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# taz.de -- Abgaswerte für Dieselfahrzeuge: Etwas weniger Gestank
> Das Europäische Parlament stimmt neuen Werten bei Abgastests zu. Die
> Übergangsregeln sind jedoch sehr großzügig für die Industrie.
Bild: Die Karnevalisten in Mainz haben ihren eigenen Kommentar zu Abgaswerten
Brüssel taz | Am Ende war die Autolobby stärker als die Umweltschützer. Mit
323 zu 317 Stimmen hat das Europaparlament am Mittwoch in Straßburg nach
hitziger Debatte für neue Abgastests für Dieselfahrzeuge gestimmt, die der
Autoindustrie großzügige Hintertüren für höhere Schadstoffemissionen
öffnen.
Eine absolute Mehrheit von 376 Stimmen wäre nötig gewesen, um den
Kompromissvorschlag der EU-Kommission zu kippen. Doch Grüne, Linke und
Sozialdemokraten scheiterten an dieser Hürde. Die Abgeordneten von CDU/CSU
setzten sich mit anderen Konservativen und Liberalen durch. Von einem „Sieg
der Vernunft“ sprachen die Christdemokraten. Die neuen Werte könnten bei
der Luftreinhaltung helfen, sagte Herbert Reul (CDU).
„Sie machen die Grenzwertüberschreitung zum Gesetz“, klagte die grüne
Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms nach der Abstimmung. Der nun
verabschiedete Entwurf sieht zwar bessere Abgastests unter realen
Fahrbedingungen und schärfere Grenzwerte für gesundheitsgefährdende
Stickstoffemissionen vor.
Plumpe Manipulationen im Labor wie bei Volkswagen sollen so künftig
ausgeschlossen werden. Doch gleichzeitig lässt die EU neue Tricks zu: Die
Grenzwerte sollen nämlich durch sogenannte Faktoren aufgeweicht werden.
Brüssel rechnet mit Abweichungen nach oben – und legt sich nicht einmal
fest, wann damit Schluss sein soll.
## Noch 5 Jahre mit alten Werten
Der jetzt beschlossene Kompromiss sieht vor, dass ab 2017 neue
Fahrzeugmodelle einen 110 Prozent höheren Wert (Faktor 2,1) bei
Stickstoffoxiden aufweisen dürfen, bevor die Grenze ab 2020 auf 50 Prozent
(Faktor 1,5) sinkt. Bei der Zulassung von Neuwagen sollen die Regeln erst
ab 2019 beziehungsweise 2021 gelten.
Die großzügigen Ausnahmen waren von Industrieexperten hinter verschlossenen
Türen festgelegt worden. Selbst dringende Appelle von Großstädten wie
Paris, Madrid und Mailand, die besonders unter den Kfz-Emissionen leiden,
konnten die Mehrheit der Parlamentarier nicht umstimmen.
Das Europaparlament habe sich selbst entmachtet und unglaubwürdig gemacht,
kritisierten nun die Grünen. „Die Interessen der Automobilindustrie
scheinen ihnen letztendlich wichtiger zu sein als die Gesundheit der
Bürgerinnen und Bürger“, schimpfte Claude Turmes aus Luxemburg. Das
Argument der Industrie, dass eine Ablehnung der abgeschwächten Grenzwerte
die Einführung der besseren Testverfahren verzögern würde, sei falsch. Die
neuen Tests hätten auch nach einem Veto des Parlaments wie geplant
eingeführt werden können, so Turmes. Für alle neu zugelassenen Fahrzeuge
sollen sie sowieso erst ab 2019 gelten. Zeit für eine bessere Vereinbarung
hätte es also durchaus gegeben.
Von einer „vertanen Chance“ sprach Matthias Groote, umweltpolitischer
Sprecher der SPD im Europaparlament. Die unterlegenen Abgeordneten wollen
nun versuchen, wenigstens im neu eingesetzten Untersuchungsausschuss zum
VW-Skandal Boden gutzumachen. Nach dem Diesel-Gate dürfe dies nicht alles
gewesen sein, hieß es in Straßburg.
3 Feb 2016
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Europäisches Parlament
Abgase
Diesel
Alexander Dobrindt
EU-Kommission
Grüne
Automobilindustrie
VW-Abgas-Skandal
USA
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