# taz.de -- UN zu Burundi: Die Angst vor dem Völkermord | |
> Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist ratlos über ein Land „am | |
> Abgrund“. Ruandas Präsident fordert den Kampf gegen „das Böse“. | |
Bild: Flucht aus Bujumbura, der Hauptstadt Burundis. | |
BERLIN taz | Das Wort „Völkermord“ steht im Raum, und endlich nimmt sich | |
die Weltgemeinschaft auf höchster Ebene der Krise in Burundi an. Fast auf | |
den Tag genau ein halbes Jahr nachdem ein Militärputsch gegen Präsident | |
Pierre Nkurunziza niedergeschlagen wurde und der Sicherheitsapparat des | |
Präsidenten begann, gnadenlos gegen Oppositionelle vorzugehen, trat am | |
Montag in New York der UN-Sicherheitsrat zur Lage in Burundi zusammen. | |
240 politische Morde seit April, fast jeden Morgen neue Leichen auf den | |
Straßen, Folter durch Geheimdienst und Polizei, ein Klima der Angst – | |
dieses düstere Bild zeichnete der Leiter der UN-Menschenrechtskommission, | |
Zeid Ra‘ad al Hussein. | |
Er forderte den Rat auf, „alle Optionen“ zum Handeln zu prüfen, von | |
Finanzsanktionen bis hin zum Eingreifen unter Kapitel VII der UN-Charta. | |
280.000 Menschen seien aus Burundi geflohen; in den Flüchtlingslagern | |
würden bewaffnete Gruppen Kämpfer rekrutieren. Burundi stünde „am Abgrund�… | |
Die Sitzung fand kurz nach Beginn einer von Präsident Pierre Nkurunziza | |
angekündigten Anti-Terror-Operation statt, in der Oppositionshochburgen | |
nach Waffen und verdächtigen Personen durchsucht werden. Die Operation | |
begann am Sonntag in Mutakura, im Norden der Hauptstadt Bujumbura; sie | |
wurde am Montag auf Musaga im Süden ausgedehnt, wo ein junger Mann von der | |
Polizei erschossen wurde, und am Dienstag auf Nyakabiga und Jabe. Derweil | |
wurde am Dienstag in Bujumbura der erschossen aufgefundene Sohn des | |
Menschenrechtlers Jean-Claver Mbonimpa, Well Fleury Nzotinda, beigesetzt. | |
Jeden Tag vermelden Bujumburas Internetmedien mittlerweile die Zahl der im | |
Morgengrauen auf den Straßen aufgefundenen Toten. Am Montag waren es drei, | |
darunter ein pensionierter Armeeoffizier. Am Sonntag waren es vier gewesen, | |
einer davon ohne Kopf. In der Vorwoche gab es eine Leiche mit | |
herausgerissenem Herz. Oppositionelle sagen, dass Polizei und | |
regierungstreue Milizen die Bevölkerung terrorisieren. | |
## Angst vor regionalem Konflikt | |
Jenseits möglicher Finanz- und Reisesanktionen scheint dem | |
UN-Sicherheitsrat dazu nicht viel einzufallen. Es überwiegt noch die Angst | |
vor einem regionalen Konflikt, falls Burundis Hutu-Präsident Pierre | |
Nkurunziza die Hetze seines Staatsapparats gegen Burundis Tutsi lenkt und | |
diese Schutz von Ruandas Tutsi-Präsident Paul Kagame erwarten. Kagame | |
äußerte sich in einer Rede am Freitag viel schärfer als alle Redner beim | |
UN-Sicherheitsrat. „Wie können sich die Führer erlauben, von morgens bis | |
abends ihre Bevölkerung zu massakrieren?“, sagte er anlässlich einer | |
Preisverleihung in Ruandas Hauptstadt Kigali. | |
Burundis Präsident, so Kagame laut RFI, „schließt sich ein, niemand weiß, | |
wo er sich versteckt, niemand kann mit ihm reden. Wie kann er so tun, als | |
ob er sein Land regiert? Jeden Tag sterben Menschen, Leichen liegen auf den | |
Straßen, und das nennen sie ‚politische Probleme‘; was ist das für eine | |
Politik? ... Wir Ruander müssen uns vor dem Bösen schützen. Wir müssen | |
kämpfen, damit das Böse nicht zu uns zurückkehrt.“ | |
Burundis Präsidentensprecher Willy Nyamitwe nannte diese Rede „unerhört und | |
eines Staatschefs unwürdig“ und warnte, Burundi behalte sich „eine | |
angemessene Reaktion“ vor. Dem UN-Sicherheitsrat sagte Nyamitwe dann, | |
Burundi „steht nicht in Flammen“ und die Medien würden verschweigen, dass | |
der Großteil des Landes „ruhig“ sei. Burundi sei bereit, mit seinen | |
Partnern zusammenzuarbeiten, damit es keinen Völkermord gebe. | |
10 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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