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# taz.de -- Kommentar Griechenland: Wer nicht spart, muss fühlen
> Viele Deutsche halten es für völlig normal, dass die griechische
> Wirtschaft zerstört wird. Sie glauben an eine Art schwarze Pädagogik.
Bild: Seltsame Bestrafungsfantasien: In Athen gibt es kaum noch Euros.
Was hat Gianis Varoufakis im Januar gedacht, gesagt, gemacht? Das
beschäftigt deutsche Medien noch heute. Dabei weiß es jeder: Der Mann ist
nicht mehr griechischer Finanzminister. Es ist egal, ob er jemals einen
Grexit geplant haben könnte oder nicht.
Wobei die eigentliche Ironie ist: Der Grexit findet sowieso statt. Nur
völlig anders, als es sich der aufgeregte Boulevard vorstellt. Da sind
keine Hacker am Werk, und es gibt auch keine klandestinen Treffen in
Athener Hotels. Nein, die glanzlose EZB-Bürokratie reicht völlig, um
Griechenland aus dem Euro zu werfen.
Dieser Grexit ist eintönig grau. Die Griechen haben einfach kein Geld mehr.
Neue Drachmen gibt es nicht, weil offiziell noch der Euro gilt – aber
dieser Euro ist faktisch verschwunden. Aus den Bankautomaten kommen 60 Euro
pro Tag. Das war’s.
Ein paar Tage oder gar Wochen sind Kapitalverkehrskontrollen durchzuhalten,
aber für Griechenland gibt es keine Exitstrategie. Die EZB entscheidet alle
paar Tage, wie viele Euros sie den Griechen gewährt. Wann dieses Gängelband
gelockert wird, ist völlig unklar. Dieser Non-Exit ist aber noch schlimmer
als ein Grexit.
## Verwüstungen in der griechischen Wirtschaft
Deutsche Zeitungen bilden gern Rentner ab, die vor Geldautomaten oder an
Bankschaltern Schlange stehen. So bedrückend diese Bilder sind: Sie
verharmlosen das Problem. Die eigentlichen Verwüstungen werden in der
griechischen Wirtschaft angerichtet. Ohne Euros kann niemand seine
Zulieferer bezahlen – und niemand mehr produzieren.
Es ist erstaunlich, wie ungerührt viele Deutsche sind. Sie halten es für
völlig normal, dass man den Griechen einfach den Geldhahn zudreht und ihre
Wirtschaft zerstört. Die Deutschen glauben an eine Art schwarze Pädagogik:
Wer nicht spart, muss fühlen.
Doch Griechenland hat seine Sparvorgaben erfüllt, auch wenn deutsche Medien
gern so tun, als würden die Griechen am Strand faulenzen. Selbst das
deutsche Finanzministerium musste kürzlich einräumen: „Griechenland hat
eine der umfassendsten Haushaltskonsolidierungen umgesetzt, die ein EU-Land
in den letzten 30 Jahren unternommen hat.“
Auch der deutsche Boulevard scheint schon zu ahnen, dass die deutsche
Politik in Griechenland ein Verbrechen ist. Deswegen wird ja so dringend
ein Sündenbock benötigt: Varoufakis.
27 Jul 2015
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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