# taz.de -- Ökonomin über griechische Wirtschaft: „Beim Grexit würden alle… | |
> Der Grexit wäre katastrophal, Währungsspekulanten würden das Land | |
> zugrunde richten, warnt Ökonomin Spiecker. Merkel müsse nun auf die | |
> Griechen zugehen. | |
Bild: Kos: bei Deutschen beliebte Ferieninsel. | |
taz: Frau Spiecker, Minister Schäuble hofft weiter auf den „Grexit“. Auch | |
einige griechische Linke möchten raus aus dem Euro. Eine gute Idee? | |
Friederike Spiecker: Nein. Beim Grexit würden alle verlieren. Das gilt für | |
Griechenland genauso wie für die Eurozone. | |
Was wäre das Problem? | |
Griechenland ist ein kleines Land, das sofort zum Spielball der | |
Finanzmärkte würde. Die Spekulanten würden dafür sorgen, dass die Drachme | |
viel zu stark abwertet. Es wäre ein Verarmungsprogramm für die griechische | |
Bevölkerung, die Rohstoffe und dringend benötigte Medikamente nicht mehr | |
oder nur zu horrenden Preisen importieren könnte. | |
Aber die Griechen hätten doch wieder ihre eigene Zentralbank. Warum könnte | |
die griechische Notenbank die Drachme nicht stützen? | |
Um die eigene Währung vor Abwertung zu schützen und Attacken der | |
Spekulanten abzuwehren, benötigt eine Zentralbank ausländische Währungen – | |
am besten Dollar oder Euro. Diese Devisen haben die Griechen aber nicht. | |
Denn dafür benötigt man Exportüberschüsse, die Griechenland bisher nicht | |
erwirtschaftet. Zudem stellt sich die Eurozone ja vor, dass die Griechen | |
ihre Kredite zurückzahlen sollen. Falls es Exportüberschüsse gäbe, würden | |
sie in den Schuldendienst fließen – und stünden der griechischen | |
Zentralbank nicht zur Verfügung. | |
Könnte die Europäische Zentralbank nicht mit den Griechen zusammenarbeiten | |
– und einfach einen festen Drachmen-Kurs zum Euro fixieren? | |
In der Tat wäre es für die EZB ganz einfach, die nötigen Euros zur | |
Verfügung zu stellen. Aber leider ist die EZB nicht dafür bekannt, Länder | |
in Not zu unterstützen. Zum Beispiel wäre es die beste Osteuropa-Politik | |
gewesen, Polen, Tschechien oder Ungarn dabei zu helfen, ihre Devisenkurse | |
stabil zu halten. Stattdessen hat man diese Länder ihrem Schicksal | |
überlassen – und wundert sich jetzt, dass Ungarn in den Faschismus | |
abgleitet. | |
Warum sind Sie so sicher, dass die EZB ihre Fehler wiederholen würde? | |
Weil sie kein Interesse daran haben kann, dass Griechenland ökonomischen | |
Erfolg hat, wenn es den Euro verlässt. | |
Das klingt nach Verschwörungstheorie. | |
Nein. Sie müssen sich nur in die Lage der EZB versetzen. Wenn es in | |
Griechenland nach einem Grexit aufwärts ginge, würden andere Krisenländer | |
auch versucht sein, die Währungsunion zu verlassen. Der Euro würde sich | |
auflösen, und die Existenzberechtigung der EZB wäre untergraben. | |
Die Griechen sollen die Sparvorgaben der Eurozone also brav umsetzen? | |
Die geplanten Sparauflagen sind eine Katastrophe und werden die griechische | |
Wirtschaft weiter in den Abgrund treiben. Aber ich habe die Hoffnung noch | |
nicht aufgegeben, dass Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble ihre | |
Haltung ändern und auf die Griechen zugehen. Dies erscheint mir jedenfalls | |
weniger unwahrscheinlich als eine Zusammenarbeit der EZB mit der | |
griechischen Zentralbank, um eine neue Drachme zu stabilisieren. Aber wenn | |
die deutsche Regierung nicht nachgibt, kann es trotzdem sein, dass der | |
Grexit am Ende kommt. | |
28 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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