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# taz.de -- AfD und Verfassungsschutz: Experte für Extremismus
> Die Selbstdarstellung eines sächsischen AfD-Funktionärs legt nahe, dass
> er beim Verfassungsschutz arbeitet. In der Partei steht er weit rechts.
Bild: Das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen schweigt
Hamburg taz | Die Medien seien „gleichgeschaltet“, mit der „ideologischen
Keule“ würden „anderslautende Meinungen“ angegangen und die „etabliert…
Parteien“ missachteten den Wählerwillen: bei der „Alternative für
Deutschland“ (AfD) keine unüblichen Position. In einer Selbstdarstellung
legt der stellvertretende Kreisvorsitzende von Mittelsachsen, Henrik
Seidel, diese Weltsicht dar. Sie könnte seinem möglichen Arbeitgeber einen
Skandal bescheren – dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV).
In der eineinhalbseitigen Selbstbeschreibung führt der gebürtige
Frankenberger aus, „1994 nach einem langwierigen Auswahlverfahren in das
sächsische Innenministerium“ gewechselt zu haben und 1996 in ein
„Beamtenverhältnis als Verwaltungsbeamter“ berufen worden zu sein. „Dort…
im Innenministerium, schreibt der 48-Jährige, begleitete er „mehrere
Aufgaben in Bezug auf Innere Sicherheit mit Schwerpunkt Extremismus“ und
verfasste „entsprechende Analysen“. 2008 absolvierte er ein
Aufstiegsstudium an der Fachhochschule des Bundes in Brühl, heißt es in der
Vorstellung für einen Listenplatz zur Landtagswahl 2014 weiter. Diese liegt
der taz vor.
Ein Indiz für die Vermutung, dass Seidel als Beamter beim Landesamt für
Verfassungschutz tätig sei, fiel der Landtagsabgeordneten der Linken,
Kerstin Köditz, auf. „Als Urheber“ der zitierten Datei mit der
Seidel-Selbstdarstellung sei „lfv23011“ angeben. Da läge es mehr als nahe,
dass der AfD-Funktionär beim LfV „beschäftigt war oder ist“, sagt Köditz,
die auch Mitglied in der Parlamentarischen Kontrollkommission ist.
„Wenn jemand davon spricht, dass die Medien ‚gleichgeschaltet‘ seien und
wenn die betreffende Person über einen ‚zunehmenden Werte- und
Normenverfall‘ lamentiert und beklagt, dass die ‚etablierten Parteien‘ den
Wählerwillen missachten, dann decken sich seine Positionen in diesem
Bereich mit denen der extremen Rechten“, sagt Köditz.
Gegenüber der taz sagte ein Sprecher des LfV: „Wir geben grundsätzlich
keine Auskunft zu personenbezogen Anfragen zu unseren Mitarbeitern und
benachbarten Behörden.“
## Eine Vorfeldorganisation der NPD
Im Kreisverband Mittelsachsen selbst wird auch keine klare Grenze nach ganz
weit rechts gezogen. Im Februar 2014 hatte der Verband den Redakteur des
neurechten Portals Blaue Narzisse Felix Menzel zu einer Veranstaltung über
Europa eingeladen. Auf seinem privaten Facebok-Profil begrüßt Seidel die
Bürgerinitiative „Gohlis sagt Nein“, die sich in Leipzig gegen den
Moscheebau stark macht. „Eine Vorfeldorganisation der NPD“, so Köditz.
Seidel war auch als Co-Autor am Entwurf des Abschnitts „Innere Sicherheit“
im Wahlprogramm der sächsischen AfD beteiligt. Dieser Entwurf wurde von
einem Sprecher des LfV gegenüber dem Studentenradio „mephisto 97.6“ mit dem
Hinweis kommentiert, die AfD sei kein Beobachtungsobjekt seines Amtes.
Würden die im Papier enthaltenen Vorschläge jedoch durch die AfD weiter
verfolgt werden, könnte die Partei unter Beobachtung fallen.
„Ich halte es für höchst fragwürdig, wenn der sächsische Geheimdienst
Analysen zum Extremismus von einer Person erarbeiten lässt, die selbst
Positionen vertritt, die mit dem Grundgesetz nur schwerlich in Einklang zu
bringen sind“, sagt Köditz. Sie befürchtet, dass diese Nähe Folgen hat:
„Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn das Landesamt auf meine
parlamentarischen Initiativen zu extrem rechten Inhalten und Verbindungen
der sächsischen AfD keinerlei Antworten gegeben hat“. Sie drängt jetzt auf
ein Gespräch mit dem Präsidenten des LfV, Gordian Meyer-Plath, um diesen
Komplex aufzuklären.
17 Aug 2015
## AUTOREN
Andreas Speit
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