# taz.de -- Opposition in Aserbaidschan: Leila Junus ist wieder frei | |
> Die Menschenrechtsaktivistin darf das Gefängnis verlassen – wegen | |
> gesundheitlicher Probleme. Eine Klage wegen Hochverrats ist weiter | |
> anhängig. | |
Bild: Leila Junus im Jahr 2012. | |
Berlin taz | Die aserbaidschanische Menschenrechtlerin Leila Junus ist | |
wieder frei. Am Mittwoch durfte sie das Gefängnis verlassen. Eine | |
entsprechende Entscheidung des Berufungsgerichtes in der Hauptstadt Baku | |
wurde mit dem schlechten Gesundheitszustand der 59jährigen begründet. Zudem | |
wandelte das Gericht die verbleibende Haft- in eine Bewährungsstrafe um, | |
verwies jedochausdrücklich darauf, dass der Schuldspruch aufrecht erhalten | |
werde. | |
Ein Video, das am Mittwoch vor dem Gerichtsgebäude aufgenommen wurde, zeigt | |
eine sichtlich gebrochene Frau mit einem aufgedunsenen Gesicht, die sich | |
auf ihren Mann Arif und einen Stock stützen muss, um überhaupt gehen zu | |
können. Leila Junus leidet seit längerem an schwerer Diabetes und Hepatitis | |
C. Zudem hatte sie mehrfach von brutalen Mißhandlungen durch | |
Gefängnismitarbeiter seit ihrer Inhaftierung im Juli 2014 berichtet. | |
Bereits am 12. Novemeber 2015 hatte Junus`Mann Arif, Historiker und | |
ebenfalls Menschenrechtsaktivist, das Gefängnis verlassen können – | |
ebenfalls wegen schwerer gesundheitlicher Probleme. Seitdem steht der | |
60jährige unter Hausarrest. | |
Junus und sein Frau Leila waren im vergangenen August wegen Betruges und | |
Steuerhinterziehung zu sieben bzw. achteinhalb Jahren Haft verurteilt | |
worden. Zahlreiche internationale Organisationen hatten den Prozess als | |
„rein politisch motiviert“ kritisiert. | |
Derartige Justiz-Farcen, zumal wenn Regierungskritiker vor Gericht stehen, | |
haben im Land des autoritären Staatspräsidenten Ilham Alijew Methode. | |
Angaben von Menschenrechtsorganisationen zufolge sind in Aserbaidschan | |
derzeit rund 80 Personen aus politischen Gründen inhaftiert. | |
## Angeblich Spionage für Armenien | |
Festgenommen worden war das Ehepaar Junus bereits im Juli 2014 unter dem | |
Vorwurf von Wirtschaftsverbrechen sowie angeblicher Spionage für das | |
verfeindete Nachbarland Armenien. Dieses Verfahren wegen Hochverrats ist | |
übrigens immer noch anhängig. | |
Das Engagement von Leila und Arif Junus in Sachen Menschenrechte reicht | |
lange zurück. Die 59Jährige Leila, die die französische Tageszeitung Le | |
Monde als „eine der letzten Dissidentenstimmen Aserbaidschans“ bezeichnete, | |
war bereits zu Sowjetzeiten in der Kaukasusrepublik aktiv. | |
Im Jahr 1988 war sie Mitbegründerin der Nationalen Bewegung für | |
Unabhängigkeit, der Volksfront von Aserbaidschan, die sich für die | |
Unabhängigkeit Aserbaidschans einsetzte. Vom Jahr des Zusammenbruchs der | |
Sowjetunion 1991 bis 1995 war sie Chefin der Unabhängigen Demokratischen | |
Partei Aserbaidschans. Während des Krieges zwischen Armenien und | |
Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach (1992-1994) versuchte Leila Junus | |
zwischen den beiden Staaten zu vermitteln. | |
Im Jahr 1994 gründete sie in Baku das Institut für Frieden und Demokratie | |
(IPD), das sie bis heute leitet. Neben der Aussöhnung mit Armenien | |
engagiert sich das Institut für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt oder | |
von Menschenhandel geworden sind, sowie für die Rechte politischer | |
Gefangener. 2011 wurde das Büro des Instituts in Baku auf Anordnung der | |
Behörden von Bulldozern niedergewalzt und das gesamte Archiv zerstört. | |
Sie sei im Lager zu Staub gemacht worden, antwortete Leila Junus am | |
Mittwoch auf Fragen, wie sie sich fühle und fuhr dann mit einem leicht | |
abgewandelten Gedicht des russischen Dichters Fjodor Tjutschew aus dem 19. | |
Jahrhundert fort. „Wir wissen nicht vorauszuahnen, wie andern unser Wort | |
erklingt. Vergebung werdet ihr empfangen, wie es zu danken uns gelingt“, | |
rezitierte sie. Und fügte noch hinzu: „Lest Solschenizyn ...“ | |
9 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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