| # taz.de -- Flüchtlingspolitik in Europa: Hilfe ist ein dehnbarer Begriff | |
| > Die EU-Verteidigungsminister beraten über einen verstärkten Kampf gegen | |
| > Schlepper. Die UN prüft eine Resolution dazu. Doch Einigkeit gibt es in | |
| > Europa nicht. | |
| Bild: Schlafende Flüchtlinge in der Bahnhofsstation Keletin in Budapest. | |
| New York afp | Das Foto eines toten kleinen Flüchtlingsjungen macht den | |
| Handlungsbedarf einmal mehr deutlich – doch die EU ringt in der | |
| Flüchtlingskrise immer noch um eine gemeinsame Strategie. Die | |
| EU-Verteidigungsminister wollen am Donnerstag in Luxemburg über einen | |
| verstärkten Kampf gegen Schlepperbanden im Mittelmeer beraten, eine | |
| UN-Resolution dazu könnte noch im September beschlossen werden. Eine | |
| gerechtere Flüchtlingsverteilung in der EU war derweil nicht absehbar. | |
| Angesichts der Flüchtlingskrise prüft der UN-Sicherheitsrat derzeit einen | |
| Resolutionsentwurf zu einem EU-Einsatz gegen Schleuser auf dem Mittelmeer – | |
| allerdings nur in internationalen Gewässern. Der russische UN-Botschafter | |
| Witali Tschurkin, dessen Land derzeit den Vorsitz im Sicherheitsrat hat, | |
| erklärte am Mittwoch in New York, die Resolution könne womöglich noch im | |
| September beschlossen werden. | |
| Der Einsatz ist auch Thema beim Treffen der EU-Verteidigungsminister in | |
| Luxemburg. Die EU hatte im Mai einen Drei-Stufen-Plan gegen Schleuser | |
| beschlossen. Derzeit läuft die erste Phase, in der Informationen über | |
| Schleppernetzwerke gesammelt werden. Ab Oktober sollen in einer zweiten | |
| Phase Schiffe von Schleusern gestoppt, beschlagnahmt und womöglich zerstört | |
| werden. | |
| Wie gefährlich die Flucht über das Mittelmeer ist, machte das Foto eines | |
| syrischen Flüchtlingsjungen deutlich, dessen Leiche am Mittwoch mit dem | |
| Gesicht im Sand an einem Strand gefunden wurde. Der kleine Ailan Kurdi | |
| wurde Medienberichten zufolge nur drei Jahre alt, auch sein fünfjähriger | |
| Bruder Galip sei bei dem Versuch, von der türkischen Küste nach | |
| Griechenland zu kommen, gestorben. Das Foto des kleinen Ailan verbreitete | |
| sich über die sozialen Netzwerke und sorgte europaweit für Erschütterung. | |
| ## Streit um Quoten | |
| Trotz solcher Flüchtlingstragödien streitet die EU weiter über ihre | |
| Einwanderungspolitik. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und | |
| seine Kollegen aus Rom, Paolo Gentiloni, und Paris, Laurent Fabius, | |
| forderten in einem gemeinsamen Brief an EU-Chefdiplomatin Federica | |
| Mogherini eine „faire Verteilung der Flüchtlinge in der EU“, wie Gentiloni | |
| am Mittwoch sagte. | |
| Die Außenminister von Lettland, Litauen und der Slowakei verteidigten | |
| derweil in der Bild-Zeitung ihre Ablehnung verpflichtender EU-Quoten für | |
| die Aufnahme von Flüchtlingen. Tschechien kündigte an, syrische Flüchtlinge | |
| rascher nach Deutschland weiterreisen zu lassen. | |
| Pläne der EU-Kommission, verpflichtende Quoten für die Verteilung von | |
| Flüchtlingen einzuführen, waren am Widerstand mehrerer osteuropäischer | |
| Staaten und Großbritanniens gescheitert. Am Mittwoch kündigte die | |
| EU-Kommission jedoch einen neuen Anlauf an. Der spanische Außenminister | |
| José Manuel García-Margallo kritisierte in der Welt, die EU habe bisher | |
| „Arbeitslosigkeit und vorherige Anstrengungen in der Migrationsproblematik“ | |
| nicht ausreichend stark berücksichtigt. | |
| Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn kritisierte in der | |
| Süddeutschen Zeitung, das zwar „europäisch ausgerichtete, aber national | |
| verwaltete“ Asylsystem führe zu „unglaublichen Diskrepanzen bei den | |
| Verfahrenslängen und Anerkennungsquoten“. Deshalb müsse das Europäische | |
| Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in Malta zu einer Europäischen | |
| Flüchtlingsbehörde ausgebaut werden und EU-weit für gleiche Standards | |
| sorgen. Die EU-Außenminister treffen sich am Freitag und Samstag in | |
| Luxemburg. | |
| ## Brennpunkt Ungarn | |
| Bereits am Donnerstag berät der ungarische Regierungschef Viktor Orban mit | |
| EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, Ratspräsident Donald Tusk und | |
| EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Ungarn war in den vergangenen | |
| Wochen zu einem der Brennpunkte der europäischen Flüchtlingskrise geworden | |
| und steht wegen seines Grenzzauns gegen Flüchtlinge in der Kritik. | |
| In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung kritisierte | |
| Orban eine „verfehlte Einwanderungspolitik“ der EU. Die EU-Grenzen müssten | |
| geschützt werden, über jede andere Frage zur Flüchtlingskrise „lohnt es | |
| sich nur dann zu sprechen, wenn die Flut aufgehalten worden ist“. | |
| Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte in der ZDF-Sendung „Was | |
| nun, Herr de Maizière?“, Ungarn halte sich an seine Verpflichtungen aus dem | |
| Dublin-Abkommen und registriere die ankommenden Flüchtlinge. Daher brauche | |
| das Land Hilfe der EU, etwa durch die Errichtung von Auffangzentren. | |
| 3 Sep 2015 | |
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