# taz.de -- Protest im Knast gegen Abschiebung: Ministerium ignoriert Hungerstr… | |
> Ein Flüchtling beschuldigt die JVA Langenhagen, Hungerstreikende in | |
> Isohaft zu stecken. Die Behörde bestreitet das – und die Existenz von | |
> Hungerstreiks. | |
Bild: Isohaft gegen Hungerstreiks: Flüchtling beschuldigt JVA Langenhagen. | |
Hamburg taz | Yahya S. hat seinen Hungerstreik abgebrochen. 17 Tage lang | |
hat der Sudanese das Essen verweigert – aus Protest gegen seine | |
Abschiebung. Der 28-Jährige saß in Langenhagen in Abschiebehaft. Dort | |
erzählten ihm zwei Flüchtlinge, dass Hungerstreikende, wenn sie in der Haft | |
einen Kreislaufzusammenbruch erleiden, in eine Arrestzelle gesteckt würden | |
– bis sie wieder äßen. In dem Raum läge nur eine Matratze. | |
Durch die Isolation von den anderen Abschiebehäftlingen solle ihr | |
Hungerstreik gebrochen werden, glaubt Yahya S., der vor seiner Haft im | |
[1][Protestcamp am Weißekreuzplatz in Hannover] aktiv war. „Ich habe Angst | |
davor, umzukippen, weil ich dann in diesen Raum muss“, sagte er während | |
seiner Haft im Juli dieses Jahres. | |
Die niedersächsische Justizbehörde bestreitet, dass Abschiebehäftlinge in | |
der Justizvollzugsanstalt (JVA) Langenhagen voneinander isoliert | |
untergebracht werden. Und sie bestreitet sogar, dass es in diesem Jahr | |
überhaupt Hungerstreiks in der Haft gegeben hat. Bei der Zelle, die Yahya | |
S. beschreibt, müsse es sich um einen „besonders gesicherten Haftraum“ | |
handeln, sagt der Sprecher der Innenbehörde, Marco Hartrich. | |
Dort würden Häftlinge untergebracht, um zu verhindern, dass sie sich und | |
andere gefährdeten. Hier könne eine „Selbstverletzung oder Selbsttötung | |
zuverlässig verhindert“ werden, sagt Hartrich. Hungerstreikende aber habe | |
es hier nicht gegeben. | |
Der [2][niedersächsische Flüchtlingsrat] bezweifelt, dass es in der JVA | |
Langenhagen keine Asylsuchenden gab, die aus Verzweiflung und Protest das | |
Essen verweigerten. Wenn es stimmte, was sich die Abschiebehäftlinge | |
erzählten, sei das ein Skandal, sagt der Geschäftsführer der Organisation | |
Kai Weber. Die Einweisung in eine solche Zelle würde „Leute auf unwürdige | |
Art mürbe machen“, sagt er. | |
Der Hungerstreik sei immer das letzte Mittel eines Menschen, der sich nicht | |
mehr anders zu helfen wisse. Dies sollte von den Behörden berücksichtigt | |
und die Fälle der Betroffenen sollten noch einmal überprüft werden. | |
„Menschen im Hungerstreik dürfen nicht abgeschoben werden“, fordert Weber. | |
Yahya S. berichtet jedoch noch von weiteren Missständen. Während seines | |
Hungerstreiks sei er trotz anhaltender Nierenschmerzen nur zweimal | |
untersucht worden. Dabei betont der Ministeriumssprecher, dass Menschen, | |
die in der JVA das Essen verweigern, „täglich dem medizinischen Dienst zur | |
Kontrolle ihres Gewichts und ihrer Vitalparameter vorgestellt“ würden. Rein | |
theoretisch. Tatsächlich habe es ja keine Hungerstreikende gegeben. | |
Der Sudanese war in der Haft merklich dünn, fühlte sich schwach und verließ | |
kaum mehr sein Bett. Sein Protest hat ihm nichts genutzt. Am 24. Juli wurde | |
er abgeschoben. In Italien ist Yahya S. ein anerkannter Flüchtling. Nach | |
geltendem Recht steht ihm in Deutschland kein Asyl zu. | |
Heute lebt der 28-Jährige in der Nähe von Mailand auf der Straße. Gemeinsam | |
mit anderen Flüchtlingen hat er Unterschlupf in einem alten Bahnhofsgebäude | |
gefunden. Sein Anwalt hatte über einen Dolmetscher Kontakt zu ihm: „Er hat | |
ständig Angst, dass die Decke einstürzt.“ Die Zustände seien katastrophal. | |
Über die bevorstehende Abschiebung seines Mandanten wurde Dias nicht von | |
den Behörden informiert. „Dabei hätte er ja nicht einmal weglaufen können�… | |
sagt er. | |
Die Vorsicht könnte daher rühren, dass ein früherer Versuch, den Sudanesen | |
nach Italien auszuweisen, gescheitert war. Anfang Juli saß Yahya S. schon | |
einmal im Flugzeug, als der Pilot fragte, ob er mit der Abschiebung | |
einverstanden sei. | |
Yahya S. verneinte, woraufhin sich der Pilot weigerte, ihn mitzunehmen. Der | |
Flüchtling wollte auf keinen Fall zurück nach Italien: „Selbst im Sudan war | |
es besser“, sagte er damals. Zurück in Abschiebehaft brach er den | |
Hungerstreik ab. „Er dachte, dass er sich nicht gegen die Abschiebung zur | |
Wehr setzen könne“, sagt Dias – und er hatte recht damit. | |
17 Aug 2015 | |
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## AUTOREN | |
Anna Hoops | |
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