# taz.de -- Energiewende und SPD: Frührente für Braunkohle | |
> Was tun, wenn Sonne und Wind keinen Strom liefern? Sigmar Gabriel legt | |
> nun ein Gesetz vor, das zentrale Fragen der Energiewende klären soll. | |
Bild: Das Heizkraftwerk Linden in Hannover geht nicht so schnell in Rente. | |
Freiburg taz | Seit über einem Jahr arbeitet Wirtschaftsminister Sigmar | |
Gabriel an einem neuen Gesetz zur Zukunft des Strommarkts. Jetzt ist ein | |
erster Entwurf durchgesickert: Betreiber von Braunkohlekraftwerken sollen | |
Geld dafür bekommen, dass sie ihre Anlagen vom Netz nehmen und nur noch als | |
Reserve bereithalten. Ein noch inoffizieller Referentenentwurf des | |
„Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes“ liegt der taz vor. | |
Danach sollen die Eigentümer alter Braunkohlekraftwerke ihre Anlagen für | |
vier Jahre nur noch hochfahren, wenn Stromknappheit herrscht. Diese Reserve | |
soll dann „gegen eine kostenbasierte Vergütung“ Strom liefern. Die | |
Zahlungen sollen am Ende den Verbrauchern in Rechnung gestellt werden. | |
Abgesehen von diesen Kraftwerken soll künftig der Markt regeln, wie mit | |
fossilen Kraftwerken Geld verdient werden kann. Gabriel lehnt sogenannte | |
Kapazitätsmärkte ab, die er auch als „Hartz IV für Kraftwerke“ bezeichne… | |
Mit ihnen hätte es für Kraftwerke eine Vergütung gegeben, auch wenn sie | |
keinen Strom produzieren, sondern nur zur Sicherung bereitgehalten werden. | |
Diese Modelle, so heißt es in dem Entwurf, führten „sehr häufig zu | |
Überkapazitäten“. | |
Stattdessen sollen sich die Strompreise weiterhin durch Marktmechanismen | |
bilden. Das heißt: Reservekraftwerke sollen sich allein dadurch | |
amortisieren, dass sie in hochpreisigen Stunden – also wenn Sonne und | |
Windkraft schwächeln – einspringen. | |
## Ausgerechnet Braunkohle soll begünstigt werden | |
So ganz vertraut das Ministerium den Börsensignalen aber nicht. Daher soll | |
ergänzend eine „zusätzliche Kapazitätsreserve“ geschaffen werden, die ab | |
2019 ausgeschrieben werden soll. Teilnehmen können auch große Verbraucher | |
wie Kühlhäuser oder Stahlwerke, die gegen Vergütung anbieten, weniger Strom | |
zu beziehen, wenn Knappheit herrscht. | |
Das passiert mit dem Ausbau erneuerbarer Energien immer häufiger, wenn | |
Sonne und Wind zu wenig Strom liefern. Beim bisherigen Marktmodell | |
rechneten sich Reserven jedoch nicht. Dass nun ausgerechnet die | |
klimaschädliche Braunkohle begünstigt werden soll, stößt Opposition wie | |
Umweltverbänden sauer auf. „Teure Geschenke an strauchelnde Energieriesen | |
auf Kosten der Stromkunden darf es nicht geben“, sagt Tobias Austrup von | |
Greenpeace. | |
Ähnlich sieht es Oliver Krischer, Energieexperte der Grünen im Bundestag. | |
Der Gesetzentwurf sei eine „Subventionsmaschine für Braunkohlekraftwerke“, | |
ausgehandelt von Union und SPD „in Hinterzimmern mit den Kohlekonzernen | |
unter Ausschluss der Öffentlichkeit“. Niemand brauche eine solche Reserve, | |
wenn gleichzeitig Dutzende hochmoderne Gaskraftwerke stillstehen. Merkel | |
und Gabriel verlängerten nur „die Schwindsucht von Konzernen, die die | |
Zukunft der Energiewirtschaft verpasst haben“. Und bei allem bleibe eines | |
unbeantwortet – nämlich was das Ganze kostet. | |
10 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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