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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Achtung, Energiewände!
> Ökostrom als Exportschlager? Klingt gut! Aber in Frankreich und
> Griechenland stößt eine Energiewende nach deutschem Vorbild auf
> Widerstände.
Bild: Der Schrottreaktor von Fessenheim brummt erstmal weiter.
Die Getränke waren gut gekühlt, die Häppchen ausgezeichnet, die Stimmung
freundlich: Peter Altmaier, damals noch Umweltminister, hatte an einem
warmen Sommerabend vor zwei Jahren seine französische Amtskollegin Delphine
Batho und den frankophonen Teil der Öko-Journalisten – alors, moi, aussi –
zu sich nach Hause eingeladen: ein politischer Salon par excellence, vive
l’amitié franco-allemande, und mit einer steilen These: Der Plan der
französischen Sozialisten, ihren Atomstrom-Anteil von 75 auf 50 Prozent zu
verringern, sei „das Gleiche, was wir in Deutschland machen – von 25
Prozent auf 0“, verkündete Altmaier auf seinem Kanapee in fließendem
Französisch. Voilà la Energiewende!
Inzwischen ist Madame Batho gefeuert, und Monsieur Altmaier erklärt im
Kanzleramt dem US-Botschafter, dass in Deutschland deutsche Gesetze gelten
sollten. Die Grande Nation hat fünf Monate vor dem entscheidenden
Klimagipfel von Paris (mais oui!) [1][entschieden], den Stromverbrauch in
den nächsten Jahrzehnten zu halbieren, mehr Erneuerbare zu bauen und den
Atomstrom (mais vraiment!) zu reduzieren. Der Schrottreaktor von
[2][Fessenheim brummt aber erst mal weiter].
Und die nächste Energiewende im befreundeten Ausland steht bereits bevor.
Greenpeace Griechenland sucht jetzt per Crowdfunding Geld, um die
Stromversorgung einzelner Inseln auf Wind und Sonne umzustellen. Irgendwo
schlummert auch noch der „Plan Helios“, mit dem Solarstrom aus dem sonnigen
Pleiteland ins schattige Deutschland fließen sollte. Wer weder Feta noch
Oliven mag, könnte zumindest so den Griechen helfen.
Nichts gegen einen neuen deutschen Exportknaller namens Energiewende. Aber
wer denkt, man könne Energiepolitik made in Germany einfach woanders
nachbauen, leidet an einem Kurzschluss. In Frankreich, das räumte Madame le
Ministre dann nach ein paar Glas Wein auch ein, ist eine Reduzierung des
Atomstroms – wenn sie denn kommt – keineswegs das Ende der französischen
Nuklearträume. Außerdem unterstützt keine ernst zu nehmende Partei einen
echten Umstieg auf Erneuerbare, macht keine grüne Lobby wirklich Druck,
werden Atommüllendlager bejubelt und Windparks bekämpft und protestieren
die Stromkunden jetzt schon gegen die Strompreise.
## Die Energierevolution macht man nicht mal eben so
Und in Griechenland? Müssten Investoren Milliarden in Windparks und
Solaranlagen stecken, ohne zu wissen, ob jemals jemand zahlt. Müssten
halbstaatliche Energiefirmen an ihrem eigenen Untergang mitarbeiten, müsste
ein komplexes System von Stromverteilung und Gebühreneinzug ohne
Schlamperei und Korruption funktionieren. Wer hat da gelacht?
Sicher: Erneuerbarer Strom ist inzwischen in vielen Ländern billiger als
Kohle und Co. Wir zeigen, dass ein Land nicht verarmt, wenn es Strom aus
Sonne und Wind holt. Aber so billig, wie es oft aussieht, ist eine
Energiewende nicht zu haben. Zählte nur das Potenzial von Sonne und Wind,
wären Saudi-Arabien und Patagonien die Vorreiter beim Ökostrom.
Eine Energierevolution macht man nicht mal eben so, ein paar flammende
Appelle und brennende Barrikaden sind nicht genug. Dafür braucht es eine
starke grüne Bewegung, den Kampf gegen die fossilen Lobbys, eine sichere
Mehrheit in Parlamenten und bei der Bevölkerung und einen Haufen
Ökospinner, die ein paar Jahrzehnte an diesem Ziel arbeiten.
Wer das nicht hat, kann es nicht importieren, er muss es sich erkämpfen.
Sonst kann er von einer grünen Zukunft nur träumen. Und läuft im Alltag
gegen Energiewände.
6 Aug 2015
## LINKS
[1] /Gesetz-zur-Energiewende/!5216847
[2] /Schliessung-des-AKW-Fessenheim-wackelt/!5032045
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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