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# taz.de -- Protest gegen Sicherungsverwahrung: Hungerstreik im Knast
> Die Sicherungsverwahrung soll an das normale Leben angeglichen werden -
> ab dem Jahr 2013. Fünf Verwahrte in Celle wollen nicht so lange warten.
Bild: Die Sicherungsverwahrten in Celle fordern einen Sportraum und unreglement…
FREIBURG taz | In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Celle befinden sich fünf
Sicherungsverwahrte im Hungerstreik. Sie fordern bessere Haftbedingungen
und berufen sich auf das Bundesverfassungsgericht. Der niedersächsische
Justizminister Bernd Busemann (CDU) lehnte die Forderungen ab. Sie seien
verfrüht und teilweise abwegig.
Im Mai hatte das Bundesverfassungsgericht alle gesetzlichen Bestimmungen
zur Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt. Moniert wurde vor
allem, dass sich die Verwahrung kaum von der vorherigen Strafhaft
unterscheide, obwohl es bei der Verwahrung nur noch um den Schutz der
Allgemeinheit gehe und nicht mehr um Strafe. Derzeit sitzen in Deutschland
rund 500 Menschen in Sicherungsverwahrung.
Die Richter forderten, das Leben in der Sicherungsverwahrung bis 2013 "den
allgemeinen Lebensbedingungen anzupassen, soweit Sicherheitsbelange dem
nicht entgegenstehen."
So lange wollten die fünf Sicherungsverwahrten aus Celle nicht warten. Vor
einigen Wochen stellten sie einen Forderungskatalog auf und drohten für den
1. August mit einem Hungerstreik. Unter anderem fordern sie sofort freien
Zugang zum Internet, zu Pay-TV und zum Versandhandel. Außerdem hätten sie
gerne einen eigenen Sportraum und unreglementierten Besuch von Frauen.
Nachdem die Forderungen nicht erfüllt wurden, verweigern die fünf seit
Montagmittag das Anstaltsessen. Es handelt sich um vier ehemalige
Vergewaltiger und einen Gewaltverbrecher im Alter von 53 bis 71 Jahren. Die
anderen 14 Sicherungsverwahrten in der JVA Celle machen beim Hungerstreik
nicht mit.
## Kein Zugang zu Sex in jeder Form
Das Justizministerium in Hannover verweist auf die Übergangsfrist bis Mai
2013. Bis dahin baue man eine neue Anstalt in Rosdorf bei Göttingen. "Dort
wird es dann auch einen eigenen Sportraum für die Sicherungsverwahrten
geben", sagte ein Ministeriumssprecher zur taz.
Bei den meisten Forderungen macht das Ministerium aber auch für die Zukunft
keine Hoffnungen, vor allem wenn es um Sexuelles geht. Besuch von
Prostituierten, Zugang zu Pornographie im Pay-TV und Internet, das lehnt
das Ministerium grundsätzlich ab. "Man muss die Sexualtäter ja nicht noch
extra heiß machen", sagte der Sprecher.
Derzeit spricht die Anstaltsleitung mit den Gefangen, ob es noch sofort
umsetzbare "Verbesserungen im täglichen Ablauf" gibt. Kompromisse scheinen
zum Beispiel beim Internetzugang leicht möglich. Derzeit dürfen Verwahrte
ausschließlich auf bestimmte Bildungsangebote zugreifen.
Drei der Sicherungsverwahrten haben gegen Minister Busemann auch
Strafanzeige gestellt - wegen Verletzung der Menschenwürde und Missachtung
des Bundesverfassungsgerichts. Das Ministerium sagt dazu nur: "Sie sind
nicht anwaltlich beraten."
3 Aug 2011
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Hungerstreik
Sicherungsverwahrung
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