# taz.de -- Regierungskrise in der Ukraine: Für Jazenjuk wird es eng | |
> Der Generalstaatsanwalt schmeißt hin. Und Tausende fordern in Kiew den | |
> Rücktritt von Premierminister Arsenij Jazenjuk und seinem Kabinett. | |
Bild: Was will Jazenjuk uns damit sagen? | |
KIEW taz | Vor der Rada, dem ukrainischen Parlament im Herzen Kiews in der | |
Gruschewskajastraße, gab es am Dienstagnachmittag kein Durchkommen mehr. | |
Mehrere Tausend Menschen hatten sich versammelt, um den Rücktritt von | |
Premierminister Arsenij Jazenjuk und seiner verhassten Regierung zu | |
fordern. | |
Noch zahlreicher als die Demonstranten war nur noch die Polizei. Aus allen | |
Teilen des Landes waren Hundertschaften nach Kiew zusammengezogen worden. | |
Bereits am Morgen waren den Passanten im Stadtzentrum die vielen Polizisten | |
aufgefallen, die in U-Bahn-Stationen und Seitenstraßen Kiews | |
patrouillierten. Zunächst war es nur eine kleine Gruppe von hundert | |
Demonstranten der nationalistischen UNSO und der Swoboda-Partei, die sich | |
um einen Galgen aus Holz vor dem Parlament versammelt hatte. Dieser, so ein | |
Teilnehmer, sei symbolisch für Regierungschef Arsenij Jazenjuk vorgesehen. | |
Jazenjuk, der auf dem Maidan erst bekannt geworden sei, sei gleichzeitig | |
einer der größten Verräter der Maidan-Bewegung. Die Transparente erinnerten | |
in ihrer Wortwahl an die Plakate des Maidan vor einem Jahr: „Jaresko und | |
Hontarewa, wie viel Profite habt ihr gemacht, als ihr uns Ukrainer an | |
russische Banken verkauft habt?“, hieß es da. Gemeint waren | |
Finanzministerin Natalija Jaresko und die Chefin der Notenbank, Walerija | |
Hontarewa. | |
Gegen 16 Uhr füllten sich Platz und Straße vor dem Parlament. Mehrere | |
Tausend Menschen, die zuvor auf dem 500 Meter entfernten Maidan der ersten | |
Toten des Februar 2015 gedacht hatten, hatten sich ohne nationalistische | |
Fahnen ebenfalls auf den Weg zum Parlament gemacht. | |
## Einig in der Rücktrittsforderung | |
So unterschiedlich die politische Gesinnung der Protestierenden war, einig | |
war man sich in der Forderung nach einem Rücktritt von Premier Jazenjuk. | |
„Ich bin vor einem Jahr auf dem Maidan gewesen, habe dort unter Gefahr für | |
mein Leben gegen den korrupten Präsidenten Wiktor Janukowitsch gekämpft. | |
Das habe ich doch nicht gemacht, um nun einen Präsidenten und einen Premier | |
zu haben, die nicht besser sind als die Politiker, die wir vor einem Jahr | |
aus dem Amt gejagt haben“, empört sich Alexander. Er hat auf sein | |
Transparent eine Pistole geheftet, mit der sich Jazenjuk am besten | |
erschießen solle. | |
Es scheint eng zu werden für den Noch-Premier Jazenjuk. Am späten | |
Nachmittag forderte Präsident Poroschenko seinen Premierminister und seinen | |
Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin zum Rücktritt auf . Letzterer kam dieser | |
Aufforderung nach. „Mir reicht ein Rücktritt von Jazenjuk nicht“, empört | |
sich Larissa. „Poroschenko ist schuld an der ganzen Korruption im Land“, so | |
die pensionierte Krankenschwester. „Solange der Präsident nicht geht, werde | |
ich weiter demonstrieren.“ | |
16 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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