| # taz.de -- Doch noch Regierung für Katalonien: Überraschung in Barcelona | |
| > Um doch noch eine Koalition für die Unabhängigkeit zu bilden, tritt der | |
| > bisherige Regierungschef Mas zurück. Auch die Linken müssen Federn | |
| > lassen. | |
| Bild: Am Sonntag auf dem Balkon des Regierungspalastes in Barcelona: alles für… | |
| Madrid taz | Förmlich in letzter Minute haben sich das separatistische | |
| Bündnis Gemeinsam für das Ja (JxS) und die linksnationalistische, | |
| antikapitalistische Kandidatur der Volkseinheit (CUP) geeinigt damit | |
| Neuwahlen abgewendet. Der bisherige Regierungschef Artur Mas macht „einen | |
| Schritt zu Seite“ und tritt nicht zur Wiederwahl im Parlament an. | |
| Neuer Regierungschef wird mit Carles Puigdemont, Bürgermeister von Girona, | |
| ein enger Vertrauter von Mas. JxS und CUP halten zusammen 72 der 135 | |
| Abgeordneten im katalanischen Autonomieparlamentes – und damit die absolute | |
| Mehrheit. Puigdemont wird jetzt den vereinbarten „Fahrplan“ umsetzen. | |
| Dieser sieht die Schaffung einer eigenständigen Republik Katalonien binnen | |
| 18 Monaten vor. | |
| Die CUP hatte bereits vor der Wahl am 27. September erklärt, dass sie auf | |
| gar keinen Fall Mas unterstützen werde. Eine Basisversammlung bestätigte | |
| dies vor einer Woche. Mas ist für die CUP ein rotes Tuch. Er hat in den | |
| Jahren der Wirtschafts- und Finanzkrise für eine strenge Sparpolitik | |
| verantwortlich gezeichnet. | |
| Außerdem gab es in seinem Umfeld mehrere Korruptionsskandale. Obwohl die | |
| CUP letztendlich Mas zu Fall bringt, geht die antikapitalistische Formation | |
| aus den Verhandlungen schwer angeschlagen hervor. | |
| Die Linksnationalisten machten Zugeständnisse, die für viele ihrer Wähler | |
| nur schwer nachvollziehbar sein dürften. „Man muss Fehler in der | |
| kriegerischen Haltung gegenüber JxS anerkennen“, heißt es im Abkommen. Als | |
| Akt der Selbstkritik sollen mehrere Abgeordnete, die der Formation von Mas | |
| besonders kritisch gegenüberstehen, ihren Sitz im Parlament für Nachrücker | |
| räumen. Zwei Abgeordnete der CUP treten in die JxS-Fraktion über. | |
| Damit hat der neue Regierungschef Puigdemont eine stabile Mehrheit im | |
| Parlament. Außerdem verpflichten sich die verbleibenden acht Abgeordneten | |
| der CUP-Fraktion, „auf keinen Fall mit den Gruppen im Parlament zu | |
| stimmen“, die dem Unabhängigkeitsprozess ablehnend gegenüberstehen. „Was | |
| uns die Urnen nicht direkt gegeben habe, haben wir mit Verhandlungen | |
| korrigiert“, erklärte Mas zufrieden. Er verkündete, dass er sich nicht aus | |
| der Politik zurückziehen werde. | |
| Die Madrider Regierung erwischt die Einigung zwischen JxS und CUP kalt. | |
| Ministerpräsident Mariano Rajoy rechnete wie die meisten Beobachter mit | |
| einem Scheitern der Verhandlungen und mit Neuwahlen im März. Das hätte | |
| Rajoy selbst mehr Zeit gegeben. Denn der Konservative ist seit den | |
| spanischen Parlamentswahlen vom 20. Dezember nur noch provisorisch im Amt. | |
| Er steht vor schwierigen Regierungsbildung in einem Parlament mit vier | |
| großen Fraktionen. | |
| ## Wirkung auf Verhandlungen in Madrid | |
| In einem Kommuniqué spricht Rajoy von der Notwendigkeit, eine Regierung | |
| „auf eine breite parlamentarische Basis zu stützen“. Er wünscht sich eine | |
| große Koalition aus Volkspartei, Sozialisten und Ciudadanos. | |
| PSOE-Spitzenkandidat Pedro Sánchez möchte davon nichts wissen. Er will auf | |
| Podemos zugehen, um eine linke Regierung zu bilden. | |
| Allerdings trennt die beiden Parteien genau das Thema Katalonien. Podemos | |
| verlangt eine Volksabstimmung für Katalonien, auch wenn die Partei selbst | |
| für die Erhaltung der Einheit Spaniens eintritt. Die PSOE will davon nichts | |
| wissen. „Es werden Tage starken Drucks für eine großen Koalition kommen“, | |
| prophezeit die katalanische Zeitung La Vanguardia. „Die Chancen für eine | |
| linke Allianz rund um Sánchez werden geringer […]. Zu den Verfechtern eine | |
| großen Koalition gehören einflussreiche sozialistische Regionalfürsten und | |
| die wichtigsten Unternehmen Spaniens.“ | |
| 10 Jan 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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