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# taz.de -- Inklusion im Fernsehen: „Yoin“ statt Mitleid
> Auf Sport1 läuft vierteljährlich die erste voll inklusive Sendung im
> deutschen TV. Die Zielgruppe ist jung und onlineaffin.
Bild: Die 18-jährige Kim Denise Hansmann moderiert die Sendung. Sie hat Multip…
Der blaue Twittervogel und das Facebook-F fliegen über den TV-Bildschirm:
Es läuft die erste Folge von „yoin“ (young inclusion), der ersten „voll
inklusiven“ Fernsehsendung für Jugendliche – und bei der darf die
Einbindung von sozialen Netzwerken nicht fehlen.
Voll inklusiv bedeutet, dass die Zuschauer sich die Sendung in der
Mediathek mit Audiodeskription oder Gebärdensprache anschauen können.
Hinter „yoin“ steckt die Arbeitsgemeinschaft Behinderung und Medien e. V.
Gegründet wurde sie auf Anraten der Bayerischen Landesregierung, als die
privaten TV-Sender Anfang der 1980er Jahre ihren Betrieb aufnahmen.
Die Politik wollte auch bei ihnen sicherstellen, dass eine
„gesellschaftliche Kleingruppe“ wie Menschen mit Behinderung im Fernsehen
vorkommen. Der Sendeplatz auf Sport1 wurde von der Bayerischen
Landeszentrale für Neue Medien zur Verfügung gestellt.
Der 61-jährige Redaktionsleiter Hermann Hoebel entwickelte zusammen mit
seiner Redaktion das Format. Maßgeblich geprägt wurde es von der
Moderatorin, der 18-jährigen Kim Denise Hansmann. Sie hat Multiple Sklerose
und thematisiert diese auch ganz bewusst in der Sendung: Sie bietet an,
dass andere Menschen mit MS sie jederzeit kontaktieren können.
Die Zielgruppe von „yoin“ ist jung und onlineaffin. Hoebel sagt: „Junge
Menschen haben weniger Vorurteile und Berührungsängste gegenüber Menschen
mit Behinderungen.“ Außerdem laufe die junge Generation dem Fernsehen
davon, dagegen wolle er ebenfalls etwas tun.
## Stereotype humorvoll aufgreifen
„Yoin“ soll vierteljährlich laufen. Die Themen der ersten Sendung sind für
Jugendliche gemacht: Ein Poetryslamer wird vorgestellt, zwei Musikgruppen
mit behinderten und nichtbehinderten Musikern kommen vor, ein
Graffiti-Sprayer aus München, der auch das Thema Gentrifizierung anspricht.
Außerdem werden Stereotype im Umgang mit Menschen mit Behinderung auf
humorvolle Art aufgegriffen.
Ein Querschnitt an Themen, die nicht nur unterhalten, sondern auch eine
wichtige gesellschaftliche Dimension erreichen. Nur die Musik, die den
Beiträgen unterlegt ist, ist zu dominant und nervig.
Auch wenn in dieser Sendung das Wort „cool“ sehr oft fällt und alles ein
wenig gezwungen jugendlich erscheint, es von Hashtags, die das Fernsehbild
verzieren, nur so wimmelt – das obligatorische Selfie darf auch nicht
fehlen –, ist es doch ein gelungenes Format für nichtbehinderte und
behinderte Jugendliche. Kein Mitleid, keine Heldenstorys, kein
Ausschlachten der Schicksalsgeschichte, wie es noch zu oft in den deutschen
Medien passiert. Im Gegenteil: Behinderte Menschen werden auch durch den
Kakao gezogen. So steckt das Gewehr eines Spastikers bei einem Duell mit
einem Nichtbehinderten dummerweise auf der gelähmten Seite.
Die Sendung macht in Sachen Inklusion und einem ungezwungenen Miteinander
also vieles richtig. Die Macher des neuen Jugendangebots der
Öffentlich-Rechtlichen könnten sich das eine oder andere abschauen.
Inklusion ist für Hermann Hoebel „Teilhabe aller Menschen“, deshalb sei die
Sendung auch in leichter Sprache verfügbar. Dabei denkt der
Redaktionsleiter nicht nur an Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern
auch an Geflüchtete.
Kim Denise Hansmann moderiert selbstbewusst, witzig und natürlich. Die
Studiogäste empfängt sie in einem Loft. Noch müssen Menschen mit
Behinderung also zu sich einladen, um zu zeigen, dass „sie genauso ticken
oder übermütig sind wie alle anderen“, wie Hoebel es ausdrückt.
11 Sep 2015
## AUTOREN
Judyta Smykowski
## TAGS
Fernsehen
Inklusion
Menschen mit Behinderung
Leben mit Behinderung
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Inklusion
Bremen
Markus Rehm
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