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# taz.de -- „Neutrales Geschlecht“ in Frankreich: Willkürliche Zuweisung
> Ein französisches Gericht gab der Klage einer intersexuellen Person
> statt. Diese forderte die Änderung des Geschlechts in der Geburtsurkunde.
Bild: Mädchen oder Junge? Diese zwei Kategorien reichen nicht immer aus.
Tours afp/dpa | In Frankreich hat eine klagende Person erstmals erreicht,
dass ihr Geschlecht in der Geburtsurkunde nachträglich als „neutral“
festgehalten wird. Ein Familienrichter in der Loire-Stadt Tours gab einem
Antrag des Intersexuellen statt, der in Behördendokumenten bislang als
männlich geführt wurde, wie Vize-Staatsanwalt Joël Patard am Mittwoch
sagte. Es handle sich seiner Kenntnis nach um eine Premiere in Frankreich,
für die es aber keine gesetzliche Grundlage gebe.
Die Gratis-Tageszeitung 20 Minutes hatte als erstes über den Fall
berichtet. Demnach kam der nicht namentlich genannte Hermaphrodit 1951 mit
einer kaum entwickelten Vagina und einem „Mikro-Penis“, aber ohne Hoden auf
die Welt. In seiner Geburtsurkunde wurde trotzdem ein männliches Geschlecht
festgehalten. „In meiner Jugend habe ich gemerkt, dass ich kein Junge war“,
sagte die klagende Person der Zeitung. „Ich hatte keinen Bart, meine
Muskeln wurden nicht stärker.“
Mit 35 Jahren wurde ihm Testosteron verschrieben. „Mein Aussehen hat sich
geändert, das war ein Schock. Ich habe mich nicht wiedererkannt. Da wurde
mir bewusst, dass ich weder ein Mann noch eine Frau bin.“ Der Zwitter, der
inzwischen verheiratet ist und ein Adoptivkind hat, wandte sich schließlich
im Sommer an die Justiz, um von den Behörden nicht länger als Mann geführt
zu werden.
„Er wollte nicht, dass er so eindeutig der Kategorie männlich zugeordnet
wird“, sagte Staatsanwalt Patard. Die zweite juristische Kategorie weiblich
sei aber ebenfalls nicht zutreffend gewesen. Ende August entschied ein
Familienrichter in Tours deswegen, ein „neutrales Geschlecht“ anzuerkennen.
„Das Geschlecht, das (ihm) bei der Geburt zugewiesen wurde, erscheint wie
eine reine Fiktion“, zitierte 20 Minutes am Mittwoch aus dem Urteil des
Gerichts.
Patard hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt – er wolle die
Einschätzung eines anderen Gerichts erfahren, sagte der Staatsanwalt.
Außerdem könne die Justiz nicht die Rolle des Gesetzgebers übernehmen „und
Gesetze da schaffen, wo es sie noch nicht gibt“. Durch die Berufung bleibe
das offizielle Geschlecht zunächst „männlich“.
14 Oct 2015
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