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# taz.de -- Ungarischer Premier zur Flüchtlingskrise: Gezielte Provokation
> Viktor Orbán nennt die Flüchtlinge ein „deutsches Problem“ und erntet
> Empörung. In Brüssel kommt er mit seiner Verweigerungshaltung nicht weit.
Bild: Höre ich da Widerspruch? Viktor Orbán ist in Brüssel recht allein am r…
BRÜSSEL taz | Es ist bekannt, dass Viktor Orbán gerne provoziert. Doch dass
der ungarische Premier derartig vom Leder zieht, das hatte am Donnerstag in
Brüssel niemand erwartet. Orbán war in die EU-Kapitale geeilt, um seinen
Zickzackkurs in der Flüchtlingspolitik zu erklären. Doch statt sich zu
rechtfertigen, startete er eine scharfe Attacke.
„Das Problem ist kein europäisches Problem, das Problem ist ein deutsches
Problem, niemand will in Ungarn bleiben. Alle wollen nach Deutschland“,
sagte er.
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Während Orbán noch auf sein
Gespräch mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker wartete, der ihm am
Abend in Brüssel die Leviten lesen wollte, kam schon Protest aus Berlin.
„Deutschland tut das, was moralisch und was rechtlich geboten ist. Und
nicht mehr und nicht weniger“, kommentierte Bundeskanzlerin Angela Merkel
die Auslassungen des ungarischen Regierungschefs. „Wenn Herr Orbán sagt,
Flüchtlinge seien ein deutsches Problem, weil die Flüchtlinge in
Deutschland anständig behandelt werden, dann ist das eine zynische
Betrachtungsweise“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.
Auch Unions-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder wies die Aussagen Orbáns
scharf zurück. Ungarn müsse sich an das Dubliner Abkommen zur Aufnahme von
Flüchtlingen halten, sagte er. Danach müssen Flüchtlinge zunächst in dem
Land der EU aufgenommen werden, in dem sie ankommen. An diese Regel will
sich Orbán offenbar nicht mehr halten – ebenso wenig wie Griechenland,
Italien oder Österreich, die ebenfalls Flüchtlinge nach Deutschland
durchreichten. Die Begründung des ungarischen Regierungschefs ist
allerdings besonders dreist.
## Die Magnetwirkung aus Berlin
An der aktuellen Zuspitzung soll nämlich Bundeskanzlerin Angela Merkel
schuld sein – mit ihrer umstrittenen Bemerkung, dass syrische Flüchtlinge
nicht mehr zurück in andere EU-Länder geschickt werden. Was in Berlin als
humanitäre Geste verstanden wird, wirke nun wie ein Magnet, deutete Orbán
in Brüssel an. Statt die Menschen aufzunehmen, müsse man alle
„Pull-Faktoren“ – also Anreize zur Flucht nach Europa – ausschalten, he…
es in seinem Umfeld.
Wie ernst es Orbán meint, zeigen seine jüngsten Pläne: Nach dem Bau eines
Grenzzauns zu Serbien will er nun auch noch eine „Transitzone“ hinter der
Grenze einrichten und die Gesetze verschärfen. Gleichzeitig stemmt sich
Orbán gegen die Einrichtung eines „Hotspots“ zur Registrierung von
Asylbewerbern, die die EU-Kommission in Ungarn plant.
In Brüssel kommt Orbán mit seiner Verweigerungshaltung allerdings nicht
weit. Während die EU-Kommission beim Bau des Grenzzauns noch beide Augen
zudrückte, will sie Orbán nun zur Einhaltung des EU-Rechts ermahnen. Erst
danach könne Ungarn mit neuen Finanzhilfen rechnen, heißt es in Brüssel.
Geplant ist eine „Nothilfe“ von acht Millionen Euro.
Auch verbal muss Orbán abrüsten, fordert der CDU-Europaabgeordnete Herbert
Reul: „Es muss endlich Schluss sein mit ungerechtfertigten
Schuldzuweisungen, die das Klima vergiften und die so bitter notwendige
Solidarität aller EU-Staaten aufs Spiel setzen.“ Die Bewältigung der
Flüchtlingskrise sei sehr wohl eine Aufgabe für die gesamte EU und nicht
nur ein „deutsches Problem“.
3 Sep 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Ungarn
Viktor Orbán
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
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