angehörigen von Verschwundenen | |
– sie alle hatten darauf gehofft, der Argentinier werde Partei ergreifen, | |
werde ihnen helfen, im immer komplizierten Gefüge mexikanischer Politik | |
Gehör zu finden. | |
Doch auf direkte Parteinahme verzichtet der Papst. Er flüchtet in die | |
großen Linien der Historie, wenn er von der Ausbeutung und dem Landraub | |
spricht, den „andere“ den Indigenen angetan haben. Er tritt zwar ans Grab | |
des seinerzeit als „Zapatistenpriester“ geschmähten Bischofs Samuel Ruiz in | |
San Cristóbal de las Casas. Aber Javier Solalinde, jenen Priester, der sich | |
aufopfernd und ständiger Bedrohung ausgesetzt um die durch Mexiko Richtung | |
USA reisenden Migrant_innen kümmert, trifft er nicht. | |
Dieser Besuch, so steht bis jetzt zu vermuten, nutzt dem Image des Papstes | |
als Anwalt der Armen deutlich mehr als den Armen. Die katholische Kirche, | |
das weiß der Argentinier nur zu genau, braucht genau dieses Bild in | |
Lateinamerika, will sie nicht weiter an Boden verlieren. Doch nur scheinbar | |
vereint Franziskus mit seinen Gesten die durchaus kämpferische Attitüde | |
vieler Armenpriester zwischen Mexiko und Argentinien mit dem Antlitz des | |
obersten Hirten im Vatikan. | |
Der Mexiko-Besuch erscheint insofern in einer Reihe mit der Seligsprechung | |
Bischof Romeros in El Salvador und anderen solchen Gesten. Franziskus | |
vollzieht eine historisch durchaus bedeutsame Eingemeindung der Helden der | |
Vergangenheit, er kittet frühere Zerwürfnisse, ohne aber die heutige Kirche | |
offensiv in Stellung zu bringen. | |
Natürlich ist das alles besser, als wenn er den Weg der Johannes Pauls und | |
Ratzingers weitergehen würde. Aber er nutzt vor allem seiner eigenen | |
Institution, der Kirche. Die heutigen Bedrohten finden in Papst Franziskus | |
keinen Partner, auf den sie zählen könnten. | |
17 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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