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# taz.de -- Hausverbot für Flüchtlings-HelferInnen: Ehrenamtliche fliegen raus
> Unterstützer dürfen in einer Celler Notunterkunft keine Asyl-Beratungen
> mehr anbieten. Zuvor hatten sie auf Missstände in der Unterkunft
> hingewiesen.
Bild: Hütten statt Zelte für Flüchtlinge in Scheuen - und Hausverbot für eh…
HAMBURG taz | Die Willkommensinitiative des Celler „Arbeitskreises
Ausländer“ darf nicht länger in der Notunterkunft Scheuen helfen. Am
Mittwoch habe der Leiter der Unterkunft das sechsköpfige Team aufgefordert,
das Gelände sofort zu verlassen, sagt Cornelia Döllermann-Nölting von der
Initiative. Seit Anfang Oktober haben die Ehrenamtlichen an jedem Mittwoch
Geflüchtete in Asylfragen beraten – und dabei Missstände in der Unterkunft
entdeckt.
Vor vier Wochen hatte der Flüchtlingsrat Niedersachsen die Zustände in
Celle öffentlich angeprangert: Die Stadt missachte Kinderrechte, weil in
der Notunterkunft Scheuen [1][über Wochen alleinstehende Kinder und
Jugendliche lebte]n, die laut Gesetz von der Jugendhilfe versorgt werden
müssen. Der Hinweis kam von der Willkommensinitiative. Nun wurden die
Helfer vor die Tür gesetzt.
## „Das Hausrecht haben wir“
Der Leiter der Unterkunft, die vom Malteser Hilfsdienst betrieben wird,
habe „sich bedankt für die Arbeit und gesagt: ‚das wars, wir sollen
gehen‘“, sagt Unterstützerin Döllermann-Nölting. Sie habe gefragt, ob sie
gehen müssten, weil sie sich um die Minderjährigen gekümmert habe. „Es kam
dann keine Antwort, aber es war klar erkennbar, dass dies der Grund ist“.
Die Notunterkunft war Anfang September für zunächst rund 500 Flüchtlinge
aufgebaut worden, die mit einem Sonderzug aus München kamen. Zunächst gab
es nur Zelte, inzwischen auch 250 Hütten aus Kunststoff. „Wir haben eine
Gruppe gebeten, das Gelände zu verlassen“, bestätigt der Sprecher der
Malteser, Michael Lukas. Die Initiative habe sich „wenig konstruktiv
gezeigt“ und auf dem Gelände für Unruhe gesorgt, sagt Lukas. „Es ging nic…
mehr, es gab Konflikte“.
Ohne Betreuung seien die Geflüchteten nicht. Es gebe noch andere
Ehrenamtliche, beispielsweise Deutsch unterrichteten. Wer helfen dürfe,
könne die Leitung bestimmen: „Das Hausrecht haben wir“, sagt der Sprecher.
## Strukturelles Problem
Döllermann-Nöltig will den Rauswurf nicht akzeptieren. „In der Regel hatten
wir Dolmetscherinnen für Arabisch, Albanisch und Farsi dabei und haben so
oder auf Englisch dem größten Teil der Geflüchteten im Lager das deutsche
Asylverfahren erklären können“. Und die Gruppe habe zudem drauf geachtet,
ob unbegleitete Flüchtlinge unter 18 Jahren in der Unterkunft sind.
Eine Asylberatung müsse selbstverständlich sein, sagt Döllermann-Nölting.
Die Unterkunft werde schließlich im Auftrag und auf Kosten des Landes
Niedersachsen betrieben. „Es würde mich schon interessieren, wie das
Innenministerium diesen Vorgang bewertet.“ Von dort war gestern kurzfristig
keine Antwort zu erhalten.
Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat hält das Fehlen der
Asylberatung für ein strukturelles Problem. Zwar gebe es in den acht
Erstaufnahmeeinrichtungen im Land festgelegte Standards, die auch ein
Besuchsrecht umfassen. „NGOs mit glaubhaften Interessen können dort rein
und Beratung anbieten“, sagt Weber.
## Verbindliche Standards fehlen
Anders sei dies jedoch noch in den 20 Notaufnahmen im Land, die im Herbst
aufgebaut wurden, um schnell Wohnraum zu schaffen. „Die betreiben
Katastrophenschutz-Organisationen und die haben auch das Hausrecht“, sagt
Weber. Nötig seien verbindliche Standards. Der Flüchtlingsrat sei darüber
mit dem Innenministerium im Gespräch.
Der Celler Stadtrat Stephan Kassel versichert der taz, dass derzeit keine
alleinreisenden Kinder mehr in Scheuen seien. Man habe Jugendeinrichtungen
mit Betriebserlaubnis geschaffen. Die Ehrenamtlichen hätten die Situation
der Jugendlichen jedoch zu sehr skandalisiert: „Es ist nicht damit
geholfen, auf Rechte hinzuweisen, wenn man keine Chance hat, sie
einzulösen.“
17 Dec 2015
## LINKS
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## AUTOREN
Kaija Kutter
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