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# taz.de -- Hamburg spart sich Grundleistungen: „Sie frieren“
> Laut Gesetz haben Flüchtlinge Anspruch auf Kleidung. Bei der Versorgung
> verlässt sich der Senat allerdings auf Ehrenamtliche.
Bild: Freiwillige Helferinnen sortieren in der Kleiderkammer Hamburg Spenden.
Die Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen tun sich teilweise schwer bei der
Beschaffung von Kleidung für Flüchtlinge. Nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz haben diese zwar einen Anspruch darauf,
eingekleidet zu werden. Der Senat hat diese Aufgabe aber im Wesentlichen
privat organisierten Kleiderkammern, die von Spenden leben, überlassen.
„Ich bin von so vielen gefragt worden, ob ich Herrenschuhe besorgen könne,
weil sie frieren“, erzählt Eva Lobermeyer, die den Flüchtlingen in dem
ehemaligen Baumarkt am Hörgensweg in Schnelsen geholfen hat. Zum Teil
liefen die Leute dort trotz des Herbstwetters in Sandalen oder Flipflops
herum. Der jetzige Träger der Unterkunft, das städtische Unternehmen
Fördern und Wohnen, habe es nicht geschafft, eine Kleiderausgabe
einzurichten.
Schutzsuchenden stehen eine Reihe von Grundleistungen zu, die in der Regel
als Sachleistungen, also nicht in Form von Geld, gewährt werden sollen.
Dazu gehören Essen, Unterkunft und Heizung, Gesundheitspflege,
Haushaltswaren und eben auch Kleidung. Darüber hinaus gibt es ein
monatliches Taschengeld von 143 Euro „zur Deckung aller notwendigen
persönlichen Bedarfe“.
Zumindest Hygieneartikel und Haushaltsgerätschaften werden von Fördern und
Wohnen auch beschafft, sagt die Sprecherin des Landesbetriebes, Susanne
Schwendtke. Zum Thema Kleiderversorgung möchte sie sich grundsätzlich nicht
äußern. Der Senat beantworte gerade eine parlamentarische Anfrage dazu. Ein
Budget pro Flüchtling gibt es nicht. „Wir rechnen alles, was wir in der
Erstaufnahme tun, nach Aufwand ab“, sagt Schwendtke.
Dabei profitiert der Senat von den ehrenamtlich betriebenen Kleiderkammern.
Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es: „Kann Kleidung nicht geleistet
werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen gewährt werden.“ Der Senat
kann sich das sparen, auf die große Spendenbereitschaft der HamburgerInnen
bauen und auf das Engagement der Ehrenamtlichen, die diese Kleider sammeln,
sortieren und verteilen.
Nach Aussage einer Helferin, die anonym bleiben möchte, gibt es dabei
allerdings bisweilen Probleme. So tue sich Fördern und Wohnen teilweise
schwer bei der Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen. „Es gibt eine Menge
Leute, die helfen wollen“, sagt sie. Diese erhielten aber nur schleppend
Ehrenamtsverträge, die es ihnen ermöglichen, die Unterkünfte zu besuchen.
Dem Versuch, in Schnelsen eine Kleiderkammer aufzubauen, seien auf diese
Weise Steine in den Weg gelegt worden.
„Ein Thema ist, dass wir keinen Platz haben für Kleiderkammern“, räumt
Schwendtke ein. „Wir brauchen jeden Platz für Betten.“ In der
Flüchtlingsunterkunft am Hörgensweg sei der Start aber auch besonders
holprig gewesen, weil es dort zu Anfang ja nicht einmal einen Betreiber
gegeben habe.
Wie berichtet, mussten die Menschen zunächst auf Isomatten schlafen. Es
habe Wochen gedauert, bis Betten, Duschen und Waschmaschinen aufgebaut
worden seien, erzählt Lobermeyer. Helfer hätten die Flüchtlinge zum Teil
mit nach Hause genommen, damit sie duschen und waschen konnten.
13 Nov 2015
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Unterbringung von Geflüchteten
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlingshilfe
Flüchtlingspolitik
Behandlung
Flüchtlinge in Niedersachsen
Flüchtlinge
Antisemitismus
Nachtzüge
Asylrecht
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