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# taz.de -- Krise in Burundi: Tote bei Angriff auf Militärbasen
> Soldaten riegeln die Hauptstadt ab, nachdem Militäreinrichtungen
> attackiert wurden. Es gibt Berichte über Festnahmen und Hinrichtungen.
Bild: Straßenposten des Militärs in Burundis Hauptstadt Bujumbura.
Berlin taz | In Burundi hat die blutigste Gewalt seit dem gescheiterten
Militärputschversuch vom Mai zahlreiche Tote gefordert und eine Welle
schwerer Repression gegen Regierungsgegner nach sich gezogen.
Nach offiziellen Angaben starben am Freitag morgen 12 „feindliche
Angreifer“ bei einem zurückgeschlagenen Versuch bewaffneter
Untergrundkämpfer, drei Militärbasen am nördlichen und südlichen Stadtrand
der Hauptstadt Bujumbura zu erstürmen. Unabhängige Quellen sprechen von
mehreren Dutzend Toten, darunter auch Regierungssoldaten.
Nach Regierungsangaben wollten die Angreifer Waffen erbeuten, um danach die
Gefängnisse zu stürmen, in denen zahlreiche mutmaßliche Rebellen
festgehalten werden. Im Laufe des Tages wurde die Lage in Bujumbura
zunehmend unübersichtlich. Regierungstreue Soldaten riegelten die
Hauptstadt komplett ab und errichteten zahlreiche Straßensperren.
Oppositionelle sagen, an diesen Straßensperren würden Regimegegner
abgeführt, um danach hingerichtet zu werden. Sie verbreiteten im Internet
zahlreiche Fotos von gefolterten und gefesselten Leichen, die Opfer dieser
Aktionen zeigen sollen.
## Erinnerung an den Bürgerkrieg in Ruanda
Es sollen auch Tutsi, die kollektiv als Feinde des Präsidenten und
ehemaligen Hutu-Rebellenführers Pierre Nkurunziza gelten, gezielt von der
Präsidialgarde bei solchen Kontrollen herausgefiltert und abgeführt worden
sein.
Solche Vorgänge würden an Ruanda in den Jahren des Bürgerkrieges 1990-94
erinnern, bevor der organisierte Völkermord an den Tutsi einsetzte.
Befürchtungen, auch in Burundi drohe so ein Völkermord, machen regelmäßig
die Runde, auch bei der UNO.
Unabhängige Bestätigungen gab es für die neuen Vorwürfe nicht. Das in
Burundi sehr respektierte Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)
erklärte, seine Mitarbeiter in Bujumbura könnten sich aus
Sicherheitsgründen nicht in der Stadt bewegen; man hoffe, bald „Hilfe
leisten zu können“.
Der Flughafen der burundischen Hauptstadt wurde geschlossen.
## Immer mehr bewaffnete Untergrundbewegungen
Seit der umstrittenen Wiederwahl des Präsidenten Pierre Nkurunziza zu einer
verfassungswidrigen dritten Amtszeit im Juli haben sich immer mehr
bewaffnete Untergrundbewegungen in Burundi gebildet, und in Reaktion gehen
die regierungstreuen Teile der Sicherheitskräfte immer härter gegen
Regimegegner vor. Fast jede Nacht und jeden Tag kommt es zu Gewaltakten in
Oppositionshochburgen der Hauptstadt.
Das Muster ist oft ähnlich: Irgendwo explodiert eine Granate, in Reaktion
geht die Polizei in Deckung und eröffnet in Richtung der mutmaßlichen
Angreifer das Feuer. Dabei sterben oft Unbeteiligte – am vergangenen
Samstag ein neunjähriger Junge im Stadtteil Cibitoke, den seine Eltern
gerade zum Einkaufen geschickt hatten.
Es gibt auch gezielte Tötungen im Rahmen des von der Regierung
angekündigten Kampfes gegen den „Terrorismus“ in Burundis Hauptstadt. So
starben am Mittwoch fünf Menschen im Stadtteil Mutakura, als die Polizei
das Stadtviertel abriegelte, dann auf Suche nach mutmaßlichen Rebellen ging
und schließlich am späten Vormittag fünf junge Männer in einem offenen
Lastwagen wegbrachte.
Ihre Leichen wurden wenig später auf der Straße entdeckt, jeder mit einem
einzigen Kopf- oder Bauchschuss getötet, berichtete die unabhängige Zeitung
Iwacu, die wie alle unabhängigen Medien Burundis nur noch im Internet
publiziert.
## EU droht, die Zusammenarbeit mit Burundi einzustellen
Die Webseite des führenden burundischen Radiosenders RPA (Radio Publique
Africaine) zitierte einen Augenzeugen: „Man hat die Männer gezwungen, sich
auf der Straße hinzuknien, und dann wurde aus der Nähe auf sie das Feuer
eröffnet.“ Dem Bericht zufolge waren zwei der fünf serst am Vortag aus der
Haft freigekommen – sie hatten sieben Monate im Gefängnis gesessen, weil
sie im Frühjahr an den damaligen Massenprotesten gegen Nkurunzizas dritte
Amtszeit teilgenommen hatten.
Vor wenigen Wochen hatte die Regierung die wichtigsten
Menschenrechtsgruppen und unabhäöngigen Zivilgesellschaftsorganisationen
Burundis „suspendiert“. Am Dienstag hatte die EU, Burundis wichtigster
Geldgeber, in Reaktion gedroht, ihre Zusammenarbeit mit Burundi
auszusetzen.
Die USA haben bereits gezielte Sanktionen gegen einzelne mutmaßliche
Gewaltanstifter aus Burundi verhängt. Burundis Regierung kritisiert solche
Maßnahmen scharf und sagt, damit würden die „Terroristen“ ermutigt.
11 Dec 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
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