# taz.de -- Volksbegehren: Alles offen trotz Mieten-Gesetz | |
> SPD und CDU setzen mit den Grünen das Gesetz zu Mietzuschüssen durch. Die | |
> Mieteninitiative lässt dennoch offen, ob sie ihr Volksbegehren stoppt | |
Bild: Trotz des am Donnerstag im Abgeordnetenhaus beschlossenen Gesetzes, das u… | |
Berlin hat seit diesem Donnerstag ein Wohnraumversorgungsgesetz, das | |
Mietzuschüsse, Vergabe von Wohnungen an Bedürftige und dreistellige | |
Ausgaben im Neubau vorsieht. Ob dieser Beschluss des Abgeordnetenhauses | |
ausreicht, um damit wie ursprünglich verabredet das im Frühjahr angelaufene | |
Mietenvolksbegehren zu stoppen, bleibt allerdings offen: Führende Vertreter | |
der hinter dem Begehren stehenden Initiative sagten der taz, dass eine für | |
nächsten Dienstag vorgesehene Abstimmung darüber verschoben ist. Grund sei, | |
dass man weiter auf die Stellungsnahme der Senatsinnenverwaltung über die | |
Verfassungsmäßigkeit des Volksbegehrens warte. | |
Die Mieteninitiative hatte ab Ende März binnen kaum zwei Monaten in der | |
ersten Stufe auf dem Weg zu einem Volksentscheid über sozialere Mieten | |
statt der nötigen 20.000 gültigen Unterstützerunterschriften über doppelt | |
so viele zusammenbekommen. Die SPD, im Senat für die Themen Bauen, Wohnen | |
und Mieten zuständig, hatte schon während der Unterschriftensammlung | |
Gespräche mit der Initiative begonnen – merklich getragen von der Furcht, | |
parallel zur Abgeordnetenhauswahl im September 2016 mit einem | |
Volksentscheid konfrontiert zu sein. | |
Heraus kam ein Kompromiss, den Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel | |
(SPD) und Köpfe der Initiative Mitte August vorstellten. Die damalige | |
Verabredung sah vor, dass die Frontleute der Initiative ihrer Basis | |
empfehlen würden, das Volksbegehren nicht weiter zu führen, wenn aus dem | |
Kompromiss bis November ein Gesetz werden sollte. | |
Diese Empfehlung wollen die führenden Köpfe der Initiative, die die | |
Abstimmung auf der Besuchertribüne des Abgeordnetenhauses verfolgten, | |
vorerst nicht geben. Jan Kuhnert und Melanie Dyck, zwei von fünf | |
sogenannten Gewährspersonen, die offizielle Ansprechpartner der | |
Landeswahlleitung für das Volksbegehren sind, verwiesen gegenüber der taz | |
auf die noch ausstehende Stellungnahme der Innenverwaltung. Die Initiative | |
war nach eigener Darstellung davon ausgegangen, dass diese Bewertung über | |
die Verfassungsmäßigkeit längst vorliegen würde. | |
Solange das nicht der Fall ist, soll es auch keine Abstimmung im Plenum der | |
Initiative geben. Die hatte ihr Sprecher Rouzbeh Taheri für das nächste | |
Aktiventreffen am 17. November angekündigt. Rein rechtlich sind es allein | |
die fünf Vertrauenspersonen, die gegenüber der Wahlleitung über den | |
Fortgang des Volksbegehrens entscheiden. Laut Taheri haben die fünf aber | |
angekündigt, dem Beschluss des Plenums zu folgen. Im Abgeordnetenhaus | |
unterstützten die Grünen den von SPD und CDU eingebrachten Gesetzentwurf – | |
allerdings mit gemischten Gefühlen. „Das Gesetz ist viel mehr, als die SPD | |
je auf den Weg gebracht hätte, aber weniger, als die Mietinitiative und wir | |
erreichen wollten“, sagte die Grünen-Abgeordnete und Mieten-Experten Katrin | |
Schmidberger. Es sei immerhin ein Schritt in die richtige Richtung, „aber | |
eben nur ein erster Schritt.“ Man stimme auch zu, um den Erfolg der | |
Mieteninitiative nicht zu schmälern. | |
Kritik der Opposition – inklusiive der Grünen – genau wie der Initiative | |
gibt es vor allem daran, auf welcher Basis Mieten unterstützt werden | |
sollen. Das jetzt beschlossene Gesetz sieht vor, dass sie maximal 30 | |
Prozent ihres Einkommens für die Nettokaltmiete ausgeben müssen, den Rest | |
trägt das Land. Anders als für die Grünen war das für die Linksfraktion ein | |
Grund, das Gesetz abzulehnen. Deren stadtentwicklungspolitische Sprecherin, | |
Katrin Lompscher, forderte, nicht die Nettokaltmiete, sondern die | |
Gesamtmiete inklusive der oft üppig berechneten Nebenkosten zur Grundlage | |
zu machen. Andernfalls bleibe es dabei, dass viele Mieter die Hälfte ihres | |
Einkommens für ihre Wohnung ausgeben müssten. | |
12 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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