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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Der Kot der Köter
> Was ist schlimmer: Hundescheiße oder Hundescheiße-Plastikbeutel? Letztere
> landen häufiger in der Natur, zeigen Fotos auf der „The Poop Bag Map“.
Bild: Große Hunde, große Haufen.
Wenn es um Hunde geht, verstehen die Deutschen nun wirklich keinen Spaß.
Unterdrückte Gewaltfantasien brechen hervor wie Eiter aus der dreckigen
Wunde: Man solle den Hundebesitzern den liegengelassenen Kot „in den
Briefkastenschlitz drücken“, die Hundesteuer auf 5.000 Euro erhöhen und die
Vierbeinerwindel unter Strafandrohung obligatorisch machen.
Während die Hundebesitzer ganz naturverbunden kontern, dass Hundekot
„biologisch voll abbaubar“ und im Vergleich zu Autoabgasen, Pestizidorgien
oder den Mordfeldzügen des IS doch „ein Klacks“ sei, weisen Hundehasser in
einschlägigen Internetforen wiederum auf multiple mikrobielle Gefahren hin:
Hundekot enthalte unter anderem auch Spulwürmer, Peitschenwürmer,
Hakenwürmer, Fuchsbandwürmer.
Anlass des tierischen Beißkrampfs ist der Streit über eine DNA-Datenbank
für Hunde, wie sie im Osten Londons ab Januar 2016 probeweise eingeführt
wird. Man nimmt von jedem Tier eine Speichelprobe und kann so die
Verursacher illegaler Kothäufchen per DNA-Analyse überführen und die
Besitzer bei Wasser und Brot wegsperren. Die Kotanalyse kostet 80 Euro, sie
wird dem Halter zuzüglich einer saftigen Geldbuße in Rechnung gestellt.
Die Stadt macht sogar noch ein Geschäft mit dem Geschäft des Hundes.
Irgendwie muss der neue Kindergarten ja auch bezahlt werden. Außerdem
werden Arbeitsplätze geschaffen – einer sammelt die Bröckchen, ein zweiter
analysiert den genetischen „Fingerabdruck“.
## Paranoiageplagte Hundebesitzer
Wie immer bei Datenbanken gibt es aber Probleme: Kann man den Besitzer zur
Speichelprobe des Hundes zwingen? Was sagt Karlsruhe dazu? Wie groß ist das
Risiko fehlerhafter Befunde? Was geschieht mit ortsfremden Hunden, die zu
Besuch kommen und illegal defäkieren. Brauchen wir nicht bundesweite, ja
EU-weite Datenbanken? Und wenn jetzt der Hund Luigi über ein Häufchen der
Hündin Sally uriniert?
Wessen DNA wird dann ermittelt? Natürlich ahnt der paranoiageplagte
Hundebesitzer schon, dass in Wahrheit die Daten des Hundehalters und nicht
die von Schnuffi gespeichert werden und dass die Hundedatenbank nur ein
weiterer Mosaikstein der Totalüberwachung ist. Keine Frage!
Was aber viel zu wenig beachtet wird: Nicht nur der Hundekot, auch die
Hundekotpäckchen sind längst zum Problem geworden. Auf www.poopmap.de sehen
wir, wo überall Beutel illegal entsorgt werden. Weil Hundebesitzer den
gefüllten Gassibeutel nicht stundenlang in der Hosentasche herumtragen
können, wird dieser irgendwann – sofern kein Abfallkorb bereitsteht – als
Fehlwurf in die Natur entsorgt.
## 5200 Fotos von Hundekot-Missetaten
5.200 Fotos hat ein Hamburger Student dazu [1][auf poopmap.de] gesammelt.
Er informiert uns darüber, dass jährlich 200.000.000 Hundekotbeutel von
deutschen Kommunen ausgegeben werden, von denen 97 Prozent aus
stinknormalem Plastik bestehen, somit „über Hunderte von Jahren ein
Umweltproblem darstellen“.
Und: Die Beutel würden viel häufiger als Einkaufstüten in Grünanlagen und
Gewässern landen. Eine interaktive Hundekotbeutelkarte zeigt, in welchem
Hamburger Stadtteil wie viele Beutel weggeworfen werden. Hey Öko-Institut,
was ist jetzt eigentlich schlimmer: Hundekot oder Hundekotbeutel?
Zurück zur DNA-Analyse. Die Chance auf eine genetisch bundesweite
Hunderfassung ist eher gering. Ulrich Mohn vom Deutschen Städte- und
Gemeindebund findet, die Datenbank sei zu aufwendig. Aber auf einzelne
Pilotprojekte sei er gespannt. Wir sind es auch. Und erinnern schon mal
daran, dass Hundehäufchen nur die Spitze des Eisbergs sind. Auch von
Tauben, Spatzen und Katzen brauchen wir dringend Datenbanken. Vom Kuhmist
auf Feldwegen gar nicht zu reden.
16 Aug 2015
## LINKS
[1] http://www.poopmap.de/
## AUTOREN
Manfred Kriener
## TAGS
Hundekot
DNA
Hunde
Haustiere
Pferde
Energiewende
London
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