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# taz.de -- Bürgermeister von Lesbos: Fähren für Flüchtlinge
> Wieder sind Boote vor Lesbos gekentert. Rund 3.000 Migranten sind seit
> Jahresbeginn in der Ägäis ertrunken. Tausende sind auf der Balkanroute
> unterwegs.
Bild: Vor der gefährlichen Überfahrt von der Türkei nach Griechenland.
Athen/Zagreb dpa | Nach dem Tod Hunderter Flüchtlinge in der Ägäis hat der
Bürgermeister der griechischen Insel Lesbos, Spyros Galinos, gefordert,
dass künftig Fähren Flüchtlinge direkt und sicher aus der Türkei nach
Griechenland bringen. Solange die EU nicht den geeigneten Druck auf die
Türkei ausübe, den Flüchtlingszustrom zu kontrollieren, bleibe keine andere
Möglichkeit, als diese Menschen zur Registrierung mit Fähren auf seine
Insel zu bringen, damit sie nicht im Meer ertränken. „Wir müssen dieses
Verbrechen beenden“, sagte Galinos der Athener Zeitung Kathimerini. Die
Leichenhallen der Insel seien voll mit Opfern, hieß es.
Jugendorganisationen und Bürgerinitiativen forderten wiederum die Regierung
in Athen auf, die Landesgrenze Griechenlands zur Türkei entlang des Flusses
Evros (türkisch: Meriç) zu öffnen. Dann müssten die Flüchtlinge nicht mehr
die gefährliche Überfahrt von der türkischen Küste zu den griechischen
Inseln unternehmen.
Die Parteijugend der linken Regierungspartei Syriza forderte, dass auch ein
etwa zehn Kilometer langer Zaun an der türkisch-griechischen Grenze
niedergerissen wird. Auch die Regionalgouverneurin der Inseln der
Nordägäis, Christina Kalogirou (Konservative Partei Nea Dimokratia), rief
die Regierung auf, angesichts der schlimmen Lage auf den Inseln, sich die
Öffnung der Landesgrenze (zur Türkei) zu überlegen.
Bislang lehnt die Regierung unter Alexis Tsipras dies ab. Der für die
Migration zuständige stellvertretende Minister Ioannis Mouzalas hatte am
Vortag im griechischen Fernsehen erklärt, dies sei „in dieser Phase aus
technischen Gründen nicht möglich.“
Weiter Tausende in Slowenien
Sicherheitsexperten gehen in Athen davon aus, dass eine Öffnung der rund
200 Kilometer langen Landesgrenze zur Türkei zu einem noch stärkeren
Flüchtlingsansturm führen könnte. Dies würde zu einer dramatischen Erhöhung
des Flüchtlingszustroms in Richtung Westeuropa über die Balkanroute führen,
sagte ein Offizier der Küstenwache am Samstag. „Und das will ja keine
Regierung in Westeuropa“, fügte er hinzu.
Auf der sogenannten Balkan-Route durch Kroatien, Slowenien und Österreich
Richtung Deutschland sind weiter Tausende Flüchtlinge unterwegs. In
Slowenien trafen am Samstag in den ersten sechs Stunden 1071 Flüchtlinge
aus Kroatien ein, wie die slowenische Polizei mitteilte. Am Freitag waren
es insgesamt 7539 gewesen, das heißt wieder mehr als am Tag zuvor, als 5341
Menschen ankamen.
Seit Ungarn Mitte des Monats seine Landgrenze zu Kroatien mit einem
Sperrzaun abgeriegelt hat, sind 111 354 Menschen auf der Balkan-Route durch
Slowenien gekommen. Slowenien registrierte im Schnitt 8000 bis 9000
Asylbewerber am Tag. Das kleine Land leitet sie zur österreichischen Grenze
weiter.
In Kroatien wiederum trafen in der Nacht zum Samstag 2473 Migranten aus
Serbien ein, teilte das Innenministerium auf seiner Homepage mit. Am Vortag
waren es insgesamt mehr als 6600 gewesen.
## 35 Menschen vor Lesbos gerettet
Unterdessen kam es am Samstag nach griechischen Medienberichten erneut zu
Unglücken in der Ägäis. Vor der Insel Lesbos kenterten zwei
Flüchtlingsboote. Türkische Fischer konnten zwei zunächst vermisste
Flüchtlinge retten. Rettungsmannschaften und Fischer suchten nach weiteren
Überlebenden. 35 Menschen konnten aus den Fluten gerettet werden,
berichtete das Staatsradio.
Aus Protest gegen das Flüchtlingsdrama haben Mitglieder und Sympathisanten
der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) am Samstagmorgen in Athen
zwei große Transparente an der Mauer der Akropolis aufgehängt. „Stoppt
dieses Verbrechen jetzt“, steht darauf geschrieben. Die Kommunisten machen
die EU und die Nato verantwortlich für das Drama.
In den vergangenen zwei Tagen waren in der Ägäis 48 Flüchtlinge und
Migranten, unter ihnen auch 31 Kinder, ums Leben gekommen.
Damit sind in den ersten zehn Monaten 2015 bereits 3329 Flüchtlinge im
Mittelmeer ertrunken, mehr als im gesamten Jahr 2014 (3279 Tote), wie die
Internationale Organisation für Migration (IOM) mitteilte. Nach IOM-Angaben
erreichten 724 228 Migranten und Flüchtlinge Europa über das Mittelmeer.
Viele Flüchtlinge kommen aus Syrien, wo seit viereinhalb Jahren ein
Bürgerkrieg tobt. Die meisten wollen nach Deutschland.
31 Oct 2015
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