# taz.de -- Urteil in Burundi erwartet: „Ich konnte nicht einfach nichts tun�… | |
> Gegen 28 mutmaßliche Verantwortliche für den versuchten Putsch vom Mai | |
> 2015 soll ein Urteil ergehen. Unter ihnen ist der | |
> Ex-Verteidigungsminister. | |
Bild: Präsident Pierre Nkurunziza auf dem Weg zur Stimmabgabe, Juli 2015. | |
Kampala taz | Am Freitag wird das Urteil in Burundis derzeit wichtigstem | |
Prozess erwartet. Das Oberste Gericht in der Provinzstadt Gitega im Herzen | |
des kleinen Landes soll über 28 Angeklagte richten, die im Mai des | |
vergangenen Jahres den gescheiterten Putschversuch gegen Präsident Pierre | |
Nkurunziza angeführt hatten. Auf der Anklagebank sitzt auch der | |
Exverteidigungsminister Cyrille Ndayirukiye. | |
Der General gilt als der zweite Anführer und stritt dies vor Gericht nicht | |
ab. Er bekannte sich schuldig. In seinem Schlussplädoyer vergangene Woche, | |
adressiert direkt an Präsident Nkurunziza, erklärte er seine Motive: die | |
Wiederherstellung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, ganz nach | |
Verfassung. „Ich diene meinem Volk“, erklärte er. | |
Seine Anwälte argumentierten, die Befehlsverweigerung, die man ihm | |
anlastete, sei ein legitimer Widerstand gewesen. Die Verfassung verbiete | |
eine dritte Amtszeit des Präsidenten. „Ich konnte nicht einfach nichts tun, | |
während die Polizei die Bevölkerung ermordet, der Präsident Fußball spielt | |
und die Armee Unentschlossenheit zeigte“, erklärte Ndayirukiye und machte | |
deutlich, dass ihm ein faires Verfahren verwehrt wurde. | |
Die unverhältnismäßige Gewalt, mit welcher die Polizei gegen die | |
Demonstranten vorgegangen war, habe die Armeegeneräle bewogen, den | |
Staatsstreich zu wagen, als Präsident Nkurunziza zu einem Gipfel der | |
Ostafrikanischen Union ins Nachbarland gereist war, so der General vor | |
Gericht. | |
## Jeden Morgen liegen Leichen auf der Straße | |
Seine drei Anwälte, darunter ein Belgier, wurden selbst vom Gericht | |
beschuldigt, in den Putsch verwickelt zu sein. Sie erhielten bis zuletzt | |
keine Akteneinsicht. Seit dem gescheiterten Putschversuch im Mai 2015 | |
herrscht in dem kleinen Land Terror: Jeden Morgen liegen Leichen auf den | |
Straßen – mit verbundenen Armen, per Kopfschuss exekutiert. Die Polizei | |
durchsucht nachts Häuser, nimmt willkürlich Leute fest. Die UN spricht von | |
bis zu 400 Toten, und das UN-Flüchtlingshilfswerk meldet 280.000 | |
Flüchtlinge in den Nachbarländern. | |
In manchen Vierteln der Hauptstadt Bujumbura stehen ganze Straßenzüge leer, | |
weil die Polizei dort gezielt gegen die Einwohner vorgeht – es sind die | |
Stadtteile, in denen im vergangenen April und Mai die Menschen gegen die | |
dritte Amtszeit des Präsidenten protestiert hatten. | |
Vertreter der Oppositionsparteien sowie außerparlamentarischer | |
Oppositionsgruppen im Exil waren Ende Dezember nach Uganda gereist, um | |
unter der Schirmherrschaft von Ugandas Präsident Yoweri Museveni einen | |
Dialog zu starten. Die Regierungsdelegation beschuldigte einige | |
Oppositionsvertreter, bewaffnete Rebellen zu unterstützen und verweigerte | |
Gespräche. | |
Nach dem gescheiterten Putsch hatten sich Teile der Armee abgesetzt. | |
Mittlerweile formierten sich in den Wäldern entlang der Grenze zu Ruanda | |
mindestens zwei Rebellengruppen. Die jüngste, Forebu, erklärte in einer | |
Neujahrsansprache, sie werde Nkurunziza zur Not mit Gewalt stürzen. Auch in | |
Ostkongo wurden jüngst mutmaßliche burundische Rebellen festgenommen. | |
„Der Präsident versteckt sich im Landesinneren“, heißt es aus | |
Diplomatenkreisen in Bujumbura. Die Lage sei ernst und hoffnungslos. | |
Die letzte Hoffnung war ein Dialog, doch der ist festgefahren. Museveni ist | |
selbst mit Wahlkampf beschäftigt – seine eigene Amtszeitlimitierung hat er | |
schon abgeschafft. | |
Die Internationale Gemeinschaft übt Druck aus, die Friedensgespräche in | |
Arusha fortzusetzen, im Nachbarland Tansania. Dort war auch 1993 der | |
Friedensvertrag besiegelt worden, der den ethnischen Bürgerkrieg in Burundi | |
beendete. | |
15 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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