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# taz.de -- Nachhaltige Produktion von Smartphones: Fairer ist noch nicht ganz …
> Eine Studie zeigt: Auch die Hersteller des Fairphones haben Nachholbedarf
> – beim Umgang mit Chemikalien oder der Steuertransparenz.
Bild: Die Seltenen Erden sind ein großes Problem bei der nachhaltigen Produkti…
Berlin taz | Eines kann die Amsterdamer Firma Fairphone guten Gewissens von
sich behaupten: Sie produziert die derzeit fairsten Smartphones auf dem
Weltmarkt. Das bestätigt eine vergleichende Studie zur sozialen und
ökologischen Nachhaltigkeit bei der Produktion von Mobiltelefonen.
Allerdings: Von 34 geprüften Nachhaltigkeitskriterien erfüllt das erste
Fairphone, auf das sich die Studie bezieht, nur 20 über die
Industriestandards hinaus.
Die AutorInnen vom niederländischen Institut Somo weisen sogar fünf
Bereiche aus, die von den Fairphone-Machern noch nicht ausreichend
adressiert würden: verantwortungsvoller Umgang mit Chemikalien in der
Produktion, transparente Steuerpolitik, verbessertes Recycling, geregelte
Beschwerdemechanismen in den Fabriken der Zulieferer und ein zertifiziertes
Umweltmanagement.
Auf dem Firmenblog reagierte Fairphone vergangene Woche auf die Ergebnisse
der Studie. Das neu entwickelte Fairphone 2 vereinfache durch seine
modulare Bauweise das Recycling, heißt es dort unter anderem. „Dadurch
haben wir mehr Einfluss auf die Wertschöpfungskette“, sagt Firmensprecherin
Daria Koreniushkina. Außerdem könne das Telefon durch das einfache
Austauschen vieler Komponenten deutlich länger benutzt werden.
Die Probleme mit Chemikalien aus der Verarbeitung seien Fairphone ebenfalls
bekannt, so Koreniushkina gegenüber der taz. Gemeinsam mit Hi-P, dem
Hersteller des zweiten Fairphones, arbeite man an Lösungen.
## Schutzmaßnahmen durchsetzen
Laut Irene Schipper von Somo sind es vor allem die industrieweit
eingesetzten Stoffe Benzol und N-Hexan, die in den vergangenen Jahren mit
Erkrankungen von Fabrikarbeitern in Verbindung gebracht wurden. Benzol
stehe unter Verdacht, Leukämie auszulösen, N-Hexan greife das Nervensystem
an. Schipper fordert, die Gefahren besser gegenüber den ArbeiterInnen zu
kommunizieren und entsprechende Schutzmaßnahmen schnellstmöglich
durchzusetzen.
Ein Umweltmanagement ist zumindest in zweiter Reihe etabliert: Hi-P sei
nach dem ISO-Standard 14001 zertifiziert, der in der Studie beispielhaft
angeführt wird, so Fairphone. Dass es noch keine Steuertransparenz gibt,
begründet die Sprecherin unter anderem mit der geringen Firmengröße,
momentan gebe es 37 MitarbeiterInnen.
Die Christliche Initiative Romero, neben Weed e.V. und Südwind
Koauftraggeberin des Berichts, gibt zwar zu, dass man von dem jungen
Unternehmen nicht gleich Perfektion erwarten dürfe – dennoch. „Auch ein
sympathisches Unternehmen muss kritisch begleitet werden“, sagt Referentin
Johanna Fincke.
Johanna Sydow von Germanwatch kritisiert: Wer ein Fairphone bestellt,
„kauft trotzdem noch viele Menschenrechtsverletzungen mit“. Das liege unter
anderem an den Arbeitsbedingungen in China, wo die 60-Stunden-Woche
regelmäßig überschritten wird. Aber auch an den Rohstoffen. Von über 40,
die verbaut werden, sind nur zwei konfliktfrei: Zinn und Tantal. Für das
Fairphone 2 sollen Gold und Wolfram hinzu kommen, aber bis zu einem
komplett fairen Telefon sei es noch ein langer Weg.
Sydow sieht aber auch Positives: Sie lobt eine lange Haltbarkeit und
Reparierbarkeit des neuen Modells. Trotz der Schwierigkeiten sei Fairphone
im Umgang mit Ressourcen Vorreiter. Die Aktivistin hebt dabei Engagement in
Konfliktgebieten wie dem Kongo besonders hervor. Andere Hersteller zögen
sich aus umkämpften Regionen zurück – Fairphone hingegen unterstütze
lokale, unabhängige Initiativen, um auch unter erschwerten Bedingungen
konfliktfreie Mineralien zu kaufen.
All der Schritte in die richtige Richtung zum Trotz, es gibt eine
Alternative, die auch das Fairphone nicht schlagen kann. Johanna Fincke
empfiehlt: „Man sollte lieber kein neues Smartphone kaufen als ein
Fairphone.“
28 Jul 2015
## AUTOREN
Jakob Pontius
## TAGS
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